Rz. 73

In § 2041 BGB sind drei Arten der dinglichen Surrogation normiert:

die Rechtssurrogation,
die Ersatzsurrogation und
die Beziehungs- bzw. Mittelsurrogation.

1. Die Rechtssurrogation

 

Rz. 74

Alles, was aufgrund eines zum Nachlass gehörenden Rechts erworben wird, gehört zum Nachlass. Wird eine zum Nachlass gehörende Forderung erfüllt, so fällt das Geleistete in den Nachlass, bspw. der Mietzins für eine zum Nachlass gehörende vermietete Sache. Dazu gehören auch die Früchte eines Rechts (§ 99 Abs. 2 BGB). Ebenso Ansprüche, die als Folge der Ausübung eines Gestaltungsrechts (Anfechtung, Rücktritt, Kündigung) entstehen. Auch Ansprüche nach § 985 BGB gehören hierher.

 

Zwei Beispiele

(1) Gehört zum Nachlass ein Geschäftsanteil an einer GmbH, so fällt bei einer Kapitalerhöhung die bei der Erhöhung neu entstehende und auf die Erben entfallende Stammeinlage in den Nachlass, weil allen Gesellschaftern ein Übernahmerecht im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung zusteht (§ 55 Abs. 2 GmbHG). Nach der Meinung des OLG Hamm[99] tritt diese Rechtsfolge nicht kraft einer Beziehungssurrogation, sondern aufgrund der Rechtssurrogation ein.

(2) Rückabwicklung eines Nachlassauseinandersetzungsvertrags: Beim Rücktritt vom oder Anfechtung des Nachlassauseinandersetzungsvertrags gehört der Rückgewähranspruch (§ 346 S. 1 BGB a.F. und § 346 Abs. 1 BGB n.F. bzw. § 812 Abs. 1 BGB) zum Nachlass, so dass an den auseinandergesetzten Nachlassgegenständen wieder Gesamthandseigentum in Erbengemeinschaft entsteht, das erneut auseinanderzusetzen ist.

Gleichgültig ist, ob die originären Rechtspositionen dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht entspringen. Wurden noch zu Lebzeiten des Erblassers Ansprüche nach dem Vermögensgesetz begründet, so gehören die entsprechenden Leistungen zum Nachlass, und zwar kraft der Rechtssurrogation.[100]

[99] OLGZ 1975, 164.
[100] Wasmuth, DNotZ 1992, 3, 16.

2. Die Ersatzsurrogation

 

Rz. 75

Was als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstandes anzusehen ist, fällt in den Nachlass; also alle Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung oder wegen Vertragsverletzung. Auch Versicherungsansprüche über Nachlassgegenstände werden von der Ersatzsurrogation erfasst.

3. Die Beziehungssurrogation

 

Rz. 76

Der Erwerb aus einem – schuldrechtlichen oder dinglichen – Rechtsgeschäft, das sich auf den Nachlass bezieht, fällt in den Nachlass. Jeder Erwerb mit Mitteln des Nachlasses oder für den Nachlass fällt darunter. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein einzeln handelnder Miterbe zur Vornahme des Rechtsgeschäfts befugt war. Fraglich ist, ob eine rein objektive Beziehung zum Nachlass ausreicht, oder ob zusätzlich ein entsprechender Wille des Handelnden erforderlich ist. Die Beantwortung dieser Frage ist abhängig davon, woher die eingesetzten Mittel stammen.

a) Erwerb mit Nachlassmitteln

 

Rz. 77

Wird das Rechtsgeschäft mit Mitteln des Nachlasses vorgenommen, so reicht eine objektive Beziehung zu dem Sondervermögen Nachlass aus. Andernfalls wäre der Schutzzweck des § 2041 BGB – die Erhaltung des Nachlasswertes – nicht zu erfüllen.[101] Selbst ein anders lautender Wille der Handelnden ist bedeutungslos.[102] Der BGH hat eine objektive Beziehung ausreichen lassen, wenn sich das Geschäft als eine typische Maßnahme der Nachlassverwaltung darstellt, gleichgültig, mit welchen Mitteln das Geschäft finanziert wird.[103] So beruht die Verpachtung eines zum Nachlass gehörenden Gewerbebetriebs auf Nachlassmitteln mit der Folge, dass der Pachtzins zum Nachlass selbst dann gehört, wenn der handelnde Miterbe die Verpachtung im eigenen Namen vorgenommen hatte, um den Pachtzins für sich zu kassieren.[104]

Der Gesellschaftsanteil an einer OHG oder KG fällt kraft Beziehungssurrogation in den Nachlass, wenn die Einlage aus Nachlassmitteln erbracht wurde.[105] Dazu gehören die Gewinnrechte ebenso wie der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.

[101] MüKo/Gergen, § 2041 Rn 23.
[102] BGH NJW 1968, 1824; OLG Köln Rpfleger 1987, 409.
[103] BGH NJW 1968, 1824.
[104] BGH NJW 1968, 1824.

b) Erwerb mit nachlassfremden Mitteln

 

Rz. 78

Wird mit privaten Mitteln eines Miterben und deshalb mit nachlassfremden Mitteln erworben, so sind sowohl ein subjektiver Wille, für den Nachlass erwerben zu wollen, als auch ein objektiver innerer Zusammenhang erforderlich. Ein objektiver Zusammenhang kann grundsätzlich bejaht werden, wenn das Geschäft der Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses dient. Der subjektive Wille des Miterben braucht dem Geschäftspartner gegenüber nicht zum Ausdruck zu kommen, er muss aber objektiv erkennbar sein. Insbesondere die Einverleibung eines Gegenstandes in den Nachlass lässt auf einen solchen objektiv erkennbaren subjektiven Willen schließen. Typische Verwaltungsmaßnahmen können – wie die BGH-Rechtsprechung zeigt – als Auslegungshilfe für den subjektiven Willen dienen.[106]

Dazu der BGH im Urt. v. 30.6.2017 – V ZR 232/16:[107]

Zitat

"Die im Fall der Beziehungsurrogation erforderliche Beziehung zwischen Rechtsgeschäft und Nachlass ist gegeben, wenn der Erwerb nach dem Willen des rechtsgeschäftlich Handelnden dem Nachlass zugu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge