Rz. 25

Die Einigungsgebühr kann i.H.v. 1,5 (Nr. 1000 VV RVG), von 1,0 (Nr. 1003 VV RVG) und von 1,3 (Nr. 1004 VV RVG) anfallen. Nr. 1003 VV RVG gilt, wenn ein gerichtliches Verfahren (ausgenommen das selbstständige Beweisverfahren) anhängig (nicht unbedingt rechtshängig) ist. Ein solches gerichtliches Verfahren kann auch die einstweilige Anordnung, der Arrest, die einstweilige Verfügung oder das Mahnverfahren sein. Wird eine Forderung zur Primäraufrechnung gestellt, ist sie in diesem Sinn anhängig, nicht aber, wenn sie zur Hilfsaufrechnung[50] gestellt wird. Ist ein Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren anhängig, ist die Einigungsgebühr auf 1,0 reduziert. Dies gilt aber nicht, wenn die Verfahrenskostenhilfe nur für die Protokollierung der Einigung beantragt wird. In Familiensachen ist das eine geradezu typische Situation: Für das Scheidungsverfahren ist Verfahrenskostenhilfe bewilligt; im Scheidungstermin wird eine außergerichtlich erarbeitete Scheidungsfolgenvereinbarung protokolliert. Es fällt die 1,5 Einigungsgebühr an (Anm. 1 Nr. 1 zu Nr. 1000 VV RVG); oder: Es ist ein Rechtsstreit über Kindesunterhalt anhängig, Verfahrenskostenhilfe ist bewilligt. Es soll in diesem Verfahren zugleich mit der Vereinbarung zum Kindesunterhalt eine außergerichtlich erarbeitete Einigung im Ehegattenunterhalt protokolliert werden. Für diese Protokollierung wird die Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe beantragt. Auch dann bleibt es bei der Gebühr von 1,5 (Anm. 1 Nr. 1 zu Nr. 1000 VV RVG) für den Ehegattenunterhalt, 1,0 für den Kindesunterhalt.

 

Rz. 26

Entscheidend ist nicht, ob die Einigung vor Gericht oder außergerichtlich abgeschlossen wird. Entscheidend ist auch nicht, ob ein Prozessauftrag oder ein Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit vorlag. Entscheidend ist allein, ob über die Sache, auf die sich die Einigung bezieht, ein gerichtliches Verfahren i.S.d. Nr. 1003 VV RVG anhängig ist oder nicht. Erfasst eine Einigung sowohl anhängige als auch nicht anhängige Sachen, fällt für den einen Teil die 1,0 und für den anderen Teil die 1,5 Gebühr an. § 15 Abs. 3 RVG ist anzuwenden.[51]

 

Rz. 27

Wird eine Einigung über eine anhängige Sache gerichtlich protokolliert, kommt es darauf an, in welcher Instanz der Gegenstand der Einigung zu diesem Zeitpunkt anhängig ist (Nr. 1004 VV RVG).

 

Beispiel

Ist der Ehegattenunterhalt in 1. Instanz anhängig (Wert: 6.000,00 EUR), wird er aber im Rahmen einer Gesamtvereinbarung vor dem OLG protokolliert, wo die Beschwerde über den Zugewinn (Wert: 8.000,00 EUR) anhängig ist, fällt für den Einigungsbestandteil Unterhalt die Einigungsgebühr mit 1,0 an (weil der Unterhalt in 1. Instanz anhängig ist), während für den Einigungsbestandteil Zugewinn die Einigungsgebühr mit 1,3 anfällt, weil sich der Zugewinnausgleich im Beschwerdeverfahren befindet. § 15 Abs. 3 RVG ist anzuwenden.

 
1,3 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG  
(Wert: 8.000,00 EUR) 592,80 EUR
1,0 Einigungsgebühr Nr. 1003 VV RVG  
(Wert: 6.000,00 EUR) 354,00 EUR
  946,80 EUR
Gem. § 15 Abs. 3 RVG jedoch nicht mehr  
als 1,3 aus 14.000,00 EUR = 845,00 EUR, also gekürzt auf 845,00 EUR

Wird die Einigung in einer nicht anhängigen Sache in einem Termin vor dem Oberlandesgericht mitprotokolliert, fällt insoweit die Gebühr zu 1,5 an.[52]

 

Rz. 28

Wenn über den Gegenstand, auf den sich die Einigung bezieht, ein gerichtliches Verfahren zwar anhängig war, jedoch abgeschlossen ist, fällt wiederum die Gebühr zu 1,5 an.[53] Dass der Anspruch früher einmal Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens war, führt zu keiner Ermäßigung.[54]

 

Rz. 29

Wird eine Einigung vor dem Oberlandesgericht geschlossen, entsteht immer – im Zivilprozess wie auch im FG-Verfahren – die 1,3 Gebühr, wenn es sich um eine Beschwerde gegen eine den Rechtszug beendende Entscheidung handelt, die verglichen wird.

[50] AnwK-RVG/N. Schneider/Thiel, VV 1003, 1004 Anh. Rn 90, 21.
[51] Vgl. hierzu AnwK-RVG/Onderka/Schafhausen/Schneider/Thiel, VV 1000 Rn 177.
[52] Ebenso Jungbauer, FuR 2004, 162, die die Rspr. des BGH analog auf die Einigungsgebühr anwenden will; der Wortlaut des RVG ist in diesem Punkt aber so klar, dass es einer Analogie nicht bedarf.
[53] AnwK-RVG/Onderka/Schafhausen/Schneider/Thiel, VV 1000 Rn 158; a.A. Enders, JurBüro 1995, 1, 5 (weil es dem Zweck des Gesetzes zuwider laufe, welches die Gebührenerhöhung als Belohnung dafür, dass das Gericht nicht in Anspruch genommen wird, gewährt). Dem ist entgegenzuhalten, dass es offenbar zu einem neuen Streit gekommen ist. Wenn eine Zwangsvollstreckung vermieden werden kann, ist auch Enders für die Einigungsgebühr.
[54] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 1003, 1004 Rn 21.

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