Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 18a Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Juni 1993 in Höhe von 6.381,47 DM nebst 5,8% Zinsen seit dem 19. Januar 1989 aufgehoben.

Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 24. November 1988 auf die Berufungsanträge des Beklagten zurückgewiesen.

Im Übrigen hat der Senat die Revision gegen das Berufungsurteil nicht angenommen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens haben die Klägerin 13% und der Beklagte 87% zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 80% und der Beklagte 20% zu tragen.

Für die erste Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung im Berufungsurteil.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine von den Erblassern errichtete Stiftung, macht als Erbin gegenüber dem Beklagten, der das Amt des Testamentsvollstreckers ausgeübt hat, Ansprüche auf Herausgabe von Nachlaßgegenständen und auf Schadensersatz geltend (§§ 2217, 2219 BGB). Dabei ging es u.a. um die Verwendung des Erlöses für ein aus dem Nachlaß verkauftes Haus in M. in Höhe von 760.000 DM. Die Klägerin hat diesen Betrag zunächst in voller Höhe beansprucht. Der Beklagte hat das Geld jedoch für die Tilgung von Nachlaßverbindlichkeiten zurückgehalten und erst im Laufe des Rechtsstreits Teilbeträge von zusammen 676.704,50 DM an die Klägerin ausgezahlt.

Das Landgericht hat die auf Verurteilung des Beklagten persönlich gerichtete Klage abgewiesen, den Beklagten aber als Testamentsvollstrecker verurteilt, 760.000 DM an die Klägerin zu zahlen. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und im Laufe des Verfahrens seine Einnahmen und Ausgaben in einer Übersicht abgerechnet. Auch die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Sie hat die Hauptsache im wesentlichen für erledigt erklärt, aber einige der vom Beklagten abgesetzten Ausgaben als unberechtigt oder überhöht beanstandet und daher die Zahlung eines Restbetrages von dem Beklagten persönlich verlangt. Darüber hinaus hat sie geltend gemacht, der Beklagte hafte für den Zinsschaden, der der Klägerin dadurch entstanden sei, daß sie den Erlös für das M.'er Grundstück nicht zu den für sie geltenden Sonderkonditionen bei der Sparkasse S. habe anlegen können. Der Beklagte hat den größten Teil des Kaufpreises als monatlich abrufbares Festgeld auf einem Unterkonto des Nachlaßkontos angelegt, das bei der B.-bank am Wohnort des Beklagten geführt wurde. Die Klägerin hat vorgetragen, selbst wenn der Beklagte berechtigt gewesen sei, das Geld noch für Zwecke der Testamentsvollstreckung zu verwalten und für die Tilgung von Nachlaßverbindlichkeiten kurzfristig verfügbar zu halten, habe er bei der Sparkasse S. erheblich höhere Zinsen erhalten können, auch wenn er das Geld dort in der gleichen Art angelegt hätte wie auf dem Nachlaßkonto.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten persönlich verurteilt, 71.533,89 DM nebst Zinsen zu zahlen. In Höhe von 65.152,42 DM seien die Ausgaben in seiner Abrechnung übersetzt und ein entsprechender Rest des Grundstückserlöses an die Klägerin auszuzahlen. Weitere 6.381,47 DM stünden der Klägerin zu, weil der Beklagte den Erlös nicht so günstig wie möglich angelegt habe. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Revision nur, soweit er zur Zahlung von mehr als 23.684,89 DM verurteilt worden ist. Er rügt u.a. die Verurteilung wegen eines Zinsschadens von 6.381,47 DM. Nur wegen dieses Betrages hat der Senat die Revision angenommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat hinsichtlich des angenommenen Teils Erfolg.

1. a) Das Berufungsgericht hat den Beklagten zwar nicht für verpflichtet gehalten, der Klägerin den Erlös des verkauften Hauses von vornherein zu überlassen. Er sei vielmehr nach dem Testament berechtigt gewesen, den Kaufpreis für der Höhe nach noch nicht geklärte Nachlaßverbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt und einer Vermächtnisnehmerin unter seiner Verwaltung und monatlich verfügbar zu halten. Dagegen erhebt die Klägerin keine Rügen mehr.

b) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hätte sich der Beklagte aber bei der Sparkasse S. erkundigen müssen, ob auch ihm als Testamentsvollstrecker über Vermögen, das der Klägerin wirtschaftlich zugute kommen solle, ähnlich günstige Zinsen gewährt würden wie der Klägerin selbst. Nach einer vom Berufungsgericht eingeholten schriftlichen Auskunft hätte die Sparkasse S. für eine Anlage als monatliches Festgeld höhere Zinsen gezahlt, als sie der Beklagte bei der B.-bank erzielt hat. Gegen die darauf beruhende Verurteilung des Beklagten wendet sich die Revision mit Recht.

