Rz. 10

Hin und wieder wird auch versucht, den Versteigerungstermin dadurch zu Fall zu bringen, dass der amtierende Rechtspfleger wegen Befangenheit abgelehnt wird. Insbes. erfolgen diese Ablehnungsgesuche dann, wenn er während des Termins in Hinblick auf sich ändernde Verfahrensbedingungen Hinweise an einzelne Beteiligte gibt. Hiermit wird dann ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit begründet. Die Wahrnehmung der Hinweis- oder Aufklärungspflicht führt jedoch nicht zur einseitigen Parteinahme.[13] Ein im Rahmen der richterlichen Fürsorge- und Hinweispflicht erteilter Hinweis begründet niemals einen Ablehnungsgrund.[14] Zur Ablehnung wegen Befangenheit ist ein objektiver Grund notwendig, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus die Befürchtung erwecken kann, der Rechtspfleger stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers scheiden als Ablehnungsgrund aus.[15] Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit ist erst dann gerechtfertigt, wenn das prozessuale Vorgehen des Rechtspflegers ausreichender gesetzlicher Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass es als willkürlich erscheint, oder wenn die Auslegung des Gesetzes und dessen Handhabung willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind und deshalb erkennen lassen, dass sie auf einer unsachlichen Einstellung gegenüber einer Partei beruhen.[16] Entscheidend ist, ob ein Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Rechtspflegers zu zweifeln.

 

Rz. 11

Selbst Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen lassen nicht immer den Schluss auf die Befangenheit zu. In jedem Fall ist trotz Vorliegen eines Ablehnungsgesuches der Versteigerungstermin vom abgelehnten Rechtspfleger zu Ende zu führen.[17]

 

Rz. 12

Abzulehnen ist die Auffassung, dass ein kurz vor dem Termin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnter Rechtspfleger diesen nicht mehr durchführen könne.[18] Bei rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen kann der Rechtspfleger den Antrag auch selbst ablehnen.[19] So verhält es sich, wenn der Ablehnungsantrag offensichtlich lediglich dazu dient, das Verfahren zu verschleppen oder verfahrensfremde Ziele verfolgt.[20] Ein Ablehnungsgesuch, das keinerlei konkrete Angaben dazu enthält, weshalb die Besorgnis der Befangenheit bestehen soll, sondern lediglich aus einer Aneinanderreihung von allgemeinen rechtlichen Ausführungen ohne jeglichen konkreten Bezug zum Sachverhalt bzw. zu Handlungen des Rechtspflegers besteht, ist rechtsmissbräuchlich.[21] Nach Beendigung des Termins sollte die Zuschlagsentscheidung jedoch aufgeschoben werden, bis über das Ablehnungsgesuch rechtskräftig entschieden wurde. Bei rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen kann der Rechtspfleger den Antrag auch selbst ablehnen und das Verfahren fortführen, jedoch nicht über den Zuschlag entscheiden.[22] Es beginnt eine Wartepflicht, die im Ergebnis einen Verfahrensstillstand bewirkt. Während eines anhängigen Ablehnungsgesuchs darf grundsätzlich auch kein anderer Rechtspfleger tätig werden.[23]

[13] BVerfG vom 24.3.1976, 2 BvR 804/75, NJW 1976, 1391 = Rpfleger 1976, 389.
[14] OLG Köln vom 8.5.2012, 16 W 15/12, ZMR 2012, 801.
[15] BGH vom 14.3.2003, IXa ZB 27/03, Rpfleger 2003, 453 = NJW-RR 2003, 1220 = MDR 2003, 892 = WM 2003, 946 = ZfIR 2003, 1055.
[17] LG Aachen vom 5.8.1985, 3 T 318/85, Rpfleger 1986, 59; LG Konstanz vom 4.8.1983, 1 T 167/83, Rpfleger 1983, 490.
[18] LG Kiel vom 7.4.1988, 13 T 608/87, Rpfleger 1988, 544 m. zust. Anm. Wabnitz; a.A. LG Konstanz vom 4.8.1983, 1 T 167/83, Rpfleger 1983, 409.
[20] LG Heilbronn vom 12.12.2018, Hn 1 T 302/18, Rpfleger 2019, 282.
[21] LG Schweinfurt vom 1.3.2019, 11 T 24/19, BeckRS 2019, 15019.
[22] BGH vom 14.3.2003, IXa ZB 27/03, Rpfleger 2003, 453 = NJW-RR 2003, 1220 = MDR 2003, 892 = WM 2003, 946 = ZfIR 2003, 1055; OLG Koblenz vom 22.5.1985, 4 W 276/85, Rpfleger 1985, 368; OLG Hamm vom 10.2.1989, 15 W 25/89, Rpfleger 1989, 379; LG Bielefeld vom 30.12.1988, 3 T 415/88, Rpfleger 1989, 379.
[23] LG Hannover vom 2.3.2021, 6 T 2/21, BeckRS 2021, 3478.

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