I. Kollisionsrecht

 

Rz. 599

Die Auslandsberührung im Erbrecht kann den Erblasser, den Nachlass oder die Erben betreffen. Kollisionsnormen des deutschen IPR finden sich in Art. 25 und 26 EGBGB. Nach diesen Vorschriften ist zu bestimmen, welches sachliche Recht (Erbstatut) in einem konkreten Erbfall anzuwenden ist (vgl. auch § 33).

II. Erbstatut nach Staatsangehörigkeit

 

Rz. 600

Soweit die Rechtsnachfolge von Todes wegen nicht in den Anwendungsbereich der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO)[614] fällt, gelten gem. Art. 25 EGBGB die Vorschriften des Kapitels III der EuErbVO entsprechend. In diesem Kapitel wird das anzuwendende Recht geregelt. Sofern in der EuErbVO nichts anderes vorgesehen ist, unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt[615] hatte.

Damit gilt das Staatsangehörigkeitsprinzip des alten Art. 25 Abs. 1 EGBGB nicht mehr.

[614] Siehe auch Rdn 604 und § 33.
[615] Emmerich, ErbR 2016, 122.

III. Die Reichweite des Erbstatuts

1. Zusammensetzung des Nachlasses

 

Rz. 601

Das Erbstatut bestimmt, welche Aktiva und Passiva zum Nachlass gehören. Aber der Inhalt des jeweiligen dinglichen oder schuldrechtlichen Rechts bestimmt sich nach dem Einzelstatut des betreffenden Gegenstandes. Bspw. gibt das Recht der belegenen Sache (lex rei sitae) Auskunft darüber, ob ein daran bestehendes dingliches Recht (bspw. Nießbrauch) überhaupt vererblich ist und welchen konkreten Inhalt es hat.

Das Erbstatut beantwortet auch die Frage, inwieweit nach Eintritt des Erbfalls einzelne Nachlassgegenstände durch Handlungen des Erben oder eines Testamentsvollstreckers wiederum zum Nachlass gehören (Probleme der Surrogation) und wie sich die Haftung für Schulden des Erblassers regelt.

2. Erbfähigkeit

 

Rz. 602

Die Erbfähigkeit der Erben richtet sich nach dem Erbstatut.

3. Inhalt der erbrechtlichen Rechtsstellung

 

Rz. 603

Die Frage, ob jemand zum Kreis der gesetzlichen Erben gehört, ob er Ehegatte, eheliches, nichteheliches oder adoptiertes Kind ist, ist grundsätzlich eine unabhängig vom Erbstatut selbstständig zu klärende Vorfrage.

Das Erbstatut regelt die Einordnung der Rechtsstellung als Erbe oder Vermächtnisnehmer und bei einer Personenmehrheit alle mit der Erbengemeinschaft zusammenhängenden Fragen. Die Organisationsform der Erbengemeinschaft als Gesamthand oder als Bruchteilsgemeinschaft – oder wie auch immer – sowie die Regeln über die Verwaltung des Nachlasses und dessen Auseinandersetzung bestimmen sich nach dem Erbstatut.

IV. Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO)

 

Rz. 604

Seit dem 17.8.2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung: Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechtsverordnung, Rom IV-Verordnung) vom 4.7.2012[616] trat am 16.8.2012 in Kraft. Sie gilt seit dem 17.8.2015, mit Ausnahme der Art. 77 und 78, die seit dem 16.1.2014 gelten, und der Art. 79, 80 und 81, die seit dem 5.7.2012 gelten.

Die EuErbVO ist nach den Verordnungen Rom I bis Rom III, Brüssel I und Brüssel IIa sowie der Unterhaltsverordnung ein weiterer wichtiger Schritt zur Vereinheitlichung des Internationalen Zivilverfahrens- und Privatrechts in der Europäischen Union.

Die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt im Geltungsbereich der EuErbVO in der Regel dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt[617] hatte.

Zudem vereinfacht das Europäische Nachlassverzeichnis die Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle.[618]

 

Hinweise

(1) Die Verordnung gilt in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Irland und Großbritannien.

(2) Im Hinblick auf die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt für das Erbstatut sollte eine erbrechtliche Rechtswahl getroffen werden.

Zum Internationalen Erbrecht siehe auch § 33.

[616] ABl EU L 201/107 v. 27.7.2012, hinterlegt bei eur-lex. Der Text der EuErbVO ist auch als pdf-Datei abrufbar unter der Homepage des BMJV.
[617] Emmerich, ErbR 2016, 122.
[618] Lange, DNotZ 2016, 103; Bredemeyer, ZEV 2016, 65; Schmitz, RNotZ 2017, 269.

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