Rz. 23

Das Gericht ist an die Tatsachenbehauptungen des Antragstellers gebunden. Eine Überprüfung der Schlüssigkeit des Sachvortrags des Antragstellers bzw. der Entscheidungserheblichkeit/Beweisbedürftigkeit der behaupteten Tatsachen erfolgt nicht. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob der Antragsgegner das Vorbringen des Antragstellers in Streit stellt oder sonstige Einwendungen bzw. Einreden erhebt. Die Prüfung materiell-rechtlicher Fragen gehört nicht in das Beweisverfahren. Das angerufene Gericht kann daher das Rechtsschutzbedürfnis für ein isoliertes Beweisverfahren nicht mit der Begründung ablehnen, ein sich möglicherweise ergebender Gewährleistungsanspruch sei verjährt und wegen der vom Antragsgegner erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchsetzbar.[35] Anderes gilt nur dann, wenn ein Anspruch des Antragstellers keinesfalls in Betracht kommt.[36]

 

Rz. 24

Gegenstand der Beweisanordnung nach § 485 Abs. 2 ZPO kann nur die Einholung eines Sachverständigengutachtens sein. Anders als § 485 Abs. 1 ZPO, der die Begutachtung durch einen Sachverständigen ohne Beschränkung auf eine mündliche oder schriftliche Gutachtenerstattung eröffnet, sieht § 485 Abs. 2 ZPO ausschließlich eine schriftliche Begutachtung vor. Allerdings finden nach § 492 Abs. 1 ZPO auch § 411 Abs. 3 ZPO bzw. §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO Anwendung, die der Partei das Recht geben, den Sachverständigen in den Grenzen von Verspätung und Rechtsmissbrauch zumindest einmal persönlich zu hören. Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen Anhörung sind daher auch im selbstständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig.[37] Eine über den Sachverständigenbeweis hinausgehende andere Beweiserhebung – durch den gerichtlichen Augenschein oder durch Vernehmung eines Zeugen – kommt hingegen nicht in Betracht.[38]

 

Rz. 25

Die Ernennung des Sachverständigen erfolgt durch das Gericht (§§ 492 Abs. 1, 404 Abs. 1 ZPO). Ein Rechtsbehelf gegen die Auswahl eines bestimmten Sachverständigen ist nicht statthaft. Insgesamt gelten hier die allgemeinen Grundsätze zum Sachverständigenbeweis. Gerade in selbstständigen Beweisverfahren, die meist einem Beschleunigungsinteresse des Antragstellers unterliegen, werden häufig in der Antragsschrift Vorschläge zur Person des Sachverständigen unterbreitet. Ein im Antrag namentlich genannter Sachverständiger ist als "Anregung" an das Gericht zu sehen. Es muss sich hierbei nicht zwingend um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handeln (vgl. § 404 Abs. 3 ZPO).

 

Rz. 26

 

Tipp

In der Praxis benennen viele Gerichte den vom Antragsteller vorgeschlagenen Sachverständigen, wenn sich der Antragsgegner zum Antrag oder zu dem Vorschlag nicht äußert. Der Antragsgegner sollte daher der Beauftragung eines aus seiner Sicht unqualifizierten oder ungeeigneten Sachverständigen unter Angabe von Alternativvorschlägen widersprechen. Häufig entbrennt dann eine Diskussion. Ziel des Antragstellers sollte es sein, mit dem Streit um die Person des Sachverständigen keine Zeit zu verlieren. Der "Königsweg" liegt häufig in der für das Gericht bindenden Einigung der Parteien auf einen (qualifizierten und zügig arbeitenden) Sachverständigen (§§ 492 Abs. 1, 404 Abs. 5 ZPO), die am besten bereits mit der Antragsschrift mitgeteilt wird.[39] Um einen Zeitverlust auszuschließen, sollte das Gericht auch in der Antragsschrift gebeten werden, bereits eine Vorschussanforderung vorzunehmen.

[36] Vgl. zum Ganzen BGH NJW 2004, 3488.
[38] OLG München BauR 2001, 447.
[39] Haben sich die Parteien auf einen Sachverständigen geeinigt, verzichten sie damit auf die bis zur Einigung bekannten Ablehnungsgründe: BGH NJW-RR 2006, 1312, 1313.

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