[24] Für diesen Beitrag sei in besonderem Maße gedankt Herrn Dr. Sebastian Weber, Deutsche Werthaus GmbH, Köln (www.deutsche-werthaus.de).

I. Vorüberlegungen

 

Rz. 40

Befindet sich im Nachlass eine Immobilie, die im Zuge der Abwicklung veräußert werden soll, bedeutet dies zunächst, dass der Testamentsvollstrecker grundsätzlich auf Kosten des Nachlasses einen Sachverständigen zur Bewertung der Immobilie einschalten darf. Da der Testamentsvollstrecker aufgrund von § 2219 Abs. 1 BGB den Erben gegenüber persönlich für einen etwaigen Schaden haftet, der dadurch entsteht, dass eine zum Nachlass gehörende Immobilie unterhalb des Verkehrswerts verkauft wird, sollte er dies zu seiner eigenen Absicherung auch stets tun. Der Testamentsvollstrecker ist außerdem berechtigt, einen Immobilienmakler zur Durchführung eines Verkaufs einzuschalten.

 

Rz. 41

Parallel zum Verkauf der Immobilie obliegen dem Testamentsvollstrecker weitere Aufgaben, die zeitaufwändig und lästig sein können: So wird er bei einer selbstgenutzten Wohnimmobilie regelmäßig die Räumung durchführen und das möglicherweise wertvolle Inventar verwerten müssen. Hier stellt sich die Frage, wie der Testamentsvollstrecker mit Hausrat umgeht, der keinen hohen Wert hat, aber auch nicht wertlos ist. Zu Beginn der Testamentsvollstreckung hat er die Immobilie erforderlichenfalls zu sichern und anschließend bis zur Übergabe an den Käufer zu gewährleisten, dass die Verkehrssicherungspflicht eingehalten wird. Er muss sich um die laufende Instandhaltung, wie z.B. die Gartenpflege, ebenso kümmern wie um die Abwicklung zwischenzeitlich eingetretener Schäden. Diese Aufgaben darf er delegieren, da sie jedoch einzeln betrachtet eher kleinteilig sind, bindet auch deren Organisation überproportional viel Zeit. Zudem hat er die Kosten einer Grundstücksverwaltung auf ihre Angemessenheit zu prüfen.[25]

 

Rz. 42

Bei der Verwertung von Immobilien gelten die allgemeinen Grundsätze. Der Testamentsvollstrecker darf sich nicht mit einem nur mäßigen Erfolg seiner Tätigkeit begnügen, sondern muss Möglichkeiten zu besserem Erfolg wahrnehmen.[26] Damit stellt sich zunächst die Frage, wie man für eine Immobilie überhaupt den Markthöchstpreis erzielen kann. In einem freien Markt bildet sich der Kaufpreis eines Wirtschaftsguts auf Basis von Angebot und Nachfrage. Übersteigt die Nachfrage das Angebot, steigt der Preis. Wie gelingt es also, die Nachfrage zu erhöhen? Einerseits durch Ansprache einer größeren Zielgruppe, indem man vorhandene Potenziale transparent macht und unterschiedliche Nutzungsvarianten aufzeigt, andererseits indem man die Immobilie optimal präsentiert und sie – gerade, wenn sie für Eigennutzer in Betracht kommt – "begehrenswert" macht.

II. Marktumfeld

 

Rz. 43

Im aktuellen Marktumfeld ist die Nachfrage nach Immobilien in den meisten deutschen Großstädten sehr hoch. Daher ist die Bereitschaft vieler Verkäufer gering, vor dem Verkauf noch verkaufsfördernde Maßnahmen vorzunehmen. Folglich sind viele angebotene Immobilien nicht optimal präsentiert und nicht für den Verkauf hergerichtet. Zudem werden eventuelle Wertschöpfungspotenziale in den Angeboten häufig nicht aufgezeigt, denn die meisten Verkäufer gehen davon aus, dass sich die Immobilien auch ohne diese Maßnahmen verkaufen lassen. Der Verkauf gelingt dann trotzdem, aber eben regelmäßig nicht zum Markthöchstpreis.

 

Rz. 44

Den Markthöchstpreis hingegen erzielt erfahrungsgemäß, wer die Wertschöpfungspotenziale der jeweiligen Immobilie durch sorgfältige Analyse erkennt, eine darauf basierende Aufwertung durchführt oder vorhandene Wertschöpfungspotenziale für Kaufinteressenten transparent macht und die dadurch erhöhte Anzahl an Kaufinteressenten in einem Bieterverfahren zusammenführt. In dem für Käufer und Verkäufer nicht bindenden Verfahren haben Kaufinteressenten Gelegenheit, ihre Kaufangebote für die Immobilie abzugeben. In einer oder mehreren Runden können die Interessenten ihre Angebote so lange erhöhen, bis keine höheren Angebote mehr eingehen, und sich auf diese Weise der Markthöchstpreis herauskristallisiert hat.

III. Analyse des Potenzials

 

Rz. 45

Es ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, welche Potenziale es zur Erzielung eines höheren Kaufpreises ggf. zu heben gibt, jedenfalls aber für den Käufer transparent zu machen sind. Im Zentrum der Überlegungen stehen vor allem das baurechtliche Potenzial, das gestalterische Potenzial, das Lagepotenzial und das Renditepotenzial.

1. Baurechtliches Potenzial

 

Rz. 46

Besonders bedeutsam ist die Prüfung des baurechtlichen Potenzials in allen seinen Ausprägungen. Zum einen kann es sein, dass die Immobilie nach dem für sie maßgeblichen örtlichen Baurecht Ausbau- oder Erweiterungspotenziale besitzt. Zum anderen ist es denkbar, dass die Immobilie umgenutzt werden kann, z.B. von einer gewerblichen Nutzung hin zu einer gewinnbringenderen Wohnnutzung. Darüber hinaus sind Potenziale des Grundstücks selbst zu prüfen. Es kann z.B. sein, dass sich das Bauplanungsrecht nach der Errichtung des Gebäudes maßg...

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