Rz. 144

§ 221 Abs. 1 FamFG nimmt die vorher in § 222 FamFG a.F. und im alten Recht in § 53b Abs. 1 FGG a.F. enthaltene Regelung auf und bestimmt, dass das Gericht die Versorgungsausgleichssache mit den Ehegatten in einem Termin erörtern soll. Der Erörterung kommt nach der Reform des materiellen Versorgungsausgleichsrechts eine ganz erhebliche Bedeutung zu. Waren früher die Aufteilungsregelungen mehr oder weniger zwingend, sind heute in wesentlich größerem Umfang Vereinbarungen der Eheleute zulässig (vgl. § 6 VersAusglG, Einzelheiten siehe § 7 Rdn 13 ff.). Bei der Erörterung kann das Gericht bei entsprechenden Anhaltspunkten auf die Möglichkeiten hinweisen, zweckmäßige Vereinbarungen zu schließen (vgl. § 36 Abs. 1 FamFG). Außerdem werden die Spielräume für Ermessens- und Billigkeitsentscheidungen des Gerichts erweitert, etwa der Durchführung des Ausgleichs trotz geringer Werte (§ 18 Abs. 3 VersAusglG) oder der Härtefallprüfung (§ 27 VersAusglG). In diesen Fällen ist die Erörterung aller maßgeblichen Gesichtspunkte mit den Eheleuten angezeigt.

 

Rz. 145

Ggü. dem früheren Recht ist die Norm insofern enger, als die Erörterungspflicht auf die Ehegatten beschränkt ist. Das schließt es aber nicht aus, die Angelegenheit auch mit den anderen Beteiligten zu erörtern. Insofern besteht nur keine Pflicht zur Erörterung. Maßgebend ist insofern nur die Kann-Vorschrift des § 32 Abs. 1 FamFG. In den meisten Fällen werden die Versorgungsträger auf eine Erörterung auch keinen Wert legen. In diesem Zusammenhang ist aber auch § 220 Abs. 4 FamFG zu beachten: Nach dieser Regelung ist der Versorgungsträger verpflichtet, die nach § 5 VersAusglG benötigten Werte einschließlich einer übersichtlichen und nachvollziehbaren Berechnung mitzuteilen. Das Gericht kann den Versorgungsträger dann von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten auffordern, die Einzelheiten der Wertermittlung zu erläutern (§ 220 Abs. 4 Satz 2 FamFG). Diese Regelung kann in den praktischen Konsequenzen durchaus auch zu Erörterungen mit den Versorgungsträgern führen. Jedoch handelt es sich insofern nicht um eine zwingende Erörterung, sondern um eine solche, welche in das Ermessen des Gerichts gestellt ist.

 

Rz. 146

Weiter als die frühere Regelung ist § 221 Abs. 1 FamFG, als nun wegen der Stellung der Norm klar ist, dass das Erörterungsgebot sich auf alle Verfahren des Versorgungsausgleichs bezieht, gleichgültig, ob es sich um einen Ausgleich bei der Scheidung (§§ 9 ff. VersAusglG) oder um einen Ausgleich nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG) handelt. Auch alle Nebenverfahren sind erfasst.

 

Rz. 147

Wie bisher auch hat das Erörterungsgebot wirklich eigenständige Bedeutung nur in den Fällen, in denen die Versorgungsausgleichssache nicht im Verbund mit einer Ehesache steht, denn in diesen Fällen ergibt sich das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung – und damit auch der Erörterung der Sach- und Rechtslage – schon aus § 137 Abs. 1 FamFG. Relevant wird das Erörterungsgebot also bei selbstständiger Durchführung eines Ausgleichsverfahrens bei der Scheidung (z.B. nach vorausgegangener Auslandsscheidung), nach Abtrennung eines Versorgungsausgleichsverfahrens (§ 140 Abs. 2 FamFG) und in den Verfahren, die den Ausgleich nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG), die Abänderung von Versorgungsausgleichsentscheidungen (§§ 225 ff. FamFG) oder die Anpassung von Versorgungsausgleichsentscheidungen (§§ 33 f. VersAusglG) betreffen, weil diese nicht bzw. im Regelfall nicht im Verbund stehen.

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