2. a) Ein Testamentsvollstrecker genießt als Person und als Institution das besondere Vertrauen des Erblassers. Deshalb ist ihm für seine Tätigkeit ein Ermessensspielraum einzuräumen. Er darf sich nicht mit einem nur mäßigen Erfolg seiner Tätigkeit begnügen, sondern muß Möglichkeiten zu besserem Erfolg wahrnehmen (wie ein „dynamischer” Geschäftsführer). Ihm sind nur solche Anlagen verwehrt, die nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 – IVa ZR 90/85 – NJW 1987, 1070, 1071 unter I 2; vgl. auch Urteil vom 8. März 1989 – IVa ZR 353/87 NJW-RR 1989, 642, 643 unter 5 b).

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht behauptet, daß sie den Beklagten auf generell günstigere Zinssätze der Sparkasse S. hingewiesen habe oder darauf, daß ihm dort für die Anlage von Nachlaßgeldern Sonderkonditionen eingeräumt werden würden, weil die Klägerin Erbin sei. Davon geht auch das Berufungsgericht nicht aus.

Vielmehr hat die Klägerin den Hinweis auf die besonders günstigen Konditionen, die sie bei der Sparkasse S. genieße, zur Unterstützung ihrer Forderung gegeben, den Kaufpreis sogleich auf ihr dort bestehendes Konto auszuzahlen. Daraus mußte der Beklagte nicht entnehmen, daß ähnlich günstige Bedingungen auch für eine Anlage von Nachlaßgeldern durch ihn gewährt würden, die monatlich abrufbar bleiben sollten und für die offen war, ob und in welcher Höhe sie letzten Endes der Klägerin zugute kommen würden. Die vom Berufungsgericht eingeholte Auskunft der Sparkasse S. weist auch nicht den von der Klägerin angegebenen Zinssatz von 7% für das Jahr 1988 und 5,8% für das Jahr 1989 auf. Vielmehr bewegen sich die Zinssätze innerhalb des hier in Betracht kommenden Zeitraumes von nicht ganz zehn Monaten zwischen 3,5% und 4,5%. Der Beklagte hat bei seiner Bank immerhin Zinsen zwischen 2,75% und 3,375% erzielt.

Bei dieser Sachlage würden die Anforderungen an die Sorgfalt eines Testamentsvollstreckers überspannt, wenn man – wie das Berufungsgericht – von ihm fordern wollte, schon einer nach dem Hinweis der Klägerin allenfalls zu vermutenden Möglichkeit nachzugehen, daß die Sparkasse S. günstigere Zinssätze als die Bank des Beklagten bot. Wenn ein Testamentsvollstrecker Mittel, auf die er möglicherweise kurzfristig zur Tilgung von Nachlaßverbindlichkeiten angewiesen ist, bis zu deren Erledigung vorübergehend bei der Bank, über die er auch andere Nachlaßangelegenheiten abwickelt, zu den günstigsten, dort gebotenen Konditionen anlegt, handelt er nicht ermessensfehlerhaft, sofern er nicht aufgrund besonderen Insiderwissens oder geschäftlicher Erfahrungen bessere Anlagemöglichkeiten kennt oder darauf von den Erben ausdrücklich aufmerksam gemacht wird. Jedenfalls für die Verwaltung solcher Gelder, wie sie hier im Streit stehen, muß sich der Testamentsvollstrecker nicht von sich aus vorab einen Überblick verschaffen, welches Geldinstitut bei gleicher Sicherheit die höchsten Zinsen zahlt (zu anderen Anlageentscheidungen des Testamentsvollstreckers vgl. Klumpp, ZEV 1994, 65, 68ff.).

c) Der Beklagte hat in seiner Abrechnung angegeben, er habe von dem Erlös des M.'er Anwesens 700.000 DM vom 5. April bis zum 1. Dezember 1988 als Festgeld angelegt. Das Berufungsgericht ist bei seiner Zinsschadensberechnung aber davon ausgegangen, daß 730.000 DM ab 1. April 1988 hätten angelegt werden können und der an die Klägerin am 17. Januar 1989 ausgezahlte Restbetrag von 400.000 DM noch bis zu diesem Tage für die Erzielung höherer Zinsen hätte genutzt werden können. Daß die vom Beklagten gewählte Höhe und Dauer der Anlage pflichtwidrig gewesen sei, hat die insoweit gemäß § 2219 BGB darlegungs- und beweispflichtige Klägerin aber nicht vorgetragen und wird auch im Berufungsurteil nicht festgestellt. Das Berufungsgericht stellt vielmehr in anderem Zusammenhang fest, der Beklagte habe nach dem Verkauf des M.'er Anwesens nicht absehen können, in welcher Weise eine Einigung mit der Vermächtnisnehmerin gelinge und in welcher Höhe Steuerschulden zu begleichen seien; bis zur Auskehrung der jeweils vom Beklagten an die Klägerin überwiesenen Teilbeträge sei die Klage auf Auszahlung des Kaufpreises nicht begründet gewesen. Danach fehlen Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte die Höhe und den Zeitraum der Festgeldanlage schuldhaft nicht sachgerecht bestimmt hätte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 604904

ZBB 1995, 376

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