Rz. 84

Der Minderjährige wird bei dem Grundvertrag durch seinen gesetzlichen Vertreter, sei es ein Elternteil, beide Eltern oder einen Vormund, vertreten.

Der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf es, wenn der gesetzliche Vertreter selbst zu den in der Erbengemeinschaft verbleibenden Miterben gehört oder wenn er zugleich einen anderen minderjährigen Miterben vertritt. Dann greift § 181 BGB ein. Der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf es auch, wenn zu den in der Erbengemeinschaft verbleibenden Miterben ein gerader Verwandter des Minderjährigen oder der Ehegatte des gesetzlichen Vertreters gehört (§§ 1629 Abs. 2, 1915, 1795 BGB).

Soweit es um den Vollzug des Grundgeschäfts durch Leistung der Abfindung an den ausscheidenden, abzuschichtenden Minderjährigen geht, vertritt den Minderjährigen sein gesetzlicher Vertreter.

Andere minderjährige Kinder, die in der Erbengemeinschaft verbleiben, können beim Vollzugsgeschäft von demselben gesetzlichen Vertreter vertreten werden, denn er handelt in Erfüllung der Verbindlichkeit aus dem Grundgeschäft; § 181 BGB ist nicht anwendbar. Es bedarf zu diesem Vertrag keines Ergänzungspflegers.

Aber in der Praxis wird der Pfleger nicht allein für den Grundvertrag bestellt, sondern für "die Abschichtung des Minderjährigen". Der Pfleger wird also auch für das Vollzugsgeschäft bestellt.

Das (vermögensmäßige) Ausscheiden des Minderjährigen aus der Erbengemeinschaft geschieht nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB analog kraft Gesetzes zu dem von den Beteiligten festgesetzten Termin. Es bedarf also keines weiteren Vollzugsgeschäfts und insoweit keiner weiteren Vertretung.

 

Rz. 85

Trotz des Ausdrucks "Abschichtungsvertrag" handelt es sich der Sache nach um einen (Teil-)Erbauseinandersetzungsvertrag (§ 2042 BGB).[100] Dieser schuldrechtliche Vertrag bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 2 BGB, wenn auch nur auf einer Seite des Vertrages ein Pfleger handelt (§ 1915 BGB).[101] Auf Eltern als Vertreter minderjähriger Miterben ist § 1822 Nr. 2 BGB gemäß § 1643 nicht anwendbar. Zwar könnte man auch an § 1822 Nr. 1 letzte Alt. BGB (Versprechen der Verfügung über einen Erbteil) denken, der auch für Eltern anwendbar wäre.[102] Da aber die Abschichtung gerade die Verpflichtung, den Erbteil zu übertragen, vermeiden will (es werden nur die Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft aufgegeben[103]) und die §§ 1821, 1822 BGB wortgetreu anzuwenden sind, ist § 1822 Nr. 1 BGB nicht einschlägig.

 

Rz. 86

Einen Vollzug des (schuldrechtlichen) Abschichtungsvertrages hinsichtlich des Ausscheidens gibt es nicht. Entsprechend § 738 Abs. 1 S. 1 BGB – also kraft Gesetzes – scheidet der Abgeschichtete vermögensmäßig zu dem festgelegten Zeitpunkt aus der Gemeinschaft aus. Kraft Gesetzes wächst die vermögensmäßige Beteiligung am Nachlass den verbleibenden Miterben an. Da es sich beim Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft durch Abschichtung um keine rechtsgeschäftliche Übertragung des Erbteils handelt, ist § 2033 BGB nicht anwendbar.[104] Eine familiengerichtliche Genehmigung für den Vollzug der Verpflichtung auszuscheiden, ist nicht möglich.[105] Der BGH hat die Verpflichtung zum Ausscheiden, also den Abschichtungsvertrag, dem "Erbteilungsvertrag" gleichgestellt und sie gerade nicht als eine Verpflichtung qualifiziert, den Erbteil zu übertragen.[106] Da das Ausscheiden selbst analog § 738 Abs. 2 BGB kraft Gesetzes geschieht, ist auch § 1822 Nr. 1 letzte Alt. BGB unanwendbar.

 

Rz. 87

Mit der erfolgten Abschichtung teilen sich die verbliebenen Miterben den Nachlass. Sie bleiben vermögensmäßig eine Gesamthandgemeinschaft, aber mit weniger Mitgliedern, so dass sich wirtschaftlich die Quote eines jeden Mitglieds erhöht.

 

Beispiel

Es gibt vier Miterben zu je ¼: Zwei minderjährige Kinder, deren Vater und den Bruder des Vaters, den Onkel. Beide Kinder sollen aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, sie sollen abgeschichtet werden. Sie sollen dafür Bargeld aus dem Nachlass erhalten. Beide Kinder erklären, dass sie am Tag der Gutschrift der ihnen zustehenden Beträge ausscheiden. Zum Nachlass gehört ein Grundstück.

Die Kinder, vertreten durch ihre Pfleger, sind im Zeitpunkt des Abschlusses des Abschichtungsvertrags noch Miterben. Sie geben die Versprechen ab, das Nachlass-Geld, das auch ihnen als Teil des Nachlasses zur gesamten Hand gehört, "auf sich selbst zu übertragen", genauer: Gesamthandseigentum in Eigentum jedes einzelnen, zu übertragen.

Da jedes Kind für sich eine eigene Erklärung abgibt, handelt es sich um parallel gerichtete Erklärungen, so dass die Vertretung durch einen einzigen Pfleger, der für beide Kinder handelt, genügen würde.

Der schuldrechtliche Vertrag, der die Minderjährigen dazu verpflichtet auszuscheiden, bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 2 BGB, da ein Pfleger handelt (§ 1915 BGB).[107]

Die Minderjährgigen scheiden kraft Gesetzes entsprechend § 738 Abs. 1 S. 1 BGB vermögensmäßig zu dem festgelegten Zeitpunkt aus der Gemeinschaft aus. Kraft Gesetzes wächst ihre Beteil...

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