A. Einleitung

 

Rz. 1

Der folgende Abschnitt dieses Formularbuchs behandelt das Zwangsvollstreckungsrecht. Das Zwangsvollstreckungsverfahren muss im Anschluss an das Erkenntnisverfahren stattfinden, wenn der Schuldner[1] die ihm in dem zugrunde liegenden Titel (Urteil, Vergleich etc.) auferlegte Verpflichtung nicht freiwillig erfüllt. Der daraufhin vom Gläubiger beauftragte Rechtsanwalt stellt sehr schnell fest, dass er im Rahmen des sich an das Erkenntnisverfahren anschließenden Vollstreckungsverfahrens mit gänzlich neuen Fragen und Problemen konfrontiert wird. Genau in diesem Bereich setzt die vorliegende Bearbeitung an. Sie will den mit Bausachen betrauten Rechtsanwälten eine "Handlungsanweisung" im Umgang mit vollstreckungsrechtlichen Fallkonstellationen geben. Es kann und soll dabei jedoch nicht erreicht werden, das Vollstreckungsrecht vollständig abzuhandeln. Das würde den Umfang dieses Abschnitts bei Weitem sprengen. Aufgabe ist es vielmehr, nur die im privaten Baurecht typischsten Fallkonstellationen darzulegen. Die Untersuchung ist wie folgt aufgebaut: Im ersten Teil werden die rechtlichen Grundlagen der einzelnen Fallkonstellationen erläutert. Daran anschließend werden im zweiten Teil anhand von Musterformularen praktisch hilfreiche Formulierungen an die Hand gegeben und durch Checklisten ergänzt.

[1] Im Folgenden wird zur Vereinfachung jeweils nur die männliche Bezeichnung des betroffenen Personenkreises genannt.

B. Rechtliche Grundlagen

I. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 2

Bevor auf die einzelnen Vollstreckungskonstellationen mit baurechtlichem Bezug eingegangen werden kann, müssen zunächst die Voraussetzungen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens dargestellt werden. Diese lassen sich in allgemeine und besondere Vollstreckungsvoraussetzungen einteilen.

1. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen

 

Rz. 3

Unter den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind diejenigen zu verstehen, die in jedem Vollstreckungsverfahren vorliegen müssen.[2] Davon sind die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen (z.B. Vollstreckungsantrag beim zuständigen Vollstreckungsorgan, Parteifähigkeit nach § 50 ZPO, Prozessfähigkeit nach §§ 51 ff. ZPO, Prozessführungsbefugnis, Postulationsfähigkeit, Rechtsschutzbedürfnis etc.) strikt zu trennen, die an dieser Stelle nicht näher dargestellt werden sollen.

[2] Näher dazu: Brox/Walker, § 3 Rn 1 ff.

a) Vollstreckungstitel

 

Rz. 4

Jede Zwangsvollstreckung bedarf eines Vollstreckungstitels, d.h. einer öffentlichen Urkunde, die den zu vollstreckenden materiell-rechtlichen Anspruch hinreichend genau bestimmt. Nur so wird dieser Anspruch im Vollstreckungsverfahren durchsetzbar.

 

Rz. 5

Der praktisch bedeutsamste Vollstreckungstitel ist das in § 704 ZPO genannte Endurteil (§ 300 ZPO; siehe aber auch: §§ 301 ff. ZPO). Dieses wird dadurch vollstreckbar, dass es entweder rechtskräftig (§ 705 ZPO) ist oder für vorläufig vollstreckbar (§§ 708 ff. ZPO) erklärt wurde.

 

Rz. 6

Neben dem Endurteil werden in § 794 Abs. 1 ZPO weitere Vollstreckungstitel aufgezählt. Zu nennen sind insofern vor allem: der Prozessvergleich (Nr. 1), der Kostenfestsetzungsbeschluss (Nr. 2), der Vollstreckungsbescheid (Nr. 4) und die vollstreckbaren Urkunden (insbesondere notarielle Urkunden: Nr. 5).

 

Rz. 7

Die Aufzählung in § 794 Abs. 1 ZPO ist nicht abschließend. Wegen weiterer Beispiele bundes- und landesrechtlicher (§ 801 ZPO) Vollstreckungstitel wird auf die Darstellung in den einschlägigen Kommentierungen verwiesen.[3]

 

Rz. 8

Grundlegende Voraussetzung für die Durchführung der Zwangsvollstreckung bei allen genannten Vollstreckungstiteln ist, dass der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, hinreichend bestimmt und wirksam ist. Der Inhalt eines Titels – lässt er sich nicht schon eindeutig aus diesem selbst bestimmen – ist dabei gegebenenfalls durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Darauf wird später im Rahmen der einzelnen baurechtlich relevanten Fallkonstellationen noch näher eingegangen.

[3] Siehe z.B.: Musielak/Voit/Lackmann, § 794 Rn 49, § 801 Rn 1; Zöller/Geimer, § 794 Rn 43, § 801 Rn 1.

b) Vollstreckungsklausel

 

Rz. 9

Die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungstitel setzt weiterhin grundsätzlich voraus, dass eine Vollstreckungsklausel auf diesem angebracht ist. Darunter ist ein amtlicher Vermerk der Vollstreckbarkeit des Titels zu verstehen. Die Ausfertigung des Titels, die mit der Vollstreckungsklausel versehen ist, wird auch "vollstreckbare Ausfertigung" genannt. § 725 ZPO sieht für die Klausel folgende Formulierung vor: "Vorstehende Ausfertigung wird dem usw. (Bezeichnung der Partei) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt." Diese Klausel ist der Ausfertigung des Urteils am Schluss beizufügen, von dem zuständigen Organ zu unterschreiben und mit einem Gerichtssiegel zu versehen.

 

Rz. 10

Die Vollstreckungsklauseln lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

einfache Vollstreckungsklauseln (§ 724 Abs. 1 ZPO, zuständig für deren Erteilung ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle: § 724 Abs. 2 ZPO),

qualifizierte Vollstreckungsklauseln:

titelergänzende Klauseln (§ 726 Abs. 1 ZPO, zuständig ist der Rechtspfleger: §§ 3 Nr. 3a; 20 Abs. 1 Nr. 12; 26 RPflG; Ausnahme: beim g...

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