Rz. 165

Für die Bestimmung der Höhe der Pflegschaftsvergütung kommt es auf mehrere Differenzierungen an:

Wurde der Pfleger ehrenamtlich oder berufsmäßig tätig?
Ist der Nachlass mittellos oder vermögend?
 

Rz. 166

Mittelloser Nachlass:

Wurde Berufsmäßigkeit nicht festgestellt, so besteht auch kein Anspruch auf Vergütung, § 1876 S. 1 BGB, sondern lediglich auf Ersatz der konkreten Aufwendungen (§ 1877 BGB) oder auf Zahlung einer Aufwandspauschale (§ 1878 BGB).
Berufsmäßigkeit festgestellt: Es besteht ein Anspruch auf Vergütung gem. § 1875 Abs. 2 BGB i.V.m. Anh. zu § 1881 BGB, VBVG 1 Abs. 2, VBVG 3 Abs. 1; Ersatz der konkreten Aufwendungen: § 1875 BGB.

Vermögender Nachlass:

Wurde Berufsmäßigkeit nicht festgestellt, so kann das Gericht eine angemessene Vergütung gem. § 1876 S. 2 BGB bewilligen sowie Ersatz der konkreten Aufwendungen § 1877 BGB.
Berufsmäßigkeit festgestellt: Es besteht ein Anspruch auf Vergütung gem. § 1875 Abs. 2 BGB und Ersatz der konkreten Aufwendungen.
 

Rz. 167

Die Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers richtet sich somit primär an § 1875 Abs. 2 BGB i.V.m. Anh. zu § 1881 BGB, VBVG 3 Abs. 1, Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 aus.

 

Rz. 168

Voraussetzung für den Vergütungsanspruch ist nicht der Beschluss, in welchem Nachlasspflegschaft angeordnet wurde, sondern die mündliche Verpflichtung, d.h. die Bestallung. Tätigkeiten vor der Bestallung werden nicht vergütet.[87] Die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Ausübung der Nachlasspflegschaft kann jederzeit auch im Abhilfeverfahren nachgeholt werden.[88]

 

Rz. 169

Gemäß § 1875 Abs. 1 BGB richtet sich die Höhe der Vergütung des Berufspflegers eines vermögenden Nachlasses abweichend von Anh. zu § 1881 BGB, VBVG 3 Abs. 1 bis 3 nach den für die zu führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Die Festsetzung der Höhe der Vergütung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters.

 

Rz. 170

Der Anwalt als Nachlasspfleger hat darauf zu achten, dass die Feststellung getroffen wird, dass er die Nachlasspflegschaft berufsmäßig führt. Im Bestallungsbeschluss sollte ausgeführt sein: "Der Nachlasspfleger führt die Pflegschaft berufsmäßig." Unterbleibt diese Feststellung versehentlich oder zu Unrecht, kann diese im Wege der Berichtigung nachgeholt werden, § 42 FamFG. Eine Nachholung ist auch noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren möglich.[89]

 

Rz. 171

Der die Nachlasspflegschaft berufsmäßig führende Pfleger hat stets Anspruch auf Vergütung, § 1875 Abs. 2 BGB. Das Nachlassgericht wird bei der Beendigung der Nachlasspflegschaft auch von Amts wegen über die Höhe der Vergütung entscheiden. Die Vergütung kann vor oder nach der Aufhebung der Pflegschaft durch das Nachlassgericht (§ 168 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FamFG) festgesetzt werden. Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung kann vom

Nachlasspfleger oder
Erben

gestellt werden, § 168 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 5 FamFG.

 

Rz. 172

Das Nachlassgericht kann auch ohne Antrag die Vergütung festsetzen, wenn es das für angemessen hält, § 168 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 5 FamFG.

 

Rz. 173

Vor der Festsetzung ist der Pfleger zu hören, falls er nicht selbst den Antrag gestellt hat. Das Nachlassgericht wird im Regelfall den Erben rechtliches Gehör gewähren.

 

Rz. 174

Für Vergütung, Aufwendungsersatz und Aufwendungsentschädigung haften die Erben. Auch wenn andere Personen die Nachlasspflege beantragt haben, haften diese nicht, so auch nicht derjenige, der die Klagpflegschaft beantragt hat.

 

Rz. 175

Sollte der Nachlass mittellos sein, so kann der Pfleger Vorschuss und Ersatz aus der Staatskasse verlangen, §§ 1879, 1877 BGB.

 

Rz. 176

Je nach Ausbildung erhält der Nachlasspfleger bei mittellosem Nachlass eine Stundensatzvergütung aus der Staatskasse, Anh. zu § 1881 BGB, VBVG 1 Abs. 2, VBVG 3 Abs. 1. Ein Nachlass ist mittellos, soweit kein die Vergütung deckender liquider Aktivnachlass vorhanden ist, § 1881 BGB. Der Nachlasspfleger erhält je nach Ausbildung 23 EUR, 29,90 EUR oder 39 EUR zuzüglich Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 VBVG) sowie Auslagenersatz (§ 1877 BGB):

 
Stufe Stundensatz Qualifikation des Nachlasspflegers
Stufe 1 23,00 EUR ohne besondere Kenntnisse[90]
Stufe 2 29,90 EUR mit besonderen Kenntnissen, die durch eine abgeschlossene Lehre oder vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind[91]
Stufe 3 39,00 EUR mit besonderen Kenntnissen, die durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind[92]
 

Rz. 177

Auch bei besonderen Schwierigkeiten des pflegerischen Geschäfts fällt keine höhere Vergütung an, Anh. zu § 1881 BGB, VBVG 3 Abs. 3.

 

Rz. 178

Der Vergütungsanspruch erlischt gem. Anh. zu § 1881 BGB, VBVG 16 Abs. 3, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung bei dem Nachlassgericht geltend gemacht wird.[93]

 

Rz. 179

Die Vergütung darf erst nach Festsetzung durch das Nachlassgericht, § 168 FamFG, aus dem verwalteten Vermögen entnommen werden.

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