Rz. 110

Ein Erbschein ist einzuziehen, wenn er hinsichtlich der Angaben, die am öffentlichen Glauben teilnehmen, nicht der materiellen Rechtslage entspricht oder wenn er unvollständig ist, da er eine Beschränkung nicht enthält.[224] In der Praxis kann sich die materielle Unrichtigkeit vor allem ergeben, wenn ein Testament vom Gericht falsch ausgelegt, nachträglich ein jüngeres widersprechendes Testament gefunden oder eine wirksame Anfechtung erklärt wurde.

Beispiele: falscher Erbe oder Erbteil, fehlende Beschränkung, falscher Berufungsgrund (wenn dann eine falsche Quote angenommen wird).[225]

Ein Erbschein ist auch dann unrichtig, wenn in ihm eine angeordnete Nacherbfolge nicht angegeben ist.[226]

Bei Anordnung einer bedingten Nacherbschaft, z.B. bei Wiederverheiratungsklauseln, kann ein ursprünglich korrekter Erbschein durch Eintritt der Bedingung unrichtig werden. Bei der Nacherbfolge wird im Übrigen mit dem Eintritt des Nacherbfalls, § 2106 BGB, der Erbschein unrichtig. Eine nachträgliche Unrichtigkeit kann sich auch bei der Unwirksamkeit der Nacherbschaft nach § 2109 BGB oder beim Wegfall der Testamentsvollstreckung ergeben.

Keine Unrichtigkeit im Sinne des § 2361 BGB liegt vor, wenn der Erbschein entbehrliche oder unzulässige Zusätze enthält, die nicht am öffentlichen Glauben teilnehmen, wie z.B. den Namen des Testamentsvollstreckers. In diesen Fällen ist eine bloße Berichtigung möglich, wie auch bei Schreibfehlern oder unerheblichen Falschbezeichnungen, § 42 FamFG.

[224] Staudinger/Herzog § 2361 Rn 31; Habscheid, § 55 IV 2b.
[225] MüKo/J. Mayer, § 2361 Rn 3.
[226] BayObLG FamRZ 1994, 658.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge