Rz. 11
Fallen ein Unternehmen oder eine Beteiligung an einem Unternehmen bzw. eine Freiberuflerpraxis oder die Beteiligung an einer Freiberuflerpraxis in den Zugewinnausgleich, stellt sich damit neben der ohnehin schwierigen Frage, wie der Wert zu ermitteln ist, auch die weitere Frage nach der bei einer (auch fiktiven) Veräußerung anfallenden ("latenten") Ertragsteuer gemäß §§ 16, 34 EStG (Besteuerung des Aufgabegewinns),[10] wobei die stichtagsbezogene Bewertung im Zugewinnausgleich allerdings auch eine entsprechende Verwertbarkeit voraussetzt.
Rz. 12
Grundsätzlich ist für die Bewertung der "wirkliche" Wert eines Unternehmens bzw. einer Freiberuflerpraxis oder eines entsprechenden Anteils maßgeblich, der im Falle eines Verkaufs zum Zeitpunkt des Stichtages erzielt werden würde, wobei grundsätzlich von einem lebenden fortgeführten Unternehmen auszugehen ist. Maßgebend ist insbesondere grundsätzlich auch nicht derjenige Wert, der nach einer gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklausel im Erbfall oder sonst bei Ausscheiden anzusetzen wäre; solche Übertragungs- oder Abfindungserschwerungen rechtfertigen allenfalls einen Bewertungsabschlag.[11]
Rz. 13
Diese Grundsätze dürften allerdings dann nicht gelten, wenn ein landwirtschaftliches Anwesen im Zugewinnausgleich (nur) mit dem Ertragswert nach § 1376 Abs. 4 BGB und nicht mit seinem vollen Verkehrswert zu bewerten ist;[12] darin dürfte eine unzulässige Doppelprivilegierung des zugewinnausgleichspflichtigen Landwirts liegen.
Rz. 14
Von dem fiktiven Veräußerungsgewinn (ermittelter Wert des Unternehmens bzw. der Freiberuflerpraxis abzüglich der Buchwerte und einschließlich des inneren Wertes [sog. "good will"], also sog. Geschäfts- bzw. Praxiswert bzw. Anteilswert) ist der darauf entfallende Einkommensteuerbetrag abzuziehen, weil auch die latente Steuerlast, die mit einer solchen unterstellten Veräußerung zum Stichtag verbunden ist, einen wertbildenden Faktor darstellt, und weil auch die Zugewinnausgleichsverpflichtung aus versteuertem Einkommen bezahlt werden muss.[13] Gewinne aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen im Privatvermögen unterliegen dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 EStG).
Rz. 15
Wird der Wert eines Vermögensgegenstands danach ermittelt, was bei einer auch nur fiktiven Veräußerung zum Stichtag zu erzielen wäre, muss auch berücksichtigt werden, dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt; insoweit geht es um unvermeidbare Veräußerungskosten.[14] Bei der Berechnung der Steuerlast auf den fiktiven Veräußerungsgewinn sind § 16 Abs. 4 EStG (Gewerbebetrieb) bzw. §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 4 EStG (Freiberuflerpraxis) i.V.m. § 34 EStG zu berücksichtigen.
Rz. 16
Auch der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen:[15] Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers (sog. subjektiver Unternehmerlohn) orientiert, ermittelt entweder mit Rentenbarwertfaktor oder aufgrund konkreter Unterhaltsberechnung. Die Berücksichtigung eines Goodwill im Zugewinnausgleich verstösst nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen beruht.[16]
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