Leitsatz (amtlich)

›a) Zu den Voraussetzungen, unter denen ein landwirtschaftlicher Betrieb nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Oktober 1984 (BVerfGE 67, 348) beim Zugewinnausgleich mit dem Ertragswert anzusetzen ist.

b) Dem Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens, das beim Zugewinnausgleich nach dem Ertragswert bewertet werden soll, obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die künftige Fortführung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung.

c) Zur Berücksichtigung einer latenten Steuerlast, wenn ein landwirtschaftliches Anwesen nicht mit dem Ertragswert, sondern mit dem vollen, wirklichen Wert anzusetzen ist.‹

 

Verfahrensgang

AG Kempten

OLG München

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Ausgleich des Zugewinns nach Scheidung ihrer Ehe.

Die Parteien haben am 28. Oktober 1964 geheiratet. Der im Jahre 1933 geborene Beklagte, der von Beruf Landwirtschaftsmeister ist, hat in die Ehe ein landwirtschaftliches Anwesen mit knapp 11 ha Eigenland und einem Anteil an einer Weidegenossenschaft eingebracht, das er mit Vertrag vom 20. Dezember 1963 von seinen Eltern übertragen erhalten hatte und zusammen mit der Klägerin bewirtschaftet hat. Das einzige Kind der Parteien ist im Jahre 1978 bei einem Unfall ums Leben gekommen. Im September 1981 ist die Klägerin aus dem Anwesen ausgezogen. Auf ihren am 7. August 1982 zugestellten Antrag ist die Ehe der Parteien seit 17. Juni 1983 rechtskräftig geschieden.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten im Wege der Stufenklage einen Zugewinnausgleichsanspruch erhoben und ein Versäumnisurteil erwirkt, durch das der Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 200. 000 DM verurteilt worden ist. Auf den Einspruch des Beklagten hat das Amtsgericht, das das Anwesen bei der Wertermittlung mit dem Ertragswert angesetzt und einen Zugewinn des Beklagten verneint hat, das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Klägerin abgeändert und das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Mit der (zugelassenen) Revision erstrebt der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung.

 

Entscheidungsgründe

I. Anders als das Amtsgericht hat das Oberlandesgericht das Anwesen des Beklagten zu dem für die Berechnung des Zugewinns maßgebenden Zeitpunkt (7. August 1982, nicht 7. März 1982, wie es auf Seite 7 des Berufungsurteils infolge eines offensichtlichen Schreibversehens heißt) nicht als landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 1376 Abs. 4 BGB angesehen und den Zugewinn des Beklagten daher nicht nach dem Ertragswert ermittelt. Unter Heranziehung der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 16. Oktober 1984 (BVerfGE 67, 348) entwickelten Grundsätze zur verfassungskonformen Anwendung des § 1376 Abs. 4 BGB ist es zu dem Ergebnis gelangt, eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren führe zu einer unzumutbaren, verfassungswidrigen Benachteiligung der Klägerin. Es hat ausgeführt, für die Anwendung von § 1376 Abs. 4 BGB reiche es nicht aus, wenn die Grundstücke, Gebäude und Maschinen für einen landwirtschaftlichen Betrieb vorhanden seien. Hinzukommen müsse, daß der Eigentümer willens und in der Lage sei, den Hof als Landwirt zu bewirtschaften. Daran fehle es bei dem Beklagten. Dieser sei infolge des Todes seines Sohnes, des vorgesehenen Hoferben, in einer Art. Resignation und Verzweiflung erkrankt. Die Klägerin habe dazu vorgetragen, der Beklagte sei wiederholt im Bezirkskrankenhaus K. wegen Alkoholmißbrauchs behandelt worden; in den letzten Jahren des Zusammenlebens sei er tagsüber nicht zu bewegen gewesen, aus dem Bett aufzustehen; sie habe die Landwirtschaft praktisch allein betrieben; ihm fehle auch der Führerschein, so daß er keine landwirtschaftlichen Maschinen auf öffentlichen Straßen fahren könne. Diesen Vortrag habe der Beklagte im einzelnen nicht bestritten, so daß er als zugestanden anzusehen sei. Ihm müsse entnommen werden, daß der Beklagte bereits am 7. August 1982 entweder nicht mehr willens oder nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Landwirtschaft selbst weiter zu betreiben. Es habe sich um einen sterbenden Betrieb gehandelt. Das komme auch in dem Rückgang der Milchviehhaltung von 20 Stück im Jahre 1978/79 auf sieben Stück im Jahre 1982 und dem Verkauf der letzten drei Kühe im November 1983 zum Ausdruck, ferner darin, daß die Maschinen nicht mehr erneuert, sondern zum Verkauf angeboten worden seien, sowie die Maschinenhalle teilweise verpachtet und der Grasschnitt der Grundstücke zunehmend an Dritte verkauft worden sei, denen der Beklagte auch die Düngung der Flächen überlassen habe. Der Beklagte habe die an ihn gerichtete Frage, in welcher Weise er sich am Stichtag und seit dieser Zeit konkret als Landwirt betätigt habe, nicht beantwortet. Er habe sich auch nicht rechtzeitig um die Zuweisung von Milchkontingenten bemüht; sein schließlich doch noch gestellter Antrag lasse nicht den Schluß zu, daß er sich wieder als Landwirt betätigen wolle. Wenn er auch noch kein Grundstück verkauft habe und die gesamte Fläche des in Stadtnähe und im Autobahnbereich gelegenen Anwesens weiterhin landwirtschaftlicher Grund und noch kein Bauland sei, fehle es für eine Anwendung des § 1376 Abs. 4 BGB doch an den Voraussetzungen, weil bei realistischer Einschätzung der Lage nicht davon ausgegangen werden könne, daß der Beklagte sich wieder als Landwirt betätigen könne. Unter diesen Umständen sei es der Klägerin, die während der fast 19 Jahre dauernden Ehe auf dem Hof gearbeitet habe, nicht zuzumuten, auf den Zugewinnausgleich zu verzichten.

Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

1. Nach dem Wortlaut des § 1376 Abs. 4 BGB ist ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, der bei der Berechnung des Anfangs- und des Endvermögens zu berücksichtigen ist, mit dem Ertragswert anzusetzen. Dieser bleibt in aller Regel beträchtlich hinter dem vollen wirklichen Wert zurück, von dem bei der Bewertung sonst auszugehen ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1986 - IVb ZR 42/85 - FamRZ 1986, 776, 778). Deshalb führt der in § 1376 Abs. 4 BGB vorgesehene Wertmaßstab zu einer bedeutsamen Begünstigung des Betriebsinhabers und einer entsprechenden Benachteiligung des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich aus dem Zweck der Regelung, durch die der Gesetzgeber die Zerschlagung derartiger Betriebe vermeiden will, jedoch nicht im privatwirtschaftlichen Interesse der Betriebsinhaber, sondern im öffentlichen Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien (BVerfGE aaO.). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluß entschieden, daß § 1376 Abs. 4 BGB daher insoweit mit Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar ist, als ausnahmslos der Ertragswert den Bewertungsmaßstab bildet. Es hat ausgeführt, daß die Anwendung des § 1376 Abs. 4 BGB etwa dann zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen kann, wenn bei der Durchführung des Zugewinnausgleichs ein landwirtschaftlicher Betrieb, wie ihn der Gesetzgeber schützen will, in der Lebenswirklichkeit nicht mehr vorhanden ist (aaO. Seite 368). Darüber hinaus hat es entschieden, das Opfer, das dem ausgleichsberechtigten Ehegatten aus der Anwendung des Ertragswertverfahrens erwächst, sei für ihn im Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG nur zumutbar, wenn es darum gehe, die Zerschlagung des Betriebes im Interesse des Ehepartners oder der Kinder zu vermeiden; es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG, wenn nicht damit gerechnet werden könne, daß der Eigentümer oder ein Abkömmling den landwirtschaftlichen Betrieb weiterführen oder wiederaufnehmen werde, sondern allenfalls ein entfernterer Verwandter (Beschluß vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 803 und 1065/86 - FamRZ 1989, 939).

Hiernach ist § 1376 Abs. 4 BGB zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse dahin zu interpretieren, daß der Ertragswert als Bewertungsmaßstab ausscheidet, wenn nicht im Einzelfall davon ausgegangen werden kann, daß der Gesetzeszweck verwirklicht und die Erhaltung eines leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betriebes in der Hand des Eigentümers oder eines Abkömmlings erreicht werden wird (ebenso zur insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 2312 BGB: BGHZ 98, 382, 388 sowie Urteil vom 22. Oktober 1986 - IVa ZR 76/85 - FamRZ 1987, 378, 380). Es bedarf also einmal einer geeigneten Besitzung, die einen landwirtschaftlichen Betrieb, wie ihn das Gesetz schützen will, (auch) in der Zukunft ermöglicht. Hinzukommen muß die Erwartung, daß der Betrieb durch den Eigentümer oder einen Abkömmling weitergeführt oder, wo die Bewirtschaftung aufgegeben ist, künftig wiederaufgenommen wird. Die Feststellung, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ist Sache des Tatrichters. Dem Ehegatten, dessen Anwesen zu bewerten ist, obliegt es, die künftige Fortführung der Bewirtschaftung darzutun und gegebenenfalls zu beweisen (ebenso Stöcker AgrarR 1986, 65, 66).

2. Diesen Grundsätzen wird die Beurteilung des Berufungsgerichts gerecht. Es kommt aufgrund einer Reihe von Umständen zu dem Ergebnis, bei realistischer Einschätzung der Lage könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte, der keine Kinder mehr hat, den Hof weiter betreiben werde. Der Vorwarf der Revision, daß diese Würdigung von Verfahrensfehlern beeinflußt sei, trifft nicht zu.

a) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin, der Beklagte sei wiederholt wegen Alkoholmißbrauchs im Bezirkskrankenhaus K. behandelt worden, als nicht substantiiert bestritten angesehen hat. Bereits im ersten Rechtszug hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11. Juli 1986 vorgetragen, der Beklagte habe bereits mehrere Jahre vor der Trennung den landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr aufrechterhalten und werde dies auch nicht mehr können, da er alkoholabhängig sei. Der Alkoholabusus habe bis 1981 derart eskaliert, daß der Beklagte ins Bezirkskrankenhaus K. habe eingewiesen werden müssen. Dazu hat die Klägerin die Ablichtung eines Berichts des Bezirkskrankenhauses über die stationäre Behandlung des Beklagten vom 17. Juli bis 21. August 1981 wegen "Alkoholabhängigkeit und alkoholtox. hirnorgan. Psychosyndrom" vorgelegt, der weitere Behandlungsmaßnahmen in Form einer "mittelfristigen Entwöhnungstherapie" für notwendig erklärte. Die Klägerin hat auf diesen Vortrag in ihrer Berufungsbegründung Bezug genommen und auf das Vorbringen des Beklagten - in der Berufungserwiderung, allenfalls sei davon auszugehen, daß er nach dem Tode seines Sohnes in einer Art. Resignation und Verzweiflung erkrankt sei, mit Schriftsatz vom 28. August 1987 entgegnet, er sei selbstverschuldet mehr und mehr dem Alkohol verfallen und deswegen sogar wiederholt in das Bezirkskrankenhaus K. eingeliefert worden. Sie sei gezwungen gewesen, den Hof bis zur Trennung allein zu bewirtschaften. Bei ihrer Anhörung in der Berufungsverhandlung hat sie erklärt, die Landwirtschaft sei in den letzten Jahren des ehelichen Zusammenlebens praktisch von ihr allein betrieben worden. Der Beklagte sei aufgrund des Verlustes des Sohnes teilweise dem Alkohol verfallen und nicht aus dem Bett zu bringen gewesen.

Entgegen der Ansicht der Revision kann hiernach nicht angenommen werden, das vom Berufungsgericht als wahr unterstellte Vorbringen der Klägerin sei seinerseits nicht hinreichend substantiiert, so daß es nicht schade, wenn der Beklagte nicht substantiiert erwidert habe.

Es ist auch nicht richtig, daß sich das Vorbringen der Klägerin allein auf die Zeit vor dem 7. August 1982 bezogen und nichts über den Zustand des Beklagten nach diesem Zeitpunkt ausgesagt hat. Bereits im ersten Rechtszug hat die Klägerin im Anschluß an ihr Vorbringen über die Alkoholabhängigkeit des Beklagten und seinen damit zusammenhängenden Ausfall bei der Bewirtschaftung des Hofes vorgetragen, der Beklagte sei auch in Zukunft gesundheitlich nicht in der Lage, seinen landwirtschaftlichen Besitz zu nutzen, wie dies einer ordnungsgemäß geführten Landwirtschaft entspreche. Dazu hat sie die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beklagten sowie einer Auskunft des Bayerischen Bauernverbandes beantragt. In der Berufungsinstanz hat sie in dem zuvor erwähnten Schriftsatz vom 28. August 1987 ausgeführt, bereits damals, vor der Trennung, habe festgestanden, daß der Beklagte wegen seines chronischen Alkoholismus nicht in der Lage sei, das Anwesen weiter zu bewirtschaften. "So (sei) es dann auch tatsächlich gekommen". Der Beklagte habe den Betrieb zum Ende der Ehezeit drastisch reduziert und nur noch ein paar Stück Vieh gehalten, um sich damit die Möglichkeit zu sichern, den Zugewinnausgleich nach dem Ertragswert abzurechnen. Danach habe er alles Vieh verkauft und überlasse nun die landwirtschaftliche Nutzung seiner Grundstücke anderen Bauern. Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin dem Beklagten nicht nur für die Zeit vor der Zustellung des Scheidungsantrages, sondern auch danach die Bereitschaft und Fähigkeit zur Bewirtschaftung des Hofes abgesprochen und die Erwartung künftiger Weiterführung des Betriebes durch den Beklagten verneint.

