Rz. 11

Ein Erbvertrag ist grundsätzlich nicht widerruflich, es sei denn, der Rücktritt wäre vorbehalten worden bzw. es lägen besondere gesetzliche Rücktrittsgründe vor.

Dem Erblasser kann entweder ein vertraglich vereinbartes vollständiges oder teilweises Rücktrittsrecht (§ 2293 BGB) oder ein durch Gesetz gewährtes zustehen (§§ 2294 ff. BGB). An dieser Stelle muss dringend darauf hingewiesen werden, dass in den Fällen, in denen aus Kostenersparnisgründen statt eines gemeinschaftlichen Testaments ein Erbvertrag unter Ehegatten errichtet wird, notwendigerweise auch das Rücktrittsrecht für beide Vertragsteile vorbehalten werden sollte, weil diese Möglichkeit beim gemeinschaftlichen Testament in Form des einseitigen Widerrufsrechts ohnehin kraft Gesetzes bestünde (§ 2271 Abs. 1 BGB). Die Erblasser sollten in diesem Punkt bei Wahl eines Erbvertrags nicht schlechter gestellt sein, als wenn sie ein gemeinschaftliches Testament errichtet hätten. Dies kann auch für eingetragene Lebenspartner gelten, weil auch sie nach § 10 Abs. 4 LPartG ein gemeinschaftliches Testament errichten können.

 

Rz. 12

Macht sich der bedachte Ehegatte einer Verfehlung schuldig, die den Erblasser berechtigt, ihm den Pflichtteil zu entziehen, so kann der Erblasser vom Erbvertrag zurücktreten (§ 2294 BGB).

 

Rz. 13

Die Rücktrittserklärung bedarf der notariellen Beurkundung, § 2296 Abs. 2 BGB; sie ist gegenüber dem anderen Vertragsteil zu erklären; die Erklärung muss höchstpersönlich abgegeben werden. Bei unbekanntem Aufenthalt des anderen Vertragsteils ist auch öffentliche Zustellung möglich (§ 132 Abs. 2 S. 1 BGB).[8]

Rücktritt von einer erbvertraglichen Verfügung:

(1) Notarielle Beurkundung (§ 2296 BGB) und
(2)

Zugang an den anderen. Praxis und Rechtsprechung konkretisieren dieses konstitutive Erfordernis eines Rücktritts wie folgt:

Zustellung einer Ausfertigung (!) – begl. Abschrift reicht nicht[9] – durch Gerichtsvollzieher (Zugangsfiktion des § 132 BGB), wie beim wechselbezüglichen Testament, vgl. oben Rdn 6.

 

Rz. 14

Für all diese Sonderformen der Ausübung des Rücktritts nach §§ 2297, 2298 BGB gilt: Sie finden nur auf die vertragsmäßig getroffenen Verfügungen Anwendung, denn einseitige Verfügungen, die im Erbvertrag ebenfalls möglich sind (§ 2299 BGB), können ohnehin jederzeit vom Erblasser einseitig nach den Regeln des Testamentswiderrufs widerrufen werden (§§ 2253 ff. BGB).

[8] OLG Köln NJW-RR 2006, 1380.
[9] BGHZ 48, 374; OLG Hamm FamRZ 1991, 1486 mit Anm. v. Hohloch, JuS 1992, 259.

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