Rz. 201

Wohnungsrechte können unterschiedlich rechtlich ausgestaltet sein:

rein schuldrechtlich[450]
schuldrechtlich mit Sicherung durch Reallast[451]
dingliches Wohnungsrecht ohne zusätzliche schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen[452]
dingliches Wohnungsrecht mit zusätzlichen schuldrechtlichen Absprachen.[453]
[450] NK-BGB/Otto, § 1018 Rn 9.
[452] NK-BGB/Otto, § 1018 Rn 104 f.
[453] NK-BGB/Otto, § 1018 Rn 104 f.

a) Schuldrechtliche Wohnungsrechte

 

Rz. 202

Das rein schuldrechtliche Wohnungsrecht ist in der Regel ein Leihverhältnis.[454] Es berechtigt nur zur Eigennutzung und der Eigentümer ist zur jederzeitigen Rückforderung (§ 604 Abs. 3 BGB) und ggf. zur Kündigung nach § 605 BGB berechtigt. Die Einräumung eines solchen Nutzungsrechts ist keine Schenkung. Der Verzicht auf ein solches Nutzungsrecht (Erlass) ist ebenfalls keine Schenkung.[455]

Bei einem schuldrechtlichen, aber durch eine Reallast dinglich gesicherten Wohnungsrecht, das Gegenleistung für die Übertragung eines landwirtschaftlichen Anwesens ist und bei dem eine Regelung über die Heimausnahme des Wohnungsberechtigten fehlt, kann eine ergänzende Vertragsauslegung zur Verpflichtung zur Zahlung einer Rente führen. Das OLG Karlsruhe hat in einem solchen Fall angenommen, dass der Eigentümer nach einem Auszug des Wohnungsberechtigten wegen Pflegebedürftigkeit nicht verpflichtet sei, eine Rente in Höhe des abstrakten Nutzungswertes der Wohnung zu zahlen. Vielmehr könne eine Rente nur diejenigen Vorteile umfassen, die dem Eigentümer tatsächlich zukommen oder welche er zumindest ohne Schwierigkeiten nach dem Auszug des Wohnungsberechtigten erzielen kann. In Betracht komme eine Ersatzrente nach den Maßstäben des § 14 Abs. 2 AGBGB Ba-Wü (Rente in Höhe des geschätzten Wertes der Vorteile, die dem Schuldner entstehen, wenn er von der Verpflichtung zur Überlassung der Wohnung befreit wird). Als Dreh- und Angelpunkt sah das OLG die Antwort auf die Frage an, ob der Eigentümer verpflichtet sei, die leerstehende Wohnung an einen Dritten zu vermieten, um – letztlich zugunsten des Wohnungsberechtigten – entsprechende Vorteile zu erzielen.[456] Dies bejahte das Gericht für den konkreten Fall.

[454] BGH v. 27.1.2016 – Az.: XII ZR 33/15, Ls. und Rn 17 ff., NJW 2016, 2652; BGH v. 11.12.1981 – Az.: V ZR 247/80, NJW 1982, 820.
[455] Krauß, Vermögensnachfolge in der Praxis, Kap. 4 Rn 1526, Kap. 1 Rn 32 m.w.N.

b) Dingliches Wohnungsrecht

 

Rz. 203

Ähnliche Fragen stellen sich beim dinglichen Wohnungsrecht. Fraglich ist, ob und wie ein dingliches Wohnungsrecht endet und ob und mit welchen Rechtsfolgen dies für die Beteiligten verbunden ist. Ein Wohnungsrecht kann von Anfang an nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart sein. Das kommt in den hier interessierenden Fällen so gut wie nicht vor. Ebenso wenig interessiert der Regelfall des Todes.

In Übergabeverträgen mit dinglichem Wohnungsrecht und/oder vereinbarter "Pflege und Wart" ist für die Beendigung des Wohnungsrechts danach zu unterscheiden, ob und wenn ja, welche konkrete Vereinbarungen der Beteiligten zum Erlöschen des Rechts bestehen. Rechtsgrund für ein dingliches Wohnungsrecht ist der schuldrechtliche Vertrag, in welchem Verpflichteter und Berechtigter die Bestellung vereinbart haben, nicht ein zusätzlich abgeschlossener Mietvertrag über die von dem dinglichen Recht erfasste Wohnung.[457] Nur dessen Grundlage kann entfallen.[458] Im Zweifel ist neben der Dienstbarkeit kein Nutzungsvertrag gewollt.[459]

Wird das Wohnungsrecht vereinbarungsgemäß bestellt, ist der zugrundeliegende Schuldvertrag erfüllt und rechtfertigt den Fortbestand der Dienstbarkeit.[460] Es gelten – mangels anderer Individualvereinbarungen – die Regelungen der §§ 1093, 875 BGB. Aufgehoben werden Rechte an Grundstücken dinglich nach § 875 BGB durch Aufgabeerklärung des Berechtigten, dass er das Recht aufgibt, und die Löschung im Grundbuch. Ein dingliches Wohnungsrecht stellt demnach kein der Kündigung zugängliches Dauerschuldverhältnis dar.[461]

 

Rz. 204

Das kann nur anders sein, wenn die Beteiligten schuldrechtlich besondere Regelungen über den Inhalt des Rechts vereinbart haben.[462] Das Nebeneinander von schuldrechtlichem und dinglichem Nutzungsrecht ist nicht ausgeschlossen.[463] Die Dienstbarkeit kann durch eine schuldrechtliche Vereinbarung konkretisiert werden. So kann z.B. in der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts grundsätzlich eine periodisch wiederkehrende mietzinsähnliche Entgeltzahlung an den Eigentümer vereinbart werden und die Entgeltzahlung wird zur (auflösenden) Bedingung des Wohnungsrechts gemacht.[464] Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, neben bzw. verkoppelt mit dem Wohnungsrecht einen Mietvertrag auch noch nachträglich zu vereinbaren.[465] Das verändert dann allerdings das ursprüngliche Grundverhältnis und es könnten ggf. Schenkungsrückforderungsansprüche im Raum stehen.

 

Rz. 205

Für das Erlöschen eines Woh...

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