Diesem Vorbringen ist der Beklagte lediglich mit allgemeinen oder unsubstantiierten Ausführungen entgegengetreten, wie etwa, man könne Landwirtschaft in vielfacher Weise betreiben; Vieh brauche man dazu nicht unbedingt; es sei möglich, "daß der Futterverkauf im Vordergrund steht, daß auf andere Feldfrüchte umgestellt wird, daß bestimmte Züchtungen vorgesehen werden". Dazu habe er "die Zeit entsprechend genutzt". Er sei keine Rechenschaft schuldig für die Zeit nach der Beendigung der Ehe. Gerade für diese Zeit ergebe sich, daß er "gar nichts anderes getan (habe), als sich als Landwirt zu betätigen" (Schriftsatz vom 27. Juli 1987). In welcher Weise er sich zum maßgebenden Stichtag und seitdem als Landwirt betätigt hat, hat er auch auf ausdrückliche Frage des Berufungsgerichts nicht erklärt. Auch sein Vorbringen, er habe sich jetzt "wieder vollkommen gefaßt" (Schriftsatz vom 22. Juli 1986), er habe sich vom Alkohol " jetzt mehr und mehr befreien" können (Schriftsatz vom 15. Dezember 1986), für einen Mann wie ihn, "der langsam seiner Gesundung mehr und mehr zuschreitet", sei es möglich, auch ohne Vieh den landwirtschaftlichen Betrieb durchzuführen (Schriftsatz vom 27. Juli 1987), ließ die erforderliche Konkretisierung vermissen. Daß das Berufungsgericht sich trotz dieses Vorbringens von der Richtigkeit der Darstellung der Klägerin überzeugt hat, stellt keinen Verfahrensfehler dar.

b) Ebensowenig ist es aus Rechtsgründen zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aus dem Verlust der Fahrerlaubnis, der Reduzierung und schließlichen Aufgabe der Milchviehhaltung, der Überalterung der Maschinen und ihrem Angebot zum Verkauf, der teilweisen Verpachtung der Maschinenhalle, der Überlassung von Grundstücken "zur Blum" an andere Landwirte und aus dem Zeitpunkt der Bemühungen des Beklagten um die Zuweisung von Milch-Garantiemengen zusammen mit weiteren Tatsachen die Überzeugung gewonnen hat, daß bereits im August 1982 die Weiterführung des Hofes durch den Beklagten nicht mehr erwartet werden konnte und daß es sich bereits damals um einen sterbenden Betrieb handelte. Die dagegen erhobenen Einwände richten sich gegen die tatrichterliche Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts und betreffen damit einen Bereich, der der Revision verschlossen ist.

Nach allem hat das Berufungsgericht das Anwesen des Beklagten zu Recht nicht nach dem Ertragswertverfahren bewertet.

II. Da § 1376 Abs. 4 BGB keine Anwendung findet, gelten insoweit die allgemeinen Bewertungsregeln, wobei es Ziel der Wertermittlung sein muß, das Anwesen des Beklagten mit seinem vollen, wirklichen Wert anzusetzen (Senatsurteil vom 7. Mai 1986 aaO.).

