Rz. 15

Sind die vorübergehenden Einreden abgelaufen, so kann der Erbe sich nur dann erfolgreich gegen die Vollstreckung wehren, wenn er nunmehr die Haftungsbeschränkungsvoraussetzungen wirksam herbeigeführt hat.

1. Vollstreckung in den Nachlass

 

Rz. 16

Eine Vollstreckung in den Nachlass kann der Erbe allerdings auch dann nicht verhindern.

 

Hinweis

Der Erbe ist allerdings gehalten, eine Einzelzwangsvollstreckung zu verhindern, wenn ein Nachlassinsolvenzeröffnungsgrund gemäß § 320 InsO vorliegt, will er einer Haftung aus §§ 1979, 1980 BGB entgehen.

Ferner muss er eine Vollstreckung von Eigengläubigern in den Nachlass verhindern, § 783 ZPO, um nicht nach § 1978 BGB zu haften.

 

Rz. 17

Eine Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Zahlung des Wertes ist nur in den Fällen der §§ 1973 Abs. 2 S. 2, 1992 S. 2 BGB möglich; nach h.M. finden diese Vorschriften keine analoge Anwendung i.R.d. § 1990 BGB, da dieser sich anders als bei § 1973 BGB nicht auf eine Schätzung des Wertes der Nachlassgegenstände einlassen muss.[12] Eine Zahlung statt der Duldung der Zwangsvollstreckung ist also zumindest gegen den Willen des Gläubigers nicht möglich.

 

Hinweis

Eine Vereinbarung mit dem Gläubiger ist natürlich möglich und wird auch wohl zustande kommen, wenn der Erbe die Gegenstände nicht völlig unter Wert einschätzt, da dem Gläubiger so eine lästige Vollstreckung erspart bleibt.

[12] Dafür FAKomm-ErbR/Löhnig, § 1990 BGB Rn 3.

2. Vollstreckung in das Eigenvermögen

a) Trotz Vorbehaltsurteil möglich

 

Rz. 18

Vollstreckt ein Gläubiger aus einem Vorbehaltsurteil in das Eigenvermögen des Erben, so ist dies zulässig, § 781 ZPO.

 

Hinweis

Daher führt das Einlegen einer Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung gemäß § 766 ZPO nicht weiter.

 

Rz. 19

Der Erbe kann und muss dagegen Vollstreckungsabwehrklage erheben, §§ 785, 767 ZPO, um die Vollstreckung zu stoppen bzw. auf den Nachlass zu beschränken.

 

Hinweis

Allein die Klageerhebung stoppt aber die Zwangsvollstreckung in das Eigenvermögen nicht. Hat der Gläubiger bereits in einen Gegenstand des Eigenvermögens vollstreckt, so muss der Erbe zunächst einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen, um eine Verwertung zu verhindern, § 769 ZPO. Auch ein obsiegendes Urteil hebt grundsätzlich die Vollstreckungsmaßnahme noch nicht auf. Nach erfolgreicher Klage nach §§ 785, 767 ZPO muss der Erbe vielmehr grundsätzlich beantragen, dass die betreffende Vollstreckungsmaßnahme aufgehoben wird, §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO.

Aus einem Vorbehaltstitel heraus kann der Gläubiger auch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 802c ZPO in Bezug auf das Eigenvermögen fordern. Erst die erfolgreiche Klage nach §§ 785, 767 ZPO, also ein zumindest vorläufig vollstreckbares Urteil, § 775 Nr. 1 ZPO, stoppt dies. Auf Verlangen des Gerichtsvollziehers auf Abgabe einer Fruchtlosigkeitsbescheinigung muss der Erbe mit § 769 ZPO reagieren, will er einen Eintrag nach §§ 802f ff. ZPO verhindern.[13]

[13] Staudinger/Kunz, § 1967 BGB Rn 117.

b) Vollstreckungsabwehrklage, §§ 785, 767 ZPO

 

Rz. 20

Mit der Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 785, 767 ZPO kann der Erbe zwei unterschiedliche Ziele verfolgen:[14]

[14] BeckOGK/Herzog, § 1973 BGB Rn 122 ff., § 1990 BGB Rn 182 ff.

aa) Materielle Einwendungen i.S.e. Haftungsbeschränkung auf den Nachlass

 

Rz. 21

Zum einen kann der Erbe über §§ 785, 767 ZPO begehren, dass über die konkrete Einrede entschieden wird (was bei einer bloßen Verurteilung unter Vorbehalt im Erkenntnisverfahren noch nicht geschehen ist); dann wird die Haftung auf den Nachlass beschränkt:[15]

 

Formulierungsbeispiel

Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des … vom …, Az. …, in das nicht zum Nachlass des am … verstorbenen … in … (Erblassers), zuletzt wohnhaft …, gehörende Vermögen des Klägers wird für unzulässig erklärt.

 

Hinweis

Dabei handelt es sich um den eigentlichen Fall einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO, da letztlich materielle Einwendungen, nämlich die haftungsbeschränkenden Einreden der §§ 1990, 1992, 1973 f. BGB etc. gegen den titulierten Anspruch selbst geltend gemacht werden.

Dieses Ziel kann nur dann verfolgt werden, wenn der Titel, aus dem vollstreckt wird, nur einen allgemeinen Vorbehalt enthält und nicht, wenn schon im Erkenntnisverfahren die Haftung auf den Nachlass beschränkt wurde.

Der Gläubiger kann widerklagend Auskunftsansprüche zum Bestand des Nachlasses geltend machen.[16]

 

Rz. 22

Bei dieser Variante besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage aus §§ 785, 767 ZPO wie stets i.R.d. § 767 ZPO schon vor Vollstreckungsbeginn; § 93 ZPO schützt den Gläubiger ausreichend vor voreiligen Klagen.[17]

 

Hinweis

Daher sollte bei Entscheidungsreife auch im Erkenntnisverfahren (zumindest hierüber) entschieden werden, um einen zweiten direkt folgenden Prozess zu verhindern (siehe schon oben § 11 Rdn 39 ff.).

 

Rz. 23

Steht fest, dass der Nachlass aufgezehrt ist, geht das Interesse des Erben dahin, die Vollstreckung gänzlich zu verhindern; denn es gibt keinen Nachlass mehr, den er zur Verfügung stellen muss.

 

Formulierungsbeispiel

Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des … vom …, Az. …, wird für unzulässig erklärt.[18]

[15] Zöller/Stöber, § 785 ZPO Rn 3.
[16] Zöller/Stöber, § 785 ZPO Rn 3.
[17] Zöller/Stöber, § 785 ZPO Rn 3; ...

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