Rz. 61

International zuständig für die Ausstellung des ENZ über den gesamten Nachlass sind in erster Linie die Behörden in dem Mitgliedstaat, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte (Art. 64 Abs. 1 S. 1 EuErbVO). Bei der ausstellenden Behörde kann es sich um ein Gericht oder eine andere Behörde handeln. Der Begriff des Gerichts ist weit zu verstehen und erfasst alle Angehörige eines Rechtsberufs, die Unparteilichkeit und das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör gewährleisten (Art. 3 Abs. 2 EuErbVO), insbesondere Notare, die in den meisten Mitgliedstaaten – teilweise ausschließlich – für die Ausstellung des Erbnachweises zuständig sind.

Sollte sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers nicht in einem Mitgliedstaat befinden, sind für den gesamten Nachlass zunächst die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, deren Staatsangehörigkeit der Erblasser zum Todeszeitpunkt besaß (Art. 10 Abs. 1 lit. a EuErbVO) oder – subsidiär – in dem der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte, sofern die Aufenthaltsänderung nicht länger als fünf Jahre zurückliegt (lit. b). Nur wenn keine dieser Zuständigkeiten greift, sind die Gerichte eines Mitgliedstaats hinsichtlich des im betroffenen Mitgliedstaat belegenen Nachlasses international zuständig, § 343 Abs. 3 FamFG. Letztere Zuständigkeit bleibt auch im Verhältnis zu Art. 4 EuErbVO bestehen, wonach eigentlich für den gesamten Nachlass international die Gerichte zuständig sind, in deren Hoheitsgebiet der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.[63]

[63] EuGH, Urt. v. 21.6.2018 – C-20/17 (Oberle), ErbR 2018, 503 = FamRZ 2018, 1262 = NJW 2018, 2309 = ZErb 2018, 238 = ZEV 2018, 465 (m. Anm. Zimmermann).

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