Rz. 20

Der deutsche Markt der Heilwesenhaftpflichtversicherungen hat sich zur Jahreswende 2012/2013 noch einmal grundlegend verändert. Während sich im weniger risikobehafteten Bereich der niedergelassenen Ärzte aufgrund der schon vor einigen Jahren durchgeführten Sanierungsaktion der DBV Winterthur/AXA Versicherung kein neuer Sanierungsbedarf ergab, sorgte der deutsche Markt der Krankenhaushaftpflichtversicherer für negative Schlagzeilen in der Presse. Der größte Krankenhausversicherer für die nicht kommunalen Krankenhäuser, die Zurich Versicherung und zwei regionale Versicherer haben alle Haftpflichtversicherungsverträge für Krankenhäuser gekündigt. Dies führte dazu, dass andere Versicherer zwar weiter zeichneten, allerdings gegen Prämiensteigerungen im Bestand zwischen 25 % und 50 % bei dem Neugeschäft. Bei neu aufgenommenen Risiken, also neuen Krankenhäusern kam es zu Steigerungen bis zu 100 % in Einzelfällen noch weit höher, und zwar bei deutlicher Absenkung der Deckungssummen.

Die verbliebenen Versicherer setzten meist marktweite Prämiensteigerungen im hohen zweistelligen Prozentbereich durch. In die Neuverträge wurden Prämienanpassungsklauseln aufgenommen. Teils wurde die Prämienbemessung umgestellt auf Umsatzbasis.

Nach einer Untersuchung des Versicherungsmaklers der Ecclesia Versicherungsdienst GmbH ist ein Anbieter-Oligopol entstanden. Während es insgesamt 582 Versicherer unter deutscher Aufsicht gibt und hiervon 211 Versicherer den Bereich der Schadenversicherung und Unfallversicherung zeichnen, gibt es nur noch 4–5 Krankenhaus-Haftpflichtversicherer bundesweit, nämlich die Allianz, R+V, ERGO sowie Aachener und Münchener, daneben die Kommunalversicherer. Zusätzlich existieren noch drei bis vier Regionalversicherer, die auf dem Markt nicht erhebliche Bedeutung haben. Die Ecclesia-Versicherungsdienst GmbH hat im Rahmen ihrer Untersuchung der von ihr betreuten Krankenhausträger ermittelt, dass 233 Krankenhausträger von der Prämienanpassung betroffen waren, insbesondere also die Häuser der Zurich, 119 Träger von einer Kündigung betroffen waren und insgesamt 352 hoch problematische Verhandlungsvorgänge bis zum Jahresende 2012 abgewickelt werden mussten. Als Ergebnis zeigte sich, dass die vier noch überregional zeichnungsbereiten Versicherer dafür gesorgt haben, dass letztlich kein Krankenhaus ohne Angebot über eine Betriebshaftpflichtversicherung bleibt. Die anfängliche Sorge, dass Krankenhäuser unversichert bleiben, hat sich erfreulicherweise nicht bewahrheitet. Allerdings ist es insbesondere im Neugeschäft zu dramatisch höheren Prämien bei deutlich verringerter Deckung und auch bei Vereinbarung teils hoher Selbstbehalte gekommen. Die Prämien konnten nur deshalb noch tolerabel gestaltet werden.

Weiter hat sich gezeigt, dass bisher trotz der extrem gestiegenen Prämien kein deutscher Versicherer bereit ist, neu in das Kundensegment einzusteigen. Der HDI und die Axa haben angekündigt, Exzedenten-Versicherungen auf Claims-made-Basis zu zeichnen. Bis heute gibt es aber dazu kaum Angebote und vor allem keine Aussage über Bedingungen. Ausländische Versicherer scheuen bisher das Krankenhausheilwesengeschäft in Deutschland, so dass es sich um ein rein deutsches Oligopol handelt.[28]

Die Frage bleibt, was Krankenhäuser tun können, um dieser neuen Marktsituation zu begegnen. Da sich der Schadensaufwand tendenziell weiter nach oben bewegen wird, müssen die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Krankenhausträger und die Versicherungswirtschaft die Politik auf den Zusammenhang von Ausweitung von Patientenrechten und Konsequenzen für die Kosten hinweisen, auf eine Regelung zur Refinanzierung der Risikokosten für Krankenhäuser drängen und auch auf Möglichkeiten der Beschränkung der Schadenssummen hinweisen, zum Beispiel durch den Ausschluss von Regressen der Sozialversicherungsträger. Die Krankenhausträger könnten gegenüber der Politik argumentieren, dass die Gesundheitswirtschaft eine Hochrisikobranche ist und deshalb mehr Patientenrechte einen höheren Schadenaufwand und noch höhere Versicherungsprämien bedeuten. Krankenhäuser können dies nicht auf die Preise umlegen, da die Preise gesetzlich festgelegt sind, folglich höhere Versicherungskosten über Einsparungen refinanziert werden müssen. Ob man hier beim Personal einsparen kann, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls kann darin kein Beitrag zur Patientensicherheit liegen. Im Rahmen der politischen Diskussion soll auch die Legislative angesprochen werden. Einer der Gründe für die hohen Schadenskosten liegt in dem erheblichen Aufwand für die häusliche Pflege von Schwerstpflegefällen. Ist also die Frage gerechtfertigt, ob ein Schädiger diese Kosten auch dann tragen muss, wenn eine stationäre Pflege deutlich weniger – in Einzelfällen unter 50 % des Aufwandes ausmachen würde? Wie ist die Rechtslage? Nach geltendem Recht ist die häusliche Pflege von Schwerstpflegefällen zu ersetzen. Die Rechtsprechung scheut sich natürlich, einen Menschen in ein Heim zu zwingen. Es bleibt aber d...

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