a) Jederzeit fälliges Auseinandersetzungsverlangen

 

Rz. 204

Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind nicht aufgrund freien Willensentschlusses Teilhaber eines Sondervermögens, des Nachlasses, geworden; vielmehr hat das Gesetz in §§ 1922, 2032 BGB dies so angeordnet. Dieser zwangsweisen Einbindung in eine Zufallsgemeinschaft ohne eigenes Zutun auf der einen Seite – wenn man von der Möglichkeit der Erbschaftsausschlagung absieht – steht andererseits das Recht jedes einzelnen Miterben gegenüber, zu jeder Zeit die Auflösung dieser Gemeinschaft verlangen zu können.

Entscheidende Vorschrift ist § 2042 Abs. 1 BGB, wonach jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen kann.

Den Auseinandersetzungsanspruch, den das Gesetz jedem Miterben – auch demjenigen, der nur einen minimalen Anteil hat – zugesteht, kann er notfalls mit einer Klage auf Zustimmung zu einem Aufteilungsvertrag (= Teilungsplan) geltend machen.

 

Rz. 205

Die in § 2042 Abs. 1 BGB normierte Anspruchsgrundlage geht demnach auf Abgabe einer Willenserklärung, nämlich auf Zustimmung zu einem Vertrag, dessen Inhalt im Einzelnen noch festzustellen ist. Das rechtskräftige Urteil ersetzt die Zustimmungserklärung nach § 894 ZPO. Der Teilungsplan zielt darauf ab, bei jedem Miterben im Ergebnis Einzeleigentum an den zum Nachlass gehörenden Gegenständen entstehen zu lassen.

Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit den gesetzlichen Anspruchsgrundlagen für eine Erbauseinandersetzung, wenn sich die Miterben über die Erbteilung nicht einigen können.

b) Vollzug des klagestattgebenden Urteils

 

Rz. 206

Mit Rechtskraft des Urteils gilt die Zustimmung der beklagten Miterben gem. § 894 ZPO als ersetzt. Da die Einigung rechtlich ein Vertrag ist, muss die noch fehlende Erklärung des Klägers zur Komplettierung des Vertrags als zweiseitiges Rechtsgeschäft erfolgen – was in der Praxis in der Regel zumindest konkludent erfolgen wird.

Für formbedürftige Rechtsgeschäfte wie bspw. die Auflassung (§ 925 BGB) muss die Erklärung des klagenden Miterben noch in der erforderlichen Form, also bspw. vor einem Notar, abgegeben werden. Erst dann ist das dingliche Rechtsgeschäft vollständig und formgerecht zustande gekommen. Bei der Auflassung, die nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Veräußerer und Erwerber erklärt werden kann, wird die Anwesenheit der Beklagten durch Vorlage einer Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils fingiert.[233]

[233] BayObLGZ 1983, 181, 185 und BayObLG ZNotP 2005, 277.

c) Inhalt des kausalen Rechtsverhältnisses

 

Rz. 207

Die dem geschuldeten dinglichen Rechtsgeschäft zugrunde liegenden Einzelregelungen des kausalen Schuldverhältnisses ergeben sich, soweit sich die Miterben nicht geeinigt haben, aus den gesetzlichen Teilungsvorschriften. Deshalb muss der eingeklagte Teilungsplan exakt diesen gesetzlichen Regeln entsprechen, weil auf eine andere Rechtsfolge kein Anspruch besteht.[234] Der Richter hat deren Voraussetzungen zu prüfen und kann nur entweder der Klage stattgeben, wenn alle Auseinandersetzungserfordernisse erfüllt sind, oder aber die Klage abweisen, wenn sie nicht vollständig erfüllt sind. Würde er eine andere als die eingeklagte Aufteilung zusprechen, so würde er ein "Aliud" geben – nicht ein Minus –, was prozessrechtlich nicht zulässig wäre.

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