Rz. 53

Eine bestimmte Form der Mitteilung an den Betriebsrat schreibt das Gesetz nicht vor. Die Unterrichtung hat grundsätzlich während der Arbeitszeit und in den Betriebsräumen stattzufinden. Weist allerdings der Betriebsratsvorsitzende etwa eine telefonische Mitteilung, die er zu Hause erhält, nicht zurück, wird damit die Äußerungsfrist in Lauf gesetzt.[65] Die Anhörung muss also nicht schriftlich erfolgen. Es reicht grundsätzlich, den Betriebsrat mündlich zu unterrichten und ihn so anzuhören. Da der Arbeitgeber im nachfolgenden individualarbeitsrechtlichen Kündigungsschutzprozess in vollem Umfange darlegungs- und beweisbelastet für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats ist,[66] ist die schriftliche Anhörung allerdings dringend zu empfehlen und in der Praxis die Regel.

 

Rz. 54

Entgegen einer vielfach anzutreffenden Auffassung in der Praxis ist der Arbeitgeber auch nicht verpflichtet, dem Betriebsrat gegenüber Unterlagen vorzulegen oder Beweismittel anzugeben.[67] Die Anhörung des Betriebsrats bedarf dabei auch dann nicht der Schriftform bzw. der Übergabe vorhandener schriftlicher Unterlagen, wenn der Kündigungssachverhalt ungewöhnlich komplex ist.[68] Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, dem Betriebsrat Umstände mitzuteilen, die für die Glaubwürdigkeit von Zeugen oder anderer Beweismittel von Bedeutung sind. Etwas anderes kann sich allerdings dann über § 2 Abs. 1 BetrVG ergeben, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit immer wieder Unterlagen und Beweismittel vorgetragen, vorgelegt oder angegeben hat. Sollte sich die Mitteilungspflicht über § 2 Abs. 1 BetrVG in Ausnahmefällen auf ein derartig umfassendes Vorlageprozedere konkretisieren, müsste nach der Rspr. des BAG[69] konsequenterweise auch deren Nichtbeobachtung zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG führen. Bei der Abgabe der Mitteilung kann sich der Arbeitgeber selbstverständlich eines Boten oder Vertreters bedienen. Tut er dies, dann kann der Betriebsrat die Anhörung zu einer beabsichtigten Kündigung durch einen Boten oder Vertreter des Arbeitgebers allerdings nicht analog § 174 S. 1 BGB zurückweisen, wenn der Anhörung kein Vollmachtsnachweis beigefügt ist.[70]

[65] BAG v. 27.8.1982, AP Nr. 25 zu § 102 BetrVG 1972; vgl. auch BAG v. 7.7.2011, NZA 2011, 1108.
[66] BAG v. 19.8.1975, AP Nr. 5 zu § 102 BetrVG 1972.
[67] BAG v. 6.2.1997, AP Nr. 85 zu § 102 BetrVG 1972.
[68] BAG v. 6.2.1997, AP Nr. 85 zu § 102 BetrVG 1972.
[69] Vgl. BAG v. 4.8.1975, AP Nr. 4 zu § 102 BetrVG 1972; BAG v. 16.9.1993, AP Nr. 62 zu § 102 BetrVG 1972.

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