Rz. 36

Die Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit bei der Errichtung von Testamenten ist umstritten,[31] denn es soll mangels Außenwirkung keine Geschäftsgebühr ausgelöst werden. Vielmehr soll es sich bei dieser Tätigkeit um eine reine Beratung handeln, mit der Folge, dass die Abrechnung einer über eine Erstberatungsgebühr hinausgehenden Tätigkeit einer Vergütungsvereinbarung bedarf.[32] Überzeugend erscheint diese Auffassung nicht, denn – wenn auch verzögert – entfaltet auch oder gerade ein Testament Wirkungen gegenüber Außenstehenden. Anders soll die Situation bei der Errichtung von zwei aufeinander abgestimmten Testamenten sein, die so gestaltet sind, dass der Widerruf des einen auch den des anderen zur Folge hat. Das soll eine Geschäftsgebühr entstehen lassen.[33] Der BGH[34] hat die Frage, ob Beratungs- oder Geschäftsgebühren entstehen, zwischenzeitlich entschieden. Danach soll weder der Entwurf eines Testaments noch die Gestaltung zweier aufeinander abgestimmter Testamente die Abrechnung einer Geschäftsgebühr rechtfertigen. Der BGH führt dazu in den Urteilsgründen aus: "Eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG wird in diesem Fall jedoch nur ausgelöst, wenn sich die Mitwirkung auf einen Vertrag bezieht. Dessen Ausrichtung auf eine andere Vertragspartei rechtfertigt die gebührenrechtliche Gleichbehandlung mit dem Fall, dass der Rechtsanwalt selbst nach außen tätig werden soll." Das sei bei einem Testament nicht der Fall. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass Testamente regelmäßig zwar nicht sofort, aber langfristig eine Außenwirkung entfalten und gerade mit dieser Zielrichtung errichtet werden und Rechtsverhältnisse am Nachlass des Erbblassers im Verhältnis zu Dritten, den Erben, Pflichtteilsberechtigten oder Gläubigern, (unabänderlich) regeln.

[31] Bischof/Jungbauer, Vorbem 2.3 Rn 40 ff.; Hartung/Schons/Enders/Schons, RVG, Vorb. 2.3 VV Rn 21 f; Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, § 34 Rn 14 und Nr. 2300 VV Rn 17; Hartmann, Nr. 2300 VV RVG Rn 1; Madert, AGS 2005, 2, 5; Schneider, AGS 2006, 60.
[32] Schneider, ErbR 2018, 193.
[33] LG Wiesbaden, Urt. v. 12.4.2017, 5 S 33/16, juris.

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