Rz. 326

Die Zeugen sind nach § 394 Abs. 1 ZPO durch das Gericht einzeln und in Abwesenheit der später anzuhörenden Zeugen zu vernehmen.

 

Rz. 327

Dabei soll der Zeuge nach § 396 Abs. 1 ZPO sein Wissen zunächst im Zusammenhang bekunden.

 

Rz. 328

 

Hinweis

Gerade wenn der Bevollmächtigte des Beweisgegners Anlass zu der Annahme hat, dass der Zeuge seine Aussage lediglich "auswendig gelernt" hat, sollte er auf diese Form der Vernehmung bestehen, da sich dann sehr schnell zeigt, ob der Zeuge in der Lage ist, in seine Darstellung Details einzubinden, die lediglich am Rande des Geschehens relevant werden, die Gesamtdarstellung aber abrunden. Diese Form der Befragung kann auch im Rahmen der Erörterung vor der eigentlichen Beweisaufnahme in Abwesenheit des Zeugen angesprochen werden.

 

Rz. 329

Der Zeuge ist berechtigt, eine schriftlich vorbereitete Aussage vorzulegen.[206] Diese ist dann zu verlesen und zu Protokoll zu nehmen.

 

Rz. 330

 

Tipp

Der Bevollmächtigte des Beweisgegners sollte allerdings – soweit dies das Gericht nicht schon von sich aus veranlasst – sehr genau klären, wo und von wem und in welchen Zusammenhängen diese schriftliche Erklärung gefertigt wurde, insbesondere, ob der Beweisführer hieran in irgendeiner Form beteiligt war. Auch sollten Fragen zur Ergänzung der schriftlichen Aussage gestellt werden, um zu hinterfragen, ob diese tatsächlich von dem Zeugen stammt. Auch ist zu klären, warum der Zeuge meinte, seine Aussage schriftlich niederlegen zu müssen, d.h. ob hierfür ein glaubhafter und nachvollziehbarer sachlicher Grund vorliegt.

 

Rz. 331

Das Gericht hat nach § 396 Abs. 2 ZPO sodann die Aussage durch eigene Fragen zu vertiefen, soweit hierzu Anlass besteht und das Beweisthema nicht erschöpfend beantwortet wurde.

 

Rz. 332

Erst im Anschluss daran[207] ist den Parteien selbst bzw. ihren Bevollmächtigten Gelegenheit zu geben, dem Zeugen diejenigen Fragen "vorlegen zu lassen", die die Partei zur Aufklärung der Sache oder des Rechtsverhältnisses für dienlich erachtet.

 

Rz. 333

In der Praxis erlauben die Gerichte regelmäßig, dass die Parteien dabei die Zeugen selbst befragen, soweit die Formen der Höflichkeit gewahrt und tatsächlich Fragen gestellt und nicht nur Vorwürfe oder unberechtigte Vorhalte gemacht werden. Dem Bevollmächtigten steht nach § 397 Abs. 2 ZPO ausdrücklich ein eigenes Fragerecht zu.

 

Rz. 334

Neben den Parteien und ihren Bevollmächtigten sind auch der Streithelfer und sein Bevollmächtigter nach § 397 ZPO berechtigt, Fragen zu stellen.[208]

 

Rz. 335

Zulässig sind grundsätzlich nur Fragen zum Beweisthema selbst. Ausforschungsfragen oder Suggestivfragen sollten von dem Gericht – ggf. auf Bitten des Beweisgegners – unterbunden werden.

 

Rz. 336

Die Fragen sind grundsätzlich nach Abschluss der Vernehmung des Zeugen durch das Gericht nach § 396 ZPO im gleichen Beweisaufnahmetermin zu stellen, sodass eine spätere erneute Ladung des Zeugen zur Beantwortung von weiteren Fragen grundsätzlich ausscheidet. Allerdings steht dies nach § 398 ZPO im Ermessen des Gerichts.[209]

 

Rz. 337

Eine erneute Ladung des Zeugen zur Beantwortung weiterer Fragen ggf. auch unter Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO kann allerdings dann veranlasst sein, wenn es der Partei erst nach der Beweisaufnahme möglich ist, objektive Anhaltspunkte dafür vorzulegen, dass der Zeuge ganz oder teilweise nicht die Wahrheit gesagt oder nicht vollständig zur Sache bekundet hat.

 

Rz. 338

Ergeben sich aus den Aussagen verschiedener Zeugen Widersprüche, so kann das Gericht nach § 394 Abs. 2 ZPO veranlassen, dass sich die Zeugen gegenübergestellt werden.

 

Rz. 339

 

Tipp

Sind widersprüchliche Aussagen zu erwarten, kann der Bevollmächtigte das Gericht nach der Vernehmung eines Zeugen bitten, diesen zum Zwecke der späteren Gegenüberstellung noch nicht zu entlassen.

 

Rz. 340

Beruft sich der Bevollmächtigte im Berufungsverfahren auf Widersprüche in der Aussage eines Zeugen, darf das Berufungsgericht die Aussage nur anders werten, wenn es zuvor den Zeugen persönlich angehört hat.[210] Eine andere Würdigung ist damit ausgeschlossen, wenn sich der Zeuge im Berufungsverfahren – berechtigt – auf ein Zeugnisverweigerungsrecht beruft.[211]

[206] Zöller/Greger, § 396 Rn 2.
[207] BGH MDR 1991, 672; BAG NJW 1983, 1691.
[208] Zöller/Greger, § 397 Rn 1.
[209] BGHZ 35, 370.
[210] BGH GRUR-RR 2012, 312; BGH MDR 2009, 1126; BGH FamRZ 2006, 946 = VersR 2006, 949.
[211] BGH NJW 2007, 372 = MDR 2007, 270 = BGH-Report 2007, 204.

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