Rz. 47

Bei der Vollrechtstreuhand an einem einzelkaufmännischen Unternehmen wird nach hier vertretener Auffassung vergleichbar einer atypisch stillen Gesellschaft eine Mitunternehmerschaft im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG zwischen dem Vollrechtstreuhänder bzw. Testamentsvollstrecker und dem oder den Treugeber-Erben begründet.

 

Rz. 48

Sachlich gewerbesteuerpflichtig wird diese Mitunternehmerschaft (§ 2 Abs. 2 S. 1 GewStG), während sich die persönliche Steuerpflicht (Steuerschuldnerschaft, § 5 Abs. 1 GewStG) auf den Vollrechtstreuhänder bzw. Testamentsvollstrecker als "Inhaber des Handelsgeschäfts" verlagert.[72] Ihm gegenüber sind demnach auch die verfahrensrechtlichen Handlungen vorzunehmen. Selbst wenn man, wie die h.M., nur den oder die Treugeber-Erben weiterhin als Unternehmer i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 GewStG ansieht, so bleibt doch der Vollrechtstreuhänder bzw. Testamentsvollstrecker als die nach außen hin auftretende Person dem Fiskus als Bevollmächtigter und Verfügungsberechtigter des Unternehmers i.S.d. §§ 34 Abs. 1, 69 AO verpflichtet.[73]

 

Rz. 49

Mit dem Tod des Erblassers endet dessen sachliche Steuerpflicht nach § 2 Abs. 5 S. 1 GewStG.[74] Durch die Begründung einer Vollrechtstreuhand an dem im Erbwege übergegangenen einzelkaufmännischen Unternehmen bildet sich ein neues Gewerbesteuerobjekt.

 

Rz. 50

Hingegen lässt eine Vollrechtstreuhand an dem Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft die ohnehin schon bestehende persönliche und sachliche Gewerbesteuerpflicht der Personengesellschaft als solche grundsätzlich unberührt.[75] Hier wird die Innengesellschaft zwischen Vollrechtstreuhänder bzw. Testamentsvollstrecker und dem oder den Treugeber-Erben sozusagen im Hintergrund begründet, ohne dass dies auf das steuerliche Außenverhältnis der schon existierenden Personengesellschaft durchschlägt.

 

Rz. 51

Unabhängig von der Begründung einer Vollrechtstreuhand kann ein vorhandener Verlustvortrag nach § 10a GewStG aus einem einzelkaufmännischen Unternehmen nicht mehr genutzt werden.[76] Da Träger des Rechts auf Verlustabzug der einzelne Gesellschafter und nicht die Personengesellschaft selbst ist, gilt dies gleichermaßen für den anteilig auf den verstorbenen persönlich haftenden Gesellschafter entfallenden Gewerbeverlust.[77]

[73] Brandis/Heuermann/Gosch, 160. EL Dezember 2021, GewStG § 5 Rn 32.
[75] Brandis/Heuermann/Gosch, 160. EL Dezember 2021, GewStG § 5 Rn 67a.
[76] BFH, Urt. v. 7.12.1993 – VIII R 160/86, BStBl 1994 II, 331; Blümich/Drüen, GewStG § 10a Rn 65.
[77] BFH, Beschl. v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl II 1993, 616; Tipke/Lang/Montag, Steuerrecht, Kap. 12.62.

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