1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 59

Bei F1 soll im Fallbeispiel ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt (vgl. hierzu Fall 19, siehe § 4 Rdn 1) bestehen.

2. Bedarf

 

Rz. 60

Die Dreiteilungsmethode kommt nicht zur Anwendung (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).

Der Unterhalt ist für beide Frauen getrennt nach dem Halbteilungsgrundsatz zu ermitteln (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).

Die Rangfrage, also die Frage, ob ein Partner vorrangig bzw. nachrangig ist, erlangt erst im Rahmen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners Bedeutung – also dann, wenn die festgestellten Unterhaltsansprüche vom Unterhaltsschuldner nicht erfüllt werden können (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1).

 

Rz. 61

Bei der Ermittlung des bedarfsbestimmenden Einkommens des M – hier in Bezug auf die erste Ehefrau ist der Kindesunterhalt abzuziehen. Es handelt sich nämlich um ein Kind aus der ersten Ehe (zum Fall eines Kindes aus zweiter Ehe vgl. Fall 41, siehe § 12 Rdn 1 ff.). Die 345,50 EUR (nicht der Tabellenbetrag) Kindesunterhalt sind also vom Einkommen des M abzuziehen.

1.600 EUR (Einkommen M) – 345,50 EUR (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 1.254,50 EUR.

 

Rz. 62

Diese 1.254,50 EUR fließen in die Berechnung des Ehegattenunterhalts ein. Aber bereits hier zeigt sich, dass grds. keine Mittel für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung stehen, weshalb bereits an dieser Stelle zur Frage der Leistungsfähigkeit des M in Bezug auf Ehegattenunterhalt übergegangen werden kann.

3. Leistungsfähigkeit

 

Rz. 63

Mit dem Resteinkommen von 1.254,50 EUR ist der Ehegattenmindestselbstbehalt von 1.280 EUR (vgl. hierzu Fall 18, siehe § 3 Rdn 96) bereits unterschritten. Jedoch ist der Selbstbehalt des M u.U. wegen des Zusammenlebens mit F2 zu reduzieren, so dass evtl. Mittel für den Ehegattenunterhalt "frei werden".

 

Rz. 64

Bei dieser Frage sind zunächst zwei Themen zu trennen:

Zum einen die Frage, ob der Unterhaltsschuldner gegen die neue Ehefrau gar einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, mit dem er seinen eigenen Bedarf (ganz oder teilweise) selbst decken kann ("Hausmannrechtsprechung"),
und zum anderen die Frage, ob sich aus dem Zusammenleben mit einem Partner – unabhängig davon, ob verheiratet oder nicht – eine Kostenersparnis ergibt, die eine Absenkung des Selbstbehalts rechtfertigt, also eine Absenkung des Betrages, den der Unterhaltsschuldner für die eigene Lebensführung braucht.
 

Rz. 65

Zum Anspruch gegen einen neuen Ehegatten:

 

BGH, Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05

Ist der Unterhaltsschuldner verheiratet, stellt sich zwar auch die Frage, ob seine Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebenshaltung durch die gemeinsame Haushaltsführung reduziert werden. In solchen Fällen ist allerdings entscheidend darauf abzustellen, dass der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, der – im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten – seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise deckt. Darauf hat der Senat insbesondere im Rahmen seiner Hausmannrechtsprechung (Urteile vom 12.4.2006 – XII ZR 31/04, FamRZ 2006, 1010, 1013 f. und BGHZ 169, 200, 206 = FamRZ 2006, 1827, 1828) und seiner Rechtsprechung zum Elternunterhalt (Urt. v. 17.12.2003 – XII ZR 224/00, FamRZ 2004, 370, 372) abgestellt.

 

Rz. 66

In Fällen einer bloßen Lebensgemeinschaft oder in Fällen, in denen eine neue Ehe nicht zu einem Unterhaltsanspruch gegen den neuen Ehegatten führt, liegt in der Regel eine Kostenersparnis vor, die eine Herabsetzung des Selbstbehalts rechtfertigen kann, soweit der neue Partner nicht leistungsunfähig ist.

 

BGH, Urt. v.17.3.2010 – XII ZR 204/08 Rn 28

Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Herabsetzung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts in Betracht kommt, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für Wohnung oder die allgemeine Lebensführung spart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen – im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft – geringeren Bedarf verweisen lassen müsste. Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht neu verheiratet ist und deswegen auch keine Ansprüche auf Familienunterhalt oder sonstige Versorgungsleistungen bestehen. Die Herabsetzung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts beruht dann auf der Ersparnis durch die gemeinsame Haushaltsführung, die regelmäßig zu einer Kostenersparnis und zu Synergieeffekten führt, die jeden Lebenspartner hälftig entlasten (Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05, FamRZ 2008, 594 Tz. 37 m.w.N.). Soweit der Kläger einen solchen Synergieeffekt durch das Zusammenleben mit seiner neuen Lebensgefährtin unter Hinweis auf deren Leistungsunfähigkeit bestreitet, obliegt ihm dafür die volle Darlegungs- und Beweislast.

 

Rz. 67

Grund für die Herabsetzung ist nur der Synergieeffekt.

 

BGH, Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05

Die Ersparnis und damit Reduzierung des Selbstbehalts beruht auf dem Synergieeffekt der gemeinsamen Haushaltsführung; sie beruht nicht auf freiwilligen Leistungen des Partners oder auf einer bescheidenen Lebensführung, was beides den Selbstbehalt unberührt ließe.

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