Rz. 17

Ausnahmsweise kann sich der Erbe in der Zwangsvollstreckung auf eine Haftungsbeschränkung auch ohne Erwirken eines Vorbehaltes berufen.

 

Hinweis

Ergibt sich allerdings die Chance hierzu, ist aus Gründen anwaltlicher Vorsicht gleichwohl zu raten, deklaratorisch einen Vorbehalt aufnehmen zu lassen.[10]

Bei Titeln, aus denen sich eindeutig ergibt, dass sie nur zur Vollstreckung in den Nachlass tauglich sind, braucht es keinen Vorbehalt.

Solche Fälle sind ausdrücklich in § 780 Abs. 2 ZPO genannt: der Fiskuserbe, § 1936 BGB,[11] bei Verurteilung eines Nachlassverwalters, Nachlasspflegers oder Testamentsvollstreckers als Partei kraft Amtes sowie über den Wortlaut hinaus bei Verurteilung eines Nachlassinsolvenzverwalters.

 

Rz. 18

Darüber hinaus braucht es keinen Vorbehalt,

bei Individualansprüchen wie Ansprüche auf Herausgabe, Übereignung oder Duldung der Zwangsvollstreckung in Nachlassgegenstände,
bei einer Gesamthandsklage gegen Miterben gemäß § 2059 Abs. 2 BGB; denn aus einem solcherart erwirkten Urteil kann nur in den Nachlass vollstreckt werden, oder
wenn die Verurteilung bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 2060 BGB nur anteilig erfolgt,[12]
bei der Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers.[13]
 

Hinweis

Liegen die Voraussetzungen für § 2060 BGB erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren vor, so ist ein Vorbehalt erforderlich, damit der Erbe gegen eine Vollstreckung, die über seinen Anteil hinausgeht, mit der Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 785, 767 ZPO vorgehen kann.

 

Rz. 19

Ergab sich bisher für den Erben nicht die Möglichkeit, die Einrede der beschränkten Erbenhaftung zu erheben, so braucht es auch keinen Vorbehalt, um sich das Recht der Haftungsbeschränkung zu sichern.

Das ist zum einen der Fall,

wenn der Titel noch gegen den Erblasser erwirkt wurde,
bei Vollstreckung aus der Insolvenztabelle[14] und
nach h.M. beim Klauselumschreibungsverfahren nach § 727 ZPO.[15]
 

Hinweis

Die Ansicht geht darauf zurück, dass der Schuldner im Rahmen der Klauselumschreibung nicht angehört wurde. Nach neuerer BGH-Rechtsprechung ist der Schuldner aber vor Klauselerteilung zu hören.[16] Zumindest wenn dies geschieht, ist aus Gründen anwaltlicher Vorsicht dringend anzuraten, die Einrede der beschränkbaren Erbenhaftung zu erheben und auf Aufnahme eines Vorbehaltes zu drängen.

Bei der Klauselumschreibung durch Klauselerteilungsklage gemäß § 731 ZPO entspricht dieses Vorgehen schon heute der h.M.[17]

 

Rz. 20

Schließlich ist nach der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass es im Steuerfestsetzungsverfahren keines Vorbehaltes bedarf.[18]

 

Hinweis

Einen Sonderfall stellen die § 102 SGB XII und § 34 SGB II dar. Hier ist die Haftung zwar kraft Gesetzes auf den Nachlass beschränkt, § 102 Abs. 2 SGB XII bzw. § 34 Abs. 2 SGB II.[19] Dies allerdings rein wertmäßig. Eine Vollstreckung in das Eigenvermögen bleibt möglich. Soll es möglich bleiben, diese zu verhindern, braucht es einen Vorbehalt.

Ähnlich auch, wenn der Erbe als Zustandsverantwortlicher in Anspruch genommen wird; auch hier ist die Haftung auf den Verkehrswert des sanierten Grundstücks sowie auf den Wert des Nachlasses beschränkt.[20] Wird der Erbe als Rechtsnachfolger wegen Haftung des Erblassers aus BBodSchG in Anspruch genommen, so gelten die allgemeinen Regeln.

[10] OLG Hamm OLGR 1997, 45; BeckOK/Preuss, § 780 ZPO Rn 9; BeckOGK/Herzog, § 1990 BGB Rn 160.
[11] Siehe hierzu OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.5.2015 – 6 W 36/15, ErbR 2015, 689 = ZEV 2015, 589 und BGH, Urt. v. 17.2.2017 – V ZR 147/16, ErbR 2017, 555 = ZErb 2017, 333 = ZEV 2017 2017, 453: Greift der Kläger allein den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung an, ist die Revision mangels Beschwer jedenfalls dann unzulässig, wenn der Vorbehalt nach § 780 Abs. 2 ZPO entbehrlich war.
[12] Zöller/Stöber, § 780 ZPO Rn 5.
[13] OLG Hamm, Beschl. v. 31.8.2016 – 15 W 273/16, ErbR 2017, 447 = ZEV 2017, 41: Offen bleibt, ob eine Beschränkung der Haftung der Erben für die Nachlasspflegervergütung auf den Bestand des Nachlasses bereits aus der Natur des gegen den oder die Erben gerichteten Festsetzungsbeschlusses folgen kann (so wohl OLG Celle, Beschl. v. 30.6.2016 – 6 W 81/16, ErbR 2016, 604). Auch wenn man – wozu der Senat eher neigt – den Anspruch des Nachlasspflegers gegen die Erben auf Zahlung der Vergütungsforderung als Nachlassverbindlichkeit sieht, für die der Erbe grds. gem. § 1967 Abs. 1 BGB mit seinem ganzen Vermögen einzustehen hat, ist im Rahmen des Festsetzungsverfahrens kein Raum für den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung. Denn der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung erfolgt aufgrund einer Einrede des Erben, die der Sache nach auf dem materiellen Recht beruht. Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch sind aber wegen des gesetzlich vorgegebenen, eingeschränkten Prüfungsumfangs des Vergütungsfestsetzungsverfahrens in dessen Rahmen nicht möglich, sondern einem nachfolgenden Zivilprozess vorzubehalten (vgl. BGH, Beschl. v. 11.4.2012 – XII ZB 459/...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge