Rz. 86

Der Mandant kann seinen Anspruch auch von einem Dritten in gewillkürter Prozessstandschaft führen lassen, wenn er die Voraussetzungen der Prozessstandschaft begründen oder jedenfalls gestalten kann.

 

Rz. 87

Voraussetzung der gewillkürten Prozessstandschaft ist, dass

der Mandant den Dritten zur Geltendmachung des Anspruchs in eigenem Namen ermächtigt, was sich auch aus schlüssigem Verhalten ergeben kann;[37]
das Recht grundsätzlich abtretbar ist und einem Dritten zur Ausübung überlassen werden kann;
der Prozessstandschafter, d.h. der klagende Dritte im Prozess klarstellt, dass und für wen er als Prozessstandschafter auftritt;
der Prozessstandschafter ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran hat, das Recht im eigenen Namen geltend zu machen.[38]
 

Rz. 88

 

Hinweis

Hier liegt in der Praxis der Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit dem Klagegegner, wenn die Prozessstandschaft zu einer Änderung der Beweissituation führt, in der der eigentliche Anspruchsinhaber nun als Zeuge benannt werden kann.

 

Rz. 89

Die Schutzwürdigkeit eines Interesses des Prozessstandschafters wurde in folgenden Fällen bejaht:

Klage eines BGB-Gesellschafters wegen einer Forderung der Gesellschaft bei Ermächtigung durch die Gesellschaft bzw. alle übrigen Gesellschafter,[39]
Klage des Pflichtteilberechtigten für den Erben,[40]
Klage eines Pächters auf Herausgabe eines Grundstückes nach § 985 BGB an sich selbst anstelle des Eigentümers,[41]
Klage eines Wohnungseigentümers wegen Mängel aller Wohnungseigentümer, wenn er hierzu von diesen ermächtigt wurde,[42]
ein Ehegatte macht mit Zustimmung des anderen Ehegatten Ansprüche aus Mängelbeseitigung aus dem gemeinsamen Bau eines Hauses geltend.[43]
 

Rz. 90

Verneint wurde das schutzwürdige Interesse dagegen bei der willkürlichen Verschiebung der Prozessrollen, um das Kostenrisiko auszuschließen oder zu mindern, etwa wenn allein der Prozessstandschafter PKH-berechtigt ist.[44]

 

Rz. 91

In den Fällen der gewillkürten Prozessstandschaft kann dann der Rechtsinhaber als Zeuge vernommen werden, sodass die Beweislage auf diese Weise nachhaltig verbessert werden kann.

 

Rz. 92

 

Hinweis

Die Tatsache, dass nun der Rechtsinhaber als Zeuge vernommen werden kann, steht der Zulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft nach der ausdrücklichen Rechtsprechung des BGH für sich allein genommen nicht entgegen.[45] Allerdings ist dieser Umstand in der Beweiswürdigung durch das Gericht zu berücksichtigen. In der Regel wird es unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit die gegnerische Partei nach § 141 ZPO anhören. Ungeachtet dessen ist jedenfalls formal die bessere Position erreicht bzw. der Mandant in die Lage versetzt, überhaupt einen Beweis anbieten zu können.

 

Rz. 93

Alternativ zur Prozessstandschaft kommt natürlich auch die Abtretung des Anspruchs an einen Dritten in Betracht, der diesen dann in eigenem Namen geltend macht. Dabei ist zu beachten, dass sich die Abtretung als Vertrag darstellt, d.h. es nicht nur einer Abtretungserklärung bedarf, sondern auch einer entsprechenden Annahmeerklärung.[46]

[37] BGHZ 94, 117; OLG Oldenburg, BauR 1991, 465–467.
[38] BGHZ 92, 349; 96, 152; OLG Hamm, ErbR 2016, 269 ff.
[39] BGH NJW 1988, 1585; 1987, 3121.
[40] BGH NJW-RR 1988, 126.
[41] BGH NJW-RR 1986, 158.
[42] BGHZ 100, 391.
[43] BGHZ 94, 117.
[45] BGH NJW 1988, 1585.
[46] Dazu die nachfolgenden Ausführungen unter Rdn 94.

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