Leitsatz (amtlich)

Die Erklärung eines Ergänzungspflegers bzw. Ergänzungsbetreuers bei einer Abschichtungsvereinbarung, durch die Miterben aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, bedarf nach § 1822 Nr. 2 BGB der familien- bzw. betreuungsgerichtlichen Genehmigung.

 

Normenkette

BGH § 1822 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Aktenzeichen HA-7670-9)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 160.000,- EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

1. Die Voraussetzungen für die beantragte Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO sind nicht gegeben. Auf der Grundlage der "Vereinbarung über Abschichtung einer Erbengemeinschaft" aus Oktober 2015 kann die Löschung der Beteiligten zu 1), 2) und 9) als in Abteilung I laufende Nummer 3 des in Rede stehenden Grundbuchs eingetragene Eigentümer als Mitglieder der Erbengemeinschaft nicht erfolgen.

Das Grundbuchamt hat zutreffend ausgeführt, dass es zur Wirksamkeit der Erklärungen der Beteiligten zu 4) gemäß § 1899 Abs. 4 BGB der Bestellung eines Ergänzungsbetreuers durch das Betreuungsgericht sowie zur Wirksamkeit der Erklärungen der Beteiligten zu 7) und 9) gemäß § 1909 BGB der Bestellung von Ergänzungspflegern durch das Familiengericht bedarf. Bei Abschluss des Abschichtungsvertrages waren die Beteiligten zu 4), 7) und 9) nicht wirksam durch ihre Eltern vertreten. Die Beteiligten zu 1) und 2) waren nicht berechtigt, als Vertragspartner auf der einen Seite und zugleich als gesetzliche bzw. bestellte Vertreter ihrer minderjährigen bzw. betreuten Kinder auf der anderen Seite aufzutreten. Dies ergibt sich aus dem aus den §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1908 i, 1795 Abs. 2, 181 BGB folgenden Verbot des Selbstkontrahierens. Danach scheidet die Vertretung des Kindes bzw. eines Betreuten durch den Elternteil bzw. Betreuer in einem Abschichtungsvertrag unter den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft aus, an der auch der Vertreter als Miterbe beteiligt ist (vgl. zum Fall eines Erbauseinandersetzungsvertrages Spickhoff in Müchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, 2017, § 1795, Rdn. 9).

Ein Fall, in dem das Insichgeschäft lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt und deshalb ausnahmsweise wirksam ist, liegt hier ersichtlich nicht vor. Im Fall des Beteiligten zu 9) soll die Abschichtungsvereinbarung zu einem Verzicht auf seine Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft führen; dies ist zweifellos nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Im Falle der Beteiligten zu 4) und 7) sollen in der Abschichtungsvereinbarung jedenfalls Abfindungsverpflichtungen begründet werden, die nicht rechtlich vorteilhaft sind. Danach liegt keine Ausnahmefall der Zulässigkeit eines Insichgeschäfts vor, so dass die Beteiligten zu 4), 7) und 9) nicht wirksam durch ihre Eltern vertreten werden konnten. Dabei erstreckt sich gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB der Ausschluss der Vertretungsmacht der Beteiligten zu 1) und 2) auch auf jeweils den anderen Elternteil.

2. Darüber hinaus hat das Nachlassgericht zu Recht ausgeführt, dass die Erklärungen der noch zu bestellenden Ergänzungspfleger bzw. - betreuer einer Genehmigung durch das Familien- bzw. Betreuungsgericht bedürfen.

Das Erfordernis einer familiengerichtlichen Genehmigung folgt aus § 1822 Nr. 2 BGB (analog). Nach dieser Vorschrift bedürfen Erklärungen eines Vormundes zu einem Erbteilungsvertrag einer familiengerichtlichen Genehmigung. Diese Vorschrift gilt zwar nicht für Erklärungen der Eltern für das minderjährige Kind, weil § 1643 Abs. 1 BGB als die für genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte vorgesehene Verweisungsvorschrift auf Nr. 2 des § 1822 BGB gerade nicht verweist. Für den Ergänzungspfleger gilt gemäß § 1915 Abs. 1 BGB § 1822 Nr. 2 BGB allerdings entsprechend. Gleiches gilt für den Ergänzungsbetreuer, § 1908 i Abs. 1 S. 1 BGB.

§ 1822 Nr. 2 BGB ist für die hier in Rede stehende Erklärungen der Beteiligten zu 4), 7) und 9) in dem Abschichtungsvertrag jedenfalls analog anwendbar, weil die Aufgabe der Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft eine der Erbauseinandersetzung unter Miterben vergleichbare vertragliche Regelung betrifft.

Nach § 1822 Nr. 2 BGB bedarf der Vormund zum Abschluss eines Erbteilungsvertrages der Genehmigung des Familiengerichtes. Genehmigungsbedürftig sind danach Auseinandersetzungsverträge unter Miterben, wenn der Mündel an der Erbengemeinschaft beteiligt ist. Gleichgültig ist, ob die Auseinandersetzung hinsichtlich des ganzen Nachlasses oder eines Teils davon erfolgen soll. Der Erbauseinandersetzungsvertrag ist sowohl in den verpflichtenden wie in den verfügenden Teilen genehmigungspflichtig. Die Genehmigung des Verpflichtungsgeschäfts erfasst auch hier regelmäßig die zu seiner Ausführung nötigen Verfügungen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist auch der Abschluss einer sog. Abschichtungsvereinbarung als eine besondere, von der Rechtsprechung entwickelte Form der Erbauseinandersetzungsvereinbarung (hierzu BGH NJW 1998, 1557) - zumindes...

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