A. Die Enterbung (§ 1938 BGB)

I. Allgemeines

 

Rz. 1

Unter Enterbung versteht man den Ausschluss eines gesetzlichen Erben von der gesetzlichen Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen. Die Enterbung kann nur durch ein Testament (Negativ-Testament, § 1938 BGB/Positiv-Testament, § 1937 BGB) oder durch eine einseitige Verfügung in einem Erbvertrag, §§ 2278 Abs. 2, 2299 BGB erreicht werden. Die Enterbung bedarf keiner Begründung. Eine Begründung schadet zwar grundsätzlich nicht, kann aber ggf. zur Anfechtung nach § 2078 Abs. 2 BGB berechtigen.[1]

 

Rz. 2

Ein "negatives" Testament beinhaltet den ausdrücklichen Ausschluss gesetzlicher Erben von der Erbfolge, sodass im Erbfall zwar grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge eintritt, die ausdrücklich Enterbten aber so behandelt werden, als wären sie nicht vorhanden. Die Enterbung bewirkt also den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ohne den Ausgeschlossenen.[2] Die Formulierung eines privatschriftlichen Testaments, nach welcher jegliche Forderungen von Verwandten ausdrücklich ausgeschlossen werden, kann als umfassende Enterbung im Sinne des § 1938 BGB zu verstehen sein.[3] Hingegen kann ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten, das keine Regelung für den Tod des zuerst versterbenden Ehegatten enthält, nicht dahin ausgelegt werden, dass einzelne gesetzlich erbberechtigte Personen von der Erbfolge nach dem zuerst Versterbenden ausgeschlossen sind.[4] Unbedingt beachtet werden muss, dass die Enterbung zu einer Erhöhung der gesetzlichen Erbteile der Verwandten führt, wenn es sich bei dem von der Erbfolge Ausgeschlossenen um den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner des Erblassers handelt.

 

Rz. 3

Die Errichtung eines "positiven" Testaments stellt lediglich eine konkludente Enterbung des oder der gesetzlichen Erben dar. Dadurch, dass bestimmte Personen als Erben eingesetzt werden und der gesamte Nachlass verteilt wird, bleibt kein Raum mehr für den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge. Die Enterbung gesetzlicher Erben ist in diesem Fall zwangsläufig gegeben. Die so genannte positive Erbeinsetzung führt daher ohne ausdrückliche Enterbung zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge. Beachtet werden muss, dass die Erschöpfung des Nachlasses durch Vermächtnisse keine konkludente Enterbung des oder der gesetzlichen Erben beinhaltet. Fraglich ist, ob die enterbende Wirkung eines positiven Testaments auch bei Nichtigkeit der Erbeinsetzung oder bei Ausschlagung erhalten bleibt. Das ist wohl regelmäßig der Fall, wenn der Erblasser den Ausschluss des oder der gesetzlichen Erben von der Erbfolge unter allen Umständen erreichen wollte.[5]

 

Rz. 4

Die Enterbung eines gesetzlichen Erben der ersten drei Ordnungen erfolgt grundsätzlich nur hinsichtlich seiner Person[6] und hindert das Eintrittsrecht seiner Abkömmlinge gemäß §§ 1924 Abs. 3, 1925 Abs. 3, 1926 Abs. 3 BGB nicht.[7] Soll sich die Enterbung auch auf die Abkömmlinge erstrecken, dann sollte dies in der Verfügung ausdrücklich erklärt werden.[8] Zwar ist ein Ausschluss der Abkömmlinge auch stillschweigend möglich bzw. kann im Wege der Auslegung ermittelt werden. Voraussetzung ist aber, dass für eine Enterbung auch der Abkömmlinge konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen.[9] Nicht enterbt werden kann der Fiskus,[10] was sich bereits aus dem Wortlaut des § 1938 BGB ergibt.

Will der Erblasser sichergehen, dass eine bestimmte Person auf keinen Fall Erbe wird, bietet es sich an, diese ausdrücklich von der Erbfolge auszuschließen – andernfalls bestünde die Gefahr, dass der zunächst nicht Bedachte über eine Ersatzerbenregelung oder den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge bei Ausschlagung doch noch Erbe werden könnte. Regelmäßig sollte hierbei die Person mit ihrem gesamten Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen werden.

 

Rz. 5

Muster 13.1: Enterbung

 

Muster 13.1: Enterbung

Meinen Sohn _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, schließe ich mit seinem gesamten Stamm ausdrücklich von der Erbfolge aus.

[1] Palandt/Weidlich, § 1938 Rn 2.
[2] Palandt/Weidlich, § 1938 Rn 3.
[5] OLG Hamm ZEV 2012, 266.
[6] BayObLG FamRZ 1989, 1006.
[7] Palandt/Weidlich, § 1938 Rn 3.
[8] BGH DNotZ 1990, 425.
[9] BayObLG 65, 176.
[10] Palandt/Weidlich, § 1938 Rn 1.

II. Die Einsetzung zum Nacherben

 

Rz. 6

Keine Enterbung ist die Einsetzung als Nacherbe nach § 2100 BGB. Der Nacherbe ist rechtlich nicht von der Erbfolge ausgeschlossen. Er gelangt aber bei Eintritt des Erbfalls nicht sofort zur Erbfolge, sondern erst bei Eintritt des Nacherbfalls, also nachdem zunächst ein anderer (Vorerbe) Erbe geworden ist. Je nach Ausgestaltung der Vorerbschaft erleidet der zum Nacherben Eingesetzte auch noch die Nachteile der Befreiung des Vorerben von den §§ 2113 ff. BGB. Der pflichtteilsberechtigte Nacherbe wird gemäß § 2306 Abs. 2 BGB wie ein pflichtteilsberechtigter Vorerbe bzw. wie ein durch Testamentsvollstreckung, Vermächtnis und/oder Auflage belasteter Pflichtteilsberechtigter behandelt. Er kann daher die Nacherbschaft ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil geltend...

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