1. Grundlagen

 

Rz. 179

Die Grundlage für den elektronischen Rechtsverkehr zwischen den Familiengerichten und den Versorgungsträgern bildet der durch das VAStrRefG neu gefasste § 229 FamFG. Die Regelung geht auf einen Änderungsvorschlag zurück, den der Bundesrat unterbreitet hatte.[60] Ihr Sinn ist es, die Kommunikation zwischen Gericht und Versorgungsträgern zu vereinfachen und zu beschleunigen und v.a. auch Zustellungen zu vereinfachen. Dafür besteht nach dem Inkrafttreten des neuen Versorgungsausgleichsrechts ein besonderes Bedürfnis, weil das VAStrRefG vorsieht, dass grds. alle in der Ehe erworbenen Versorgungsansprüche – einschließlich der betrieblichen und privaten Vorsorge – einzeln geteilt werden. Die Anzahl der an einem Verfahren beteiligten Versorgungsträger wird sich damit i.d.R. erheblich vergrößern. Das erhöht auch die Zahl derjenigen, an die die Endentscheidung im Versorgungsausgleichsverfahren zugestellt werden muss. § 229 FamFG schafft deswegen eine neue Art der vereinfachten Zustellung in Versorgungsausgleichssachen.

[60] BR-Drucks 343/08 [B], S. 12.

2. Teilnahme am Übermittlungsverfahren

 

Rz. 180

Die Regelung gilt für Familiengerichte und Versorgungsträger, die nach § 219 FamFG an einem Verfahren in Versorgungsausgleichssachen beteiligt werden. Die Teilnahme an einem elek­tronischen Übermittlungsverfahren wird durch die Regelung zunächst nur ermöglicht, sie wird nicht zwingend vorgeschrieben. Hat sich aber ein Gericht oder ein Versorgungsträger einmal für die Teilnahme an dem Übermittlungsverfahren entschieden, dann soll dieses Verfahren auch genutzt werden (§ 229 Abs. 3 FamFG).

 

Rz. 181

Die Entscheidung für die Teilnahme am elektronischen Übermittlungsverfahren bedarf keiner förmlichen Entscheidung. Sie erfolgt allein durch die faktische Ingebrauchnahme des Systems.[61]

[61] BT-Drucks 16/11903, S. 118.

3. Anforderungen an das Übermittlungsverfahren

 

Rz. 182

Die Übermittlung braucht nicht von den Gerichten und Versorgungsträgern selbst vorgenommen zu werden. Es ist zulässig, damit Dritte zu beauftragen (§ 229 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Das entspricht der Lage im allgemeinen Zustellungsrecht. Der Dritte ist dann beliehener Unternehmer. Er kann den hoheitlichen Akt der Zustellung bewirken und als Eingangsstelle für Übermittlungen an das Gericht dienen.

 

Rz. 183

Für das Übermittlungsverfahren stellt § 229 Abs. 2 FamFG Anforderungen auf: Gefordert wird ein bundeseinheitlicher Standard, der die Authentizität und die Integrität der Daten gewährleistet. Bei der Nutzung allgemein zugänglicher Netze muss ein Verschlüsselungsverfahren anwendet werden, das die Vertraulichkeit der übermittelten Daten sicher stellt.

 

Rz. 184

Zur Schaffung des bundeseinheitlichen Standards für die Datenübermittlung in Versorgungsausgleichssachen ist vorgesehen, den Datenverkehr über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) vorzunehmen, durch das auch schon der Datenverkehr zwischen den Notaren und Handelsregistergerichten abgewickelt wird. Ob es dazu kommen wird, ist noch offen. Es ist aber andererseits auch nicht erforderlich, dass tatsächlich ein einheitliches System genutzt wird, wenn nur sichergestellt ist, dass überall ein gleicher Standard verwendet wird. Die Einzelheiten sollen noch von der Bund-Länder-Kommission Elektronischer Rechtsverkehr im Benehmen mit den Versorgungsträgern geklärt werden.

 

Rz. 185

Das System muss die Authentizität und die Integrität der Daten gewährleisten. Das versteht sich an sich im Hinblick auf andere Regelungen, welche eine entsprechende Art der Datenübermittlung vorsehen (vgl. § 55a Abs. 1 VwGO) von selbst. Ein Übermittlungsweg, der nicht gewährleistet, dass genau die Daten übermittelt werden, welche abgeschickt werden, oder der nicht gewährleistet, dass die Daten unmanipuliert bleiben, ist für ein Verfahren, in dem es um die Aufteilung von wesentlichen Vermögenswerten geht, ungeeignet. Eine elektronische Signatur stellt regelmäßig die Authentizität der Daten sicher.

 

Rz. 186

Dass die Daten bei der Benutzung eines allgemeinen Netzes verschlüsselt werden müssen, versteht sich angesichts der Sensibilität der betroffenen Daten und ihres hohen Maßes an Personenbezogenheit nahezu von selbst. Die Regelung in § 229 Abs. 2 Nr. 3 FamFG dient deswegen mehr der Klarstellung als dass sie etwas grundlegend Neues statuiert.

4. Verpflichtung zur Nutzung des Übermittlungsverfahrens

 

Rz. 187

§ 229 ordnet zwar keine Verpflichtung zur Teilnahme am elektronischen Übermittlungsverfahren an, schränkt aber das Ermessen in Bezug auf die Nutzung des Systems ein, wenn der grundsätzliche Wille zur Teilnahme bereits manifestiert wurde: Sobald das Verfahren technisch verfügbar ist, soll das Übermittlungsverfahren auch immer genutzt werden. Die Gesetz gewordene Fassung geht damit noch über den Ausgangsvorschlag des Bundesrates hinaus, der generell die Freiwilligkeit der Nutzung des Systems erhalten wollte.

 

Rz. 188

Das Gericht soll also dem Versorgungsträger die Auskunftsersuchen nach § 220 FamFG auf elektronischem Wege übermitteln und so bekannt geben (§ 15 Abs. 1 FamFG). Der Versorgungsträger soll dem Gericht umgekehrt Auskünfte nach § 220 FamFG und Erklärungen nach § 222 Abs...

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