Rz. 181

Versicherer wissen um die Risiken einseitiger Leistungsentscheidungen, die unter Vorbehalten erklärt werden. Daher stellt man heute zunehmend fest, dass die Leistungsentscheidung in eine Vereinbarung mit dem Versicherungsnehmer verpackt wird. Enthalten diese Vereinbarungen entgegen den Versicherungsbedingungen plötzlich Befristungen, so stellt sich die Frage der Zulässigkeit. Solche Vereinbarungen sind grundsätzlich zulässig (vgl. OLG Köln VersR 2002, 1365; BGH VersR 2007, 633 [Krabbenfischer]). Allerdings setzt der BGH in dieser Entscheidung diesen zulässigen Vereinbarungen enge Grenzen. Diese Grenzen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

keine Ausnutzung der überlegenen Sach- und Rechtskenntnis des Versicherers zum Nachteil des Versicherungsnehmers;
lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner bei der Erstellung der Vereinbarung, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen.
 

Praxistipp

Ob die Vereinbarung dem Gebot von Treu und Glauben standhält, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls. Neben der Prüfung der Bedingungen wird daher auch grundsätzlich die Vereinbarung einer tieferen juristischen Prüfung unterzogen werden müssen. Gutes Argumentationsgeschick erleichtert den Weg zum Erfolg.

 

Rz. 182

Eine treuwidrige Vereinbarung ist anzunehmen,

Zitat

"wenn die nach dem Vertrag bestehende Rechtslage zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgeändert und seine Rechtsposition dadurch stark ins Gewicht fallend verschlechtert wird. Beispiel: Die Vereinbarung verschafft dem Versicherer eine nicht in den Bedingungen vorgesehene Verweisung […]."

Treuwidrig handelt auch der Versicherer, der bei nahe liegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft.“ (BGH VersR 2007, 633).

Die Entscheidung sagt allerdings nicht nur, wann eine solche Vereinbarung gegen das Gebot von Treu und Glauben verstößt, sondern auch, wann sie diesen standhält:

Zitat

"Sie setzen eine – aus verständiger Sicht – noch unklare Sach- und Rechtslage voraus. Sie erfordern vor ihrem Abschluss klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers darauf, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Vereinbarung verändert oder eingeschränkt wird." (BGH VersR 2007, 633)

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