Rz. 35

Neben der Vollstreckung einer Geldforderung in bewegliche Sachen besteht die Möglichkeit der Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte des Schuldners. Das ist in §§ 828 ff. ZPO geregelt. Dabei soll hier nur die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen des Schuldners interessieren.

 

Rz. 36

Funktionell zuständig für die Zwangsvollstreckung einer Geldforderung des Gläubigers in eine Geldforderung des Schuldners (z.B. dessen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber; zur Pfändungsgrenze: §§ 850c ff. ZPO) ist nach §§ 828 Abs. 1; 764 Abs. 1; 802 ZPO i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG der Rechtspfleger des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach §§ 828 Abs. 2; 13 ff., 23, 802 ZPO. Grundsätzlich ist das Amtsgericht des allgemeinen Gerichtsstandes des Schuldners zuständig (§§ 13 ff. ZPO). Hilfsweise ergibt sich eine Zuständigkeit des Amtsgerichts des Vermögensgerichtsstandes des Schuldners (§ 23 ZPO).

 

Rz. 37

Der Gläubiger muss einen Pfändungsantrag stellen, wobei insofern kein Anwaltszwang herrscht. Für diesen Antrag sind gem. § 829 Abs. 4 ZPO in der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV vom 16.12.2022, BGBl I, 2368) Formulare eingeführt worden (abrufbar unter: www.bmj.de/Zwangsvollstreckungsformulare; zeitliche Geltung der neuen Formulare: seit dem 1.12.2023 [Übergangsregelung: § 6 ZVFV]). Für (sämtliche) Anträge auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses (§ 829 ZPO) sowie eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB; §§ 829, 835 ZPO) ist nach § 1 Abs. 3 ZVFV in deren Anlage 4 ein Formular enthalten (dazu unten: Rdn 140). Anlage 5 enthält ein Formular "Entwurf eines Pfändungsbeschlusses und eines PfÜB" (dazu unten: Rdn 141). Anlage 7 (keine gesetzlichen Unterhaltsansprüche; dazu unten: Rdn 142) und Anlage 8 (gesetzliche Unterhaltsansprüche) enthalten außerdem Formulare für die Aufstellung von Forderungen. Formularzwang: Die Anlagen 4 und 5 sind verbindlich zu nutzen (§ 829 Abs. 4 S. 2 ZPO; § 2 Abs. 1 Nr. 3 ZVFV; Zweck des Formularzwangs: Standardisierung des Vollstreckungsauftrags); nach § 2 Abs. 4 ZVFV sind dem Formular der Anlage 4 zwingend auch die Formulare der Anlage 5 sowie Anlage 7 bzw. Anlage 8 beizufügen (grds. Einreichungszwang auch für Anlagen 7 bzw. 8: vgl. BR-Drucks 561/22, 62 f.; zur mehrfachen Nutzung der Anlagen 7 bzw. 8: vgl. § 2 Abs. 5 ZVFV). Zu zulässigen Abweichungen von den Formularen: vgl. § 3 ZVFV. Ausfüllhinweise zu den Formularen sind abrufbar unter: www.bmj.de/Zwangsvollstreckungsformulare.

Exkurs: § 3 ZVFV regelt mehr zulässige Abweichungen von den Formularen als bisher und greift damit u.a. die Rechtsprechung des BGH auf. Der Gläubiger ist nach bisheriger Rechtsprechung des BGH vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist.[11] Nach dieser Ansicht des BGH sollte es aber zu beanstanden sein, wenn der Gläubiger die Anlage 1 des Formulars (Forderungsaufstellung) nicht ausgefüllt und stattdessen (mit Hinweis in Modul C) eine selbstverfasste Anlage beigefügt hatte. Das ist äußerst bedenklich, weil der Formularzwang kein Selbstzweck ist und allein die Effektivität der Sachbearbeitung (kein zusätzlicher Mehraufwand) relevant sein sollte.[12]

 

Rz. 38

Der zuständige Rechtspfleger legt seiner Entscheidung die bloßen Behauptungen des Gläubigers zugrunde. In den überaus meisten Fällen ergeht sodann ohne Anhörung des Schuldners (vgl. § 834 ZPO) und ohne mündliche Verhandlung (§§ 764 Abs. 3; 128 Abs. 4 ZPO) ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB). Dessen Inhalt ist in §§ 829 Abs. 1; 835 Abs. 1 ZPO geregelt. Mit der Zustellung des PfÜB an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen, §§ 829 Abs. 2–3; 835 Abs. 3 S. 1 ZPO.

 

Rz. 39

Rechtsfolge der Pfändung ist zum einen die Verstrickung der Forderung (§§ 135, 136 BGB) und zum anderen das Entstehen eines Pfändungspfandrechts, wobei dessen Voraussetzungen im Einzelnen umstritten sind.[13] Die Überweisung stellt letztlich die Verwertung der gepfändeten Forderung dar.

[11] BGH v. 26.9.2018 – VII ZB 56/16 – MDR 2018, 1525 = IBR 2018, 709 mit Anm. Seibel.
[12] Ebenso: Dörr, MDR 2019, 147 (148: keine Überbetonung formaler Anforderungen); siehe auch: Zöller/Seibel, § 829 Rn 43, § 703c Rn 8 m.w.N.
[13] Zum Meinungsstand: Brox/Walker, § 18 Rn 272 i.V.m. § 14 Rn 31 ff.; Zöller/Seibel, § 804 Rn 2 – jeweils m.w.N.

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