Rz. 77

Nach § 3 Abs. 2b ARB 2010 besteht kein Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem kollektiven Arbeits- und Dienstrecht. Dieser Ausschlusstatbestand wurde erstmalig mit den ARB 94 in die Rechtsschutzversicherung eingeführt.

 

Rz. 78

Die ARB 75 sahen diesen Ausschlusstatbestand nicht vor. Die herrschende Lehre ist aber davon ausgegangen, dass die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem kollektiven Arbeitsrecht vom Versicherungsschutz nicht umfasst wird. Die ARB 75 sahen danach nur Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Einzelarbeitsverträgen vor.[38] Im Arbeits-Rechtsschutz ist nur die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus einem Arbeits- oder öffentlichen Dienstverhältnis, also nur aus einem Einzelarbeits- oder Einzeldienstverhältnis versichert.[39] Insoweit hat sich gegenüber den ARB 75 keine grundsätzliche Änderung ergeben.

 

Rz. 79

"Arbeitsverhältnis" ist ein fester Begriff des Arbeitsrechts, unter dem das private Dauerschuldverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verstanden wird. Begrifflich kann hierunter nicht das kollektive Arbeitsrecht verstanden werden.

 

Rz. 80

Der neu eingeführte Risikoausschluss dient, obwohl die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus kollektivem Arbeitsrecht vom Grundsatz her bereits nicht versichert ist, nur der Klarstellung und der Verhinderung von unnötigen Streitigkeiten zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Versicherer.[40]

 

Rz. 81

Unter dem kollektiven Arbeitsrecht versteht man die Gesamtheit der Rechtsnormen, die die kollektive Gestaltung von Arbeitsbedingungen und deren Voraussetzungen zum Gegenstand hat. Hierzu gehören das Tarifvertragsrecht, das Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht, z.B. die Frage der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern, das Schlichtungs- und Arbeitskampfrecht, also das Recht auf Streik und Aussperrung, das Recht der Tarifparteien, also Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften.[41] Der wichtigste Bereich sind hier für den Versicherungsnehmer als Arbeitgeber oder aber als Arbeitnehmer Streitigkeiten mit dem Betriebs-, Personal- oder Richterrat. Hierhin gehört u.a. eine Klage des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung eines Arbeitnehmers.

Nicht hierhin gehören die Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und einem Betriebsratsmitglieds wegen seiner Kündigung durch den Arbeitgeber. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit die unter den Arbeits-Rechtsschutz fällt.

 

Rz. 82

Der Rechtsstreit eines Arbeitgebers mit einer gesetzlichen Krankenkasse wegen der Abführung von Abgaben ist nicht als Rechtsstreit aus einem Arbeitsverhältnis anzusehen.[42] Gleiches gilt für den Beitragsstreit mit der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes.[43]

 

Rz. 83

Anders gesehen werden müssen Streitigkeiten des Versicherungsnehmers als Arbeitgeber mit dem Betriebsrat, wenn es um mitbestimmungspflichtige personelle Einzelmaßnahmen wie Kündigung, Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung eines Mitarbeiters geht.[44] Bei derartigen Streitigkeiten handelt es sich um solche aus einem Arbeitsverhältnis, da die Mitwirkung des Betriebsrates Wirksamkeitsvoraussetzung der personellen Einzelmaßnahme ist.

 

Rz. 84

Als Streit aus einem Arbeitsverhältnis und nicht als solcher aus dem kollektiven Arbeitsrecht sind Streitigkeiten anzusehen von Betriebsratsmitgliedern gegen den Arbeitgeber wegen seiner Rechtsstellung als Mitglied des Betriebsrats.

[38] Mathy, Kollektives Arbeitsrecht und Rechtsschutzversicherung, ZfV 1992, 8 ff. m.w.N.; a.A. LG Hannover zfs 1982, 370.
[39] Siehe hierzu BAG DB 1978, 2225; OLG Celle zfs 1987, 304.
[40] Sperling, VersR 1996, 138; Maier, r+s 1995, 362.
[41] Mathy, Kollektives Arbeitsrecht und Rechtsschutzversicherung, zfs 1992, 202 ff.; Harbauer-Maier, 8. Aufl., ARB 2000, § 3 Rn 86.
[42] LG Köln VersR 1981, 150.
[43] OLG Düsseldorf zfs 1988, 285; LG München r+s 1990, 55.
[44] Harbauer-Maier, 8. Aufl., ARB 2000, § 3 Rn 86.

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