Rz. 18

Besteht der Verwaltungsbeirat aus mehreren Mitgliedern, ist gem. § 29 Abs. 1 S. 2 WEG ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Das Gesetz lässt offen, wer den Beiratsmitgliedern ihre Funktionen zuweist. Es kann bereits bei der Wahl festgelegt werden, wer Vorsitzender, Stellvertreter oder "einfaches Beiratsmitglied" soll. Zulässig und üblich ist es aber, dass die Beiräte es unter sich ausmachen und den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter wählen,[19] wobei es für das Wahlverfahren keine Vorschriften gibt.

 

Rz. 19

Hat der Verwaltungsbeirat keinen Vorsitzenden (weil weder bei der Wahl noch später einer der Beiräte dazu bestimmt wurde), können die dem Vorsitzenden zukommenden Befugnisse durch alle Beiratsmitglieder gemeinsam ausgeübt werden. Gibt es drei Beiräte, genügt es richtiger Ansicht nach sogar, wenn zwei davon (gemeinsam) handeln, weil zwei Beiräte stets mehrheitlich einen von ihnen als Vorsitzenden wählen könnten (→ § 7 Rdn 10). Scheidet ein Mitglied des Beirats (aus welchen Gründen auch immer) aus, besteht das Organ "Verwaltungsbeirat" nur noch aus entsprechend weniger Mitgliedern; es bleibt jedoch bestehen. Der letzte verbliebene Verwaltungsbeirat hat zwangsläufig die Funktion des Vorsitzenden.[20] Dementsprechend ist in dem Fall, dass nur ein einziger Wohnungseigentümer als Verwaltungsbeirat bestellt wird, dieser automatisch der Vorsitzende.

 

Rz. 20

Die besonderen Befugnisse des Vorsitzenden sind nicht zahlreich. Er hat das Einberufungsrecht gem. § 24 Abs. 3 WEG, die Pflicht zur Protokollunterzeichnung gem. § 24 Abs. 6 WEG und das Vertretungsrecht gegenüber dem Verwalter gem. § 9b Abs. 2 WEG. Im Übrigen hat er nicht mehr Rechte und Pflichten als die anderen Verwaltungsbeiräte. Gleichwohl wird ihm in der Praxis häufig das "laufende Geschäft" der Beiratstätigkeit überlassen.

 

Rz. 21

Die Organisation seiner Tätigkeit ist (sinnvollerweise) dem Beiratskollegium überlassen. Das Gesetz bestimmt lediglich: "Der Verwaltungsbeirat wird von dem Vorsitzenden nach Bedarf einberufen" (§ 29 Abs. 1 S. 3 WEG). Letztlich ist es also Sache der Beiräte zu entscheiden, ob, wie oft und in welchem Rahmen sie sich treffen. Schon nach dem bisherigen Recht kann ein "Treffen" der Verwaltungsbeiräte – anders als eine Wohnungseigentümerversammlung – auch online oder als Telefonkonferenz stattfinden, denn das Gesetz spricht nur von einer "Einberufung", nicht aber von einer "Versammlung" (die zwingend als Präsenzversammlung durchgeführt werden müsste).[21] Für die Treffen kann sich der Verwaltungsbeirat eine förmliche Geschäftsordnung geben, muss das aber nicht; üblich ist es allenfalls bei größeren Gemeinschaften.

 

Rz. 22

 

Praxistipp

Mindestens drei Treffen pro Jahr sind zu empfehlen: Das erste nach der Eigentümerversammlung, um die daraus eventuell resultierenden Aufgaben des kommenden Jahres bis zur nächsten Versammlung zu besprechen; das zweite etwa ein halbes Jahr später und das dritte bei Gelegenheit der Rechnungsprüfung im Vorfeld der nächsten Eigentümerversammlung. Inhalt und Ergebnisse der Besprechungen sollten protokolliert werden.

 

Rz. 23

Der Verwaltungsbeirat ist meistens, aber nicht zwingend unentgeltlich tätig. Im Gesetz wird eine Vergütung nicht ausgeschlossen. Aus der Regelung in § 29 Abs. 3 WEG, wonach (nur) bei unentgeltlicher Tätigkeit eine Haftungsbeschränkung greift, ergibt sich im Gegenteil, dass die Beiratstätigkeit auch entgeltlich erfolgen kann. Anders lautende Rspr. aus der Zeit vor der WEG-Reform 2020 ist überholt. Es ist üblich und ordnungsmäßig, den Beiräten (oder auch nur dem Vorsitzenden) ein Entgelt (meistens als "Aufwandsentschädigung" bezeichnet) zukommen zu lassen. Die Festlegung der Höhe fällt in den Beurteilungsspielraum der Gemeinschaft.

 

Rz. 24

Zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats besteht ein konkludent mit der Bestellung abgeschlossenes Auftragsverhältnis i.S.v. § 662 BGB, das sich auf den gesetzlichen Aufgabenkreis bezieht. Wenn den Beiräten weitere Aufgaben übertragen werden, handelt es sich auch insoweit um Aufträge. Bei Pflichtverletzungen haften die Beiräte der Gemeinschaft gem. § 280 BGB als Gesamtschuldner auf Schadensersatz. Weil die Hauptaufgaben des Beirats in der Rechnungsprüfung und Kontrolle des Verwalters bestehen, kommt es praktisch nur dann zur Haftung des Beirats, wenn der Verwalter seine Pflichten verletzte und der Beirat das nicht bemerkte. Weil der Verwalter gewissermaßen primär haftet, wird ein Beirat im Normalfall (nur) dann in die Haftung genommen, wenn beim Verwalter nichts mehr "zu holen" ist, sei es, weil der Verwalter in die Insolvenz gefallen ist, sei es, weil er wirksam entlastet wurde.

 

Rz. 25

 

Beispiel

Die Beiräte bemerken infolge unzureichender Rechnungsprüfung nicht, dass der Verwalter das Gemeinschaftsvermögen veruntreute. Kurz nachdem die Veruntreuung auffliegt, meldet der Verwalter Insolvenz an. Die Gemeinschaft verklagt die Beiräte auf Schadensersatz. i.H.v. 50.000,00 EUR – Mit Erfolg, weil diese die bei der Belegprüfu...

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