A. Allgemeines

 

Rz. 1

Selten, aber von erheblicher Bedeutung ist das Mandat, bei dem sich vor Eintritt des Nacherbfalls der Vor- bzw. Nacherbe Rat einholt. Oftmals weiß der Nacherbe gar nicht, welche Rechte ihm zustehen und gibt sich mit der Tatsache zufrieden, dass er einmal unbeschränkter Erbe werden wird. Die Probleme zwischen Vor- und Nacherben sind in der Praxis mannigfaltig. Das beginnt bereits bei der Frage, wer bspw. die Kosten der Erhaltung der der Vorerbschaft unterliegenden Gegenstände trägt.

 

Rz. 2

Dem Vorerben stehen grundsätzlich die gesamten Nutzungen des Nachlasses zu.[1] Er trägt die gewöhnlichen Erhaltungskosten, § 2124 Abs. 1 BGB.[2] Der Nacherbe, dem die Substanz erhalten bleiben soll, hat dagegen die außerordentlichen Lasten zu tragen (§ 2126 BGB).

 

Rz. 3

Von Bedeutung sind hier im Einzelnen die Kenntnis über die Beschränkungen des Vorerben und die Kontroll- und Mitbestimmungsrechte des Nacherben.

 

Rz. 4

Da der Vorerbe gemäß § 2130 Abs. 1 S. 1 BGB die Erbschaft dem Nacherben in dem Zustand herauszugeben hat, wie sie sich aus einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsgemäßen Verwaltung ergibt, ist er gehalten, nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung zu verstoßen. Zwischen Vor- und Nacherbe besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, welches bei Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen kann.[3]

Zu der Frage, inwieweit der Vorerbe von dem Nacherben Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann vgl. de Leve, ZEV 2005, 16.

 

Rz. 5

Die Rechte des Nacherben gemäß §§ 2127, 2128 BGB machen aus dieser Abrechnungspflicht eine Verwaltungspflicht im Erbschaftsinteresse des Nacherben. Gehört hierzu eine Verfügung des Vorerben, die der Zustimmung des Nacherben bedarf, so ist dieser aber gemäß § 2120 BGB verpflichtet, diese auf Verlangen, erforderlichenfalls auf Kosten des Vorerben, in öffentlich beglaubigter Form zu erteilen. Haftungsmaßstab in Bezug auf den Vorerben ist gemäß § 2131 BGB die diligentia quam in suis.

[1] Der Erblasser kann dem Vorerben jedoch Beschränkungen auferlegen, die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen, vgl. OLG München ZEV 2009, 622.
[2] Nach KG NJOZ 2009, 2084 betrifft § 2124 Abs. 1 BGB nur das Innenverhältnis zwischen Vor- und Nacherben und schränkt die Haftung des Nachlasses für Schulden gemäß § 1967 BGB nicht ein.
[3] MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 24 f.

B. Die Kontrollrechte

 

Rz. 6

So hat der Nacherbe beispielsweise das Recht, dass der Vorerbe ihm ein Verzeichnis über die vorhandenen Nachlassgegenstände erstellt (§ 2121 BGB), dessen Erfüllung erforderlichenfalls vor dem Prozessgericht zu erzwingen ist. Kontroll- und Feststellungsmöglichkeiten für den Nacherben bietet dabei § 2121 Abs. 2 BGB, wonach dieser verlangen kann, bei der Aufnahme hinzugezogen zu werden.

 

Rz. 7

Nach § 2121 Abs. 3 BGB kann der Vorerbe das Verzeichnis amtlich aufnehmen lassen; auf Verlangen des Nacherben muss er dies tun, wobei gemäß § 2121 Abs. 4 BGB die Kosten den Nachlass treffen. Diese Vorkehrung sollte der Nacherbe insbesondere treffen, wenn sich bereits im Vorfeld ein streitiges Verhältnis abzeichnet, oder auch dann, wenn der Zeitpunkt des Nacherbfalls der Tod des Vorerben ist, da sich dann die Frage der Nachlasszugehörigkeit schwieriger bestimmen lässt und der Streit mit den Erben des Vorerben programmiert ist. Zu beachten ist, dass der Anspruch nach § 2121 BGB dem Nacherben nur einmal zusteht.[4]

 

Rz. 8

Darüber hinaus steht dem Nacherben, aber auch dem Vorerben, das Recht zu, den Zustand der Nachlassgegenstände durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen (§ 2122 BGB).

 

Rz. 9

Sinnvoll und aus Sicht des Nacherben unbedingt erforderlich sind die verschiedenen Hinterlegungs- und Anlagerechte.[5] So sind beispielsweise auf Verlangen des Nacherben Wertpapiere so zu hinterlegen, dass die Herausgabe nur mit Einwilligung des Nacherben erfolgen kann (§ 2116 BGB). Ähnliches gilt für das zum Nachlass gehörende Bargeld. Dieses ist mit Ausnahme des zur ordnungsgemäßen Verwaltung Benötigten nach §§ 2119, 1806 BGB anzulegen.

 

Rz. 10

Zu den Kontrollrechten des Nacherben gehört auch das Auskunftsrecht über den Bestand des Nachlasses gemäß § 2127 BGB. Nur wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt, ist er dem Nacherben über den aktuellen Stand der Erbschaft gemäß § 2127 BGB auskunftspflichtig. Im Zeitraum zwischen Besorgnis, Verdacht und Grund zur Annahme ist somit der Nacherbe weitgehend wehrlos, wobei der BGH dem Nacherben auch gegenüber dem vom Vorerben Beschenkten einen Auskunftsanspruch einräumt, wenn die Interessenabwägung dies rechtfertigt.[6] Der Nacherbe kann jedoch von dem Vorerben (inhaltsgleiche) Auskunft über den (aktuellen) "Bestand der Erbschaft" – ohne begründete Besorgnis von Pflichtverletzungen im Sinne von § 2127 BGB – gemäß § 2121 BGB verlangen, solange der Vorerbe noch kein Verzeichnis im Sinne dieser Vorschrift erstellt hat.[7]

 

Rz. 11

Zeigt sich, dass der Vorerbe in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und das Nacherbenvermögen gefährdet, so k...

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