Das Berufungsgericht ist bei seiner Wertermittlung, die es auf das Gutachten des Gutachterausschusses der Stadt K. gestützt hat, zu dem Ergebnis gelangt, daß das Anwesen bei der Berechnung des Anfangs- und Endvermögens mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen sei. Dabei versteht es diesen Wert offensichtlich als Summe der erzielbaren Veräußerungserlöse. Das gilt jedenfalls, soweit es die Bewertung der zum Hof gehörenden Grundfläche betrifft, die den größten Teil des ermittelten Gesamtwertes ausmacht. Insoweit hat der Gutachterausschuß für die einzelnen Flurstücke unter Berücksichtigung von Erschließungszustand, Art. und Maß der baulichen Nutzbarkeit sowie der sonstigen bauordnungsrechtlichen Qualität anhand von Vergleichspreisen und sonst zugänglichen Kaufpreisdaten die auf dem Grundstücksmarkt erreichbaren Kaufpreise ermittelt und diese Beträge zusammengerechnet. Gegen diese Methode der Wertermittlung, die den Verkehrswert als Liquidationswert versteht, bestehen hier keine rechtlichen Bedenken, weil das Berufungsgericht davon ausgeht, daß der Hof nicht weitergeführt wird. Darüber hinaus ist anzunehmen, daß es auch als Folge des Zugewinnausgleichs zur jedenfalls teilweisen Veräußerung des Hofes kommt, weil der Beklagte nur auf diesem Wege die benötigten finanziellen Mittel wird aufbringen können (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 1985 - IVb ZR 62/84 - FamRZ 1986, 37, 40 sowie vom 7. Mai 1986 aaO.).

Dennoch kann die Bewertung keinen Bestand haben. Wenn bei der Wertermittlung, wie hier, Beträge angesetzt werden, die sich nur durch eine Veräußerung des Betriebes oder von Anteilen an dem Betriebsvermögen erzielen lassen, dann müssen die bei der Veräußerung nach §§ 14ff. EStG anfallenden Steuern ebenso als wertmindernder Faktor berücksichtigt werden wie sonstige Kosten, die den Veräußerungserlös mindern (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 1986 aaO. Seite 779 m.w.N. sowie zuletzt BGHZ 98, 382, 389). Diese (latente) Einkommensteuer- und Kostenlast hat das Berufungsgericht nicht in Betracht gezogen. Inwieweit sich durch sie das Ergebnis der Wertermittlung ändert, vermag der Senat nicht abzusehen. Die Beantwortung dieser Frage muß grundsätzlich dem Tatrichter überlassen bleiben, der den insoweit anzusetzenden Minderwert notfalls durch Schätzung zu ermitteln hat (vgl. BGH Urteile vom 26. April 1972 - IV ZR 114/70 - NJW 1972, 1269, 1270 und vom 17. März 1982 - IVa ZR 27/81 - NJW 1982, 2497, 2498). Das hat auch im vorliegenden Fall zu gelten. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß die danach sich ergebende Wertveränderung den Zugewinn des Beklagten so mindert, daß die Forderung der Klägerin tangiert wird, auch wenn der geltend gemachte Betrag beträchtlich hinter dem errechneten Ausgleichsanspruch zurückbleibt. Aus diesem Grunde ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

III. Die neue Verhandlung gibt dem Beklagten Gelegenheit, die sonstigen Einwände zur Geltung zu bringen, die er mit der Revision gegen die Ausgleichsforderung erhoben hat. Soweit er sich dabei auf § 242 BGB stützt, ist allerdings darauf hinzuweisen, daß für dessen Anwendung neben § 1381 Abs. 1 BGB kein Raum ist, daß diese Vorschrift vielmehr in ihrem Anwendungsbereich die allgemeine Generalklausel des § 242 BGB ausschließt (vgl. Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts 3. Aufl. § 36 VII 6, S. 520; MünchKomm/Gernhuber, 2. Aufl. § 1381 Rdn. 4; Soergel/Lange, BGB 12. Aufl. § 1381 Rdn. 2, je m.w.N. sowie auch BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1981 - FamRZ 1981, 745, 750 - zum Verhältnis zwischen § 242 und § 1579 BGB). Der weitere Vorwarf der Revision, das Berufungsgericht habe auch keinen Gedanken auf §§ 1381f. BGB verwendet, läßt außer acht, daß eine Anwendung dieser Schutzvorschriften nur auf entsprechende Einrede (§ 1381 Abs. 1 BGB), beziehungsweise auf Antrag (§ 1382 Abs. 1 BGB) des Ausgleichspflichtigen in Betracht kommt und bisher nicht ersichtlich ist, daß der Beklagte sich dieser Mittel bedient hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992999

NJW 1990, 709

BGHR BGB § 1376 Abs. 4 Normzweck 1

BGHR BGB § 1376 Unternehmensbewertung 1

FamRZ 1989, 1276

NJW-RR 1990, 68

EzFamR BGB § 1376 Nr. 4

MDR 1990, 227

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