Rz. 10

Die örtliche Zuständigkeit[21] bestimmt sich grundsätzlich nach dem Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, § 343 Abs. 1 FamFG.[22] Das Gericht hat hierbei von Amts wegen die örtliche Zuständigkeit zu prüfen.

[21] Vgl. dazu MüKo/J. Mayer, § 2353 Rn 46 ff.
[22] Staudinger/Herzog, § 2353 Rn 261.

a) Rechtslage bis zum 16.8.2015

 

Rz. 11

 

§ 343 FamFG Örtliche Zuständigkeit (a.F.)

(1) Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte; fehlt ein inländischer Wohnsitz, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte.

(2) Ist der Erblasser Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig. Es kann die Sache aus wichtigen Gründen an ein anderes Gericht verweisen.

(3) Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist jedes Gericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, für alle Nachlassgegenstände zuständig.

aa) Wohnsitz

 

Rz. 12

In Nachlasssachen war in erster Linie das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, örtlich zuständig, § 343 Abs. 1 FamFG a.F. Der Begriff des Wohnsitzes bestimmte sich nach den §§ 711 BGB. Abzustellen war dabei auf den Mittelpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person.[23] Eine Anmeldung beim Einwohnermeldeamt wurde nicht vorausgesetzt.[24] Bei mehreren Wohnsitzen des Erblassers war das Gericht, das zuerst in der Sache tätig geworden ist, zuständig, § 2 Abs. 1 FamFG. Ein Tätigwerden lag vor, wenn das Gericht eine sachlich gebotene Verfügung traf. Allein die Registrierung des eingegangenen Antrags reichte hierfür nicht.[25]

[23] BayObLG 93, 89.
[24] BayObLG Rpfleger 1981, 112.
[25] Pikart/Henn, FG, S. 34; Brehm, FG, Rn 153.

bb) Aufenthalt

 

Rz. 13

Hatte der Erblasser keinen inländischen Wohnsitz, so war das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen Aufenthalt hatte, § 343 Abs. 1 Hs. 2. FamFG a.F. Abzustellen war dabei auf den Ort, an dem sich der Erblasser zum Todeszeitpunkt tatsächlich – auch vorübergehend – befand.[26] Der schlichte Aufenthalt war dabei ausreichend.[27]

[26] Bumiller/Harders, § 343 FamFG Rn 6.

b) Rechtslage ab dem 17.8.2015

 

Rz. 14

 

§ 343 FamFG Örtliche Zuständigkeit (n.F.)

(1) Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

(2) Hatte der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.

(3) Ist eine Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig, wenn der Erblasser Deutscher ist oder sich Nachlassgegenstände im Inland befinden. Das Amtsgericht Schöneberg in Berlin kann die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen.

 

Rz. 15

Mit der EU-ErbVO wurde auch eine Änderung der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit erforderlich, da die EU-ErbVO anders als bisher an den gewöhnlichen Aufenthalt zur Bestimmung des maßgeblichen Erbstatuts anknüpft. Mit dem IntErbRVG[28] wurde daher auch § 343 FamFG geändert. "Die Änderungen dienen in erster Linie dem Ziel, eine möglichst einheitliche örtliche Zuständigkeit der Gerichte für die Erteilung eines Erbscheins und für die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses nach Kapitel VI der ErbVO zu gewährleisten. Hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit bleibt es mangels einer besonderen Bestimmung in den §§ 98 bis 104 FamFG bei der Anwendung von § 105 FamFG. Danach kommt es für die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte allein darauf an, ob die örtliche Zuständigkeit nach § 343 FamFG gegeben ist. Betroffen hiervon sind diejenigen erbrechtlichen Verfahren mit Auslandsberührung, die nicht vom Zuständigkeitsregime der ErbVO erfasst werden wie z.B. die besondere amtliche Verwahrung nach § 342 Absatz 1 Nummer 1 FamFG sowie die Erteilung und Einziehung und gegebenenfalls Kraftloserklärung von Erbscheinen, Testamentsvollstreckerzeugnissen und sonstigen vom Nachlassgericht zu erteilenden Zeugnissen nach § 342 Absatz 1 Nummer 6 FamFG). Nach Absatz 1 ist zukünftig im Gleichlauf zu Artikel 4 der ErbVO auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers abzustellen. Die Vorschrift knüpft damit nicht mehr an den Wohnsitz an, sondern folgt dem im europäischen Kollisionsrecht und internationalen Verfahrensrecht verankerten Aufenthaltsprinzip. Dabei genügt ein vorübergehender Aufenthalt, z.B. auf der Durchreise, nicht schon, um eine Zuständigkeit nach Absatz 1 zu begründen. Absatz 2 regelt den Fall, dass der Erblasser zwar im Zeitpunkt seines Todes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland mehr hatte, jedoch zu einem früheren Zeitpunkt. Dann ist das Gericht am letzten inländischen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zustä...

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