Rz. 663

Statt der Parteivernehmung auf Antrag oder von Amts wegen greifen insbesondere die Instanzgerichte regelmäßig auf § 141 ZPO und die hier begründete Möglichkeit zurück, das persönliche Erscheinen der Parteien zur weiteren Sachverhaltsaufklärung anzuordnen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens gem. § 141 Abs. 1 ZPO dient weder der einseitigen Förderung der Interessen einer bestimmten Partei noch richtet sie sich gegen einen anderen Prozessbeteiligten und kann somit bei richtigem Verständnis von einer vernünftigen Partei nicht als Indiz für eine parteiische Haltung des Richters gewertet werden. Ob das erkennende Gericht das persönliche Erscheinen anordnet, steht in seinem Ermessen und hängt in erster Linie von Zweckmäßigkeitserwägungen ab. Es steht dem Gericht insbesondere frei, bei einer Mehrheit von Parteien nur einzelne von diesen persönlich zum Verhandlungstermin zu laden.[404] Enger sieht das das LG Aachen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei gem. § 141 Abs. 1 ZPO stehe zwar im Ermessen des Gerichts, setze aber voraus, dass nach Einschätzung des Gerichts ohne persönliche Erörterung mit der Partei hinreichende Klarheit über den Sachverhalt nicht zu erzielen sei. Es reiche nicht aus, dass die Anwesenheit der Partei "lediglich" wünschenswert erscheint, etwa mit dem Ziel eines Vergleichsabschlusses.[405]

 

Rz. 664

Liegen sonstige Beweismittel und Indizien vor, die die für die Gegenseite günstige Zeugenaussage objektiv stützen, entfällt die Notwendigkeit einer formellen Vernehmung oder auch nur einer zu protokollierenden Anhörung der benachteiligten Partei.[406]

 

Rz. 665

Die Partei ist grundsätzlich verpflichtet, einer Anordnung ihres persönlichen Erscheinens zur weiteren Sachaufklärung nach § 141 ZPO Folge zu leisten. Eine Ausnahme hiervon besteht nach § 141 Abs. 1 S. 2 ZPO nur dann, wenn der Partei wegen der großen Entfernung oder aber aus sonstigem wichtigem Grunde, etwa einer Behinderung oder unaufschiebbaren persönlichen oder geschäftlichen Terminen, das persönliche Erscheinen nicht zumutbar ist. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines im Ausland lebenden Ausländers als Partei kann durch ein deutsches Gericht auch gegenüber einem EG-Bürger allerdings nicht gem. § 380 ZPO durch Ordnungsmaßnahmen erzwungen werden.[407] Die Reisekosten der auswärtigen Partei zur Wahrnehmung eines Termins, zu dem das persönliche Erscheinen beider Parteien angeordnet war, sind i.d.R. auch dann zu erstatten, wenn die Partei es unterlassen hat, dem Gericht die notwendige Anreise vom auswärtigen Wohnort mitzuteilen.[408]

 

Rz. 666

Steht der Partei kein Grund zur Seite, der ihr Ausbleiben rechtfertigt, und erscheint sie gleichwohl nicht, kann gegen sie ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Beweisaufnahmetermin nicht erschienenen Zeugen nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO verhängt werden. Allerdings zeigt sich die Rechtsprechung hier sehr zurückhaltend:

Wenn der Richter das persönliche Erscheinen einer Partei zur Güteverhandlung angeordnet hat, darf er zunächst im Fall des unentschuldigten Ausbleibens das an sich zulässige Ordnungsgeld nicht festsetzen, sofern die Partei nicht auf die Folgen ihres Ausbleibens hingewiesen worden ist.[409]
Kann die Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet wurde, nichts zur Sachverhaltsaufklärung beitragen, kommt im Falle ihres Nichterscheinens die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht in Betracht.[410] Gleiches gilt, wenn der Rechtsstreit ohne weitere Sachverhaltsklärung erledigt wird.[411]
Die Verhängung eines Ordnungsgeldes gem. § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO setzt infolge des zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine tragfähige und ausreichende Begründung voraus. Diese muss die Entscheidungskriterien erkennen lassen und unter Abwägung aller Gesichtspunkte des Für und Wider darlegen, warum das Gericht ein Ordnungsgeld für erforderlich hält. Das bloße Ausbleiben im Termin trotz Ladung rechtfertigt ein Ordnungsgeld nicht. Ebenso muss konkret begründet werden, warum ein Terminsvertreter zur Sachverhaltsaufklärung nichts beitragen konnte.[412] Fehlt es an einer ausreichenden Begründung, ist der mangelhafte Beschluss aufzuheben.[413]
Ergeht gegen die nicht erschienene Partei, deren persönliches Erscheinen gem. § 141 Abs. 1 ZPO angeordnet worden ist, ein Versäumnisurteil, soll die Verhängung eines Ordnungsgeldes gem. § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO ermessensfehlerhaft sein.[414]
Gegen die ordnungsgemäß geladene, im Termin aber ausgebliebene und nicht ausreichend entschuldigte Partei darf ein Ordnungsmittel nach Verkündung des auf die mündliche Verhandlung ergangenen Urteils ebenfalls nicht mehr festgesetzt werden.[415]
Hat die gem. § 141 Abs. 1 ZPO persönlich geladene Partei zu dem Termin ihren Prozessbevollmächtigten gem. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO als Vertreter entsandt, ist die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Partei nur dann gerechtfertigt, wenn der entsandte Vertreter auch tatsächlich nicht imstande ist, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen oder die gebot...

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