Rz. 81

Ist eine ausländische Entscheidung anerkennungsfähig, kann sie im Inland wegen veränderter Umstände abgeändert werden. Dazu müssen allerdings die Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 BGB vorliegen.[219] Es müssen daher triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe vorliegen, die erst nach der Entscheidung entstanden sein dürfen.[220]

Dies gilt grundsätzlich auch zwischen den Vertragsstaaten des MSA. Deren Entscheidungen dürfen aber erst nach vorheriger Verständigung mit den ausländischen Behörden abgeändert werden, Art. 5 Abs. 2 MSA.[221]

Entscheidungen eines Heimatstaates, der den Vertragsstaaten angehört, müssen hingenommen werden. Ihre Abänderung kommt nur aufgrund Art. 8 oder 9 MSA in Betracht.[222]

 

Rz. 82

Ist das Kind widerrechtlich in einen anderen Staat verbracht worden, darf das Familiengericht dieses Staates, der zu den Vertragsstaaten des HKÜ[223] gehört, überhaupt keine Sachentscheidung über das Sorgerecht treffen. Eine Sachentscheidung ist erst zulässig, wenn das Familiengericht die Kindesrückführung abgelehnt hat oder ein Antrag, sie anzuordnen, in angemessener Frist nicht gestellt wurde, Art. 16 HKÜ. Solange eine Sachentscheidung nicht ergehen darf, kann auch keine Sorgerechtsregelung erfolgen (siehe Rdn 139).[224] Art. 16 HKÜ steht aber einer Entscheidung nach Art. 21 ff. Brüssel IIa-VO im Falle widerrechtlichen Verbringens eines Kindes nicht entgegen.[225]

Entsprechendes gilt für Vertragsstaaten des KSÜ,[226] dort Art. 7 Abs. 3, und des ESÜ,[227] siehe dort Art. 9. In dem Vollstreckbarerklärungsverfahren wird allerdings nach § 19 IntFamRVG[228] geprüft, ob Anerkennungsversagungsgründe i.S.d. Art. 10 Abs. 1a oder b ESÜ vorliegen, insbesondere wenn die Wirkungen des Titels mit den Grundrechten des Kindes oder eines Sorgeberechtigten unvereinbar wären.

[219] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 7.2.2014 – 6 UF 193/13 (n.v.); OLG Oldenburg FamRZ 2012, 1887.
[220] Vgl. BGH IPRax 1987, 317.
[221] OLG München FamRZ 1997, 106; Text des MSA abgedr. unter § 14 D.
[222] Vgl. Palandt/Thorn, Anhang zu Art. 24 EGBGB Rn 35.
[223] Text abgedr. unter § 14 B, dort findet sich auch ein Internetlink zu den aktuellen Vertragsstaaten.
[224] BGH FamRZ 2005, 1540, Anm. Völker, jurisPR-FamR 22/2006, Anm. 6.
[225] BGH FamRZ 2011, 959; Anm Schulz, FamRZ 2011, 1046 mit der zutreffenden Einschränkung, dass die zur Anerkennung gestellte Sorgerechtsentscheidung aus dem Staat des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes stammen muss.
[226] Text abgedr. unter § 14 C, dort findet sich auch ein Internetlink zu den aktuellen Vertragsstaaten.
[227] Text abgedr. unter § 14 E; dort findet sich auch ein Internetlink zu den aktuellen Vertragsstaaten.
[228] Text abgedr. unter § 14 J.

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