Rz. 56

Bereits mit dem Inkrafttreten des "GKV-Gesundheitsreformgesetzes" am 1.1.2000 sollte die integrierte Versorgung (IV) nachhaltig gefördert werden. Die Möglichkeit integrierter Versorgung wurde zunächst zwar beachtet, aber es wurden so gut wie keine Integrationsvorsorgeverträge geschlossen. Mit dem seit dem 1.1.2004 geltenden "GVK-Modernisierungsgesetz" sollen der integrativen Versorgung neue Impulse gegeben werden. Durch die Einführung des Rechtsinstitutes der integrierten Versorgung soll die bisherige starre Aufgabenteilung zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung gezielt durchbrochen werden, um die Voraussetzungen für eine stärker an den Versorgungsbedürfnissen der Patienten orientierte Behandlung zu verbessern. Zu diesem Zweck ermöglicht § 140 b Abs. 1 und 2 SGB V den Krankenkassen mit

Gemeinschaften zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Ärzte und Zahnärzte sowie einzelnen sonstigen an der Versorgung der Versicherten teilnehmenden Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
kassenärztlichen Vereinigungen,
Trägern zugelassener Krankenhäuser, Trägern von stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, soweit mit ihnen ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, Trägern von ambulanten Rehabilitationseinrichtungen oder deren Gemeinschaften,
Gemeinschaften der vorgenannten Leistungserbringer

unmittelbar Verträge abzuschließen. In diesen Integrationsverträgen übernehmen die von den Krankenkassen unter Vertrag genommenen Leistungserbringer diesen gegenüber die Gewähr dafür, dass sie die organisatorischen, betriebswirtschaftlichen sowie die medizinischen und medizinisch-technischen Voraussetzungen für die vereinbarte integrierte Versorgung entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und des medizinischen Fortschritts erfüllen und eine an dem Versorgungsbedarf der Versicherten orientierte Zusammenarbeit zwischen allen an der Versorgung Beteiligten einschließlich der Koordination zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen und einer allen an der integrierten Versorgung Beteiligten im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehenden Dokumentation sicherstellen, § 140 b Abs. 3 S. 2 SGB V. In dem Ausmaß, wie ein Vertrag zur integrierten Versorgung zwischen Krankenkasse und Trägergesellschaft abgeschlossen wird, erlischt die Pflicht der Kassenärztlichen Vereinigung, die Versorgung sicher zu stellen, gleichzeitig aber auch ihre Einwirkungsmöglichkeit über die kollektivvertragliche Normsetzung. Das Vertretungsmonopol der vertragsärztlichen Leistungserbringer durch die Kassenärztlichen Vereinigungen wird damit aufgebrochen zugunsten eines – im Ansatz jedenfalls möglichen – Systems der Einzelverträge.[93]

 

Rz. 57

Die Teilnahme an der Integrationsversorgung ist für alle Beteiligten freiwillig. Bei den abzuschließenden Verträgen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge mit beiderseitigen ­öffentlich-rechtlichen Rechten und Pflichten. Diese Verträge können von den Vorschriften des SGB V über die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern und des Krankenhausfinanzierungsgesetzes eine abweichende Regelung soweit treffen, als die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist. Soweit es die vertragsärztliche Versorgung betrifft, sind die zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nach § 140 d SGB V getroffenen Rahmenvereinbarungen zu beachten.

 

Rz. 58

Damit ermöglichen diese Verträge die Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgungsformen sowie die Einbindung anderer Leistungserbringer wie Apotheker, Heilmittelerbringer u.v.m., was bisher nur im Rahmen von Modellvorhaben möglich war. Integrierte Versorgung ist dadurch gekennzeichnet, dass Krankenkassen und Leistungserbringer autonom Verträge über eine sektoren- oder fachübergreifende Versorgung außerhalb des Sicherstellungsauftrages nach § 75 Abs. 1 SGB V schließen.

 

Rz. 59

Obwohl es sich bei den dem Integrationsversorgungsvertrag angehörenden Vertragsärzten um Privatrechtssubjekte handelt, liegen öffentlich-rechtliche Verträge vor, da der geregelte Sachverhalt seiner Natur nach dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Für Streitigkeiten aus diesen Verträgen ist die Zuständigkeit der Sozialgerichte gegeben.

 

Rz. 60

Im Rahmen der integrierten Versorgung bestehen grundsätzlich haftungsrechtlich keine Besonderheiten. Jeder teilnehmende Arzt haftet für den eigenen Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehler.

 

Rz. 61

Da aber die Versorgung nicht immer nur "aus einer Hand" durch ein Krankenhaus, sondern auch in gemeinsamer Regie mehrerer Leistungserbringer aus unterschiedlichen Leistungsbereichen (beispielsweise Hausärzte, niedergelassene Fachärzte, Krankenhaus, Rehabilitationseinrichtung, Apotheken) erbracht werden kann, schafft die notwendige Zu...

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