Rz. 181

Das Verfahren vor den Arbeitsgerichten ist grds. ähnlich wie der Zivilprozess aufgebaut. Gemäß §§ 46 ArbGG, 495 ZPO sind die Vorschriften über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend anzuwenden, es sei denn, es ist etwas anderes im ArbGG geregelt. So gelten im arbeitsgerichtlichen Verfahren meist kürzere Fristen (siehe Rdn 201).

 

Rz. 182

Die für Arbeitnehmer wohl wichtigste Frist ist jedoch die Frist zur Einlegung der Kündigungsschutzklage. Diese beträgt drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung gem. § 4 KSchG. Bei dieser Frist handelt es sich nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern sie dient vielmehr der materiell-rechtlichen Präklusion. Die Kündigung gilt nämlich als von Anfang an rechtswirksam, wenn sie nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist angegriffen wird (Wirksamkeitsfiktion gem. § 7 KschG).

 
Hinweis

In einer Kündigungsschutzsache muss immer bereits bei telefonischer Vereinbarung eines Besprechungstermins der Zugang der Kündigung erfragt werden, um die Frist für die Kündigungsschutzklage gleichwohl zu berechnen und um so ein Fristversäumnis vorzubeugen.

 

Rz. 183

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren unterscheidet man zwischen Urteils- und Beschlussverfahren.

1. Urteilsverfahren

 

Rz. 184

Im Urteilsverfahren werden sämtliche individualarbeitsrechtlichen Verfahren entschieden. In der Regel sind dies Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitsnehmern aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Kündigungsschutzklage) oder zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften.

 

Rz. 185

Die Parteien im Urteilsverfahren nennt man Kläger und Beklagter.

 

Rz. 186

Der Kläger kann das Verfahren durch schriftliche Klageerhebung oder indem er die Klageerhebung mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Arbeitsgerichtes erklärt einleiten. Der Vorsitzende bestimmt sodann einen Termin zur Güteverhandlung, Für Kündigungsschutzklage soll dieser erste Gütetermin 2 Wochen nach Eingang der Klage stattfinden. An der Güteverhandlung nimmt nur der Vorsitzende – nicht die ehrenamtlichen Richter – teil und erörtert mit dem Verfahrensbeteiligten das gesamte Sach- und Rechtsverhältnis. Es soll auf eine gütliche Einigung zwischen den Parteien hingewirkt werden.

 

Rz. 187

Scheitert eine gütliche Verhandlung oder ist eine Partei zum Gütetermin nicht erschienen, so schließt sich nach dem ArbGG eine weitere streitige Verhandlung an. Nach dem Gesetz könnte diese streitige Verhandlung sich direkt an die Güteverhandlung anschließen, in der Praxis wird in der Regel jedoch ein neuer Termin bestimmt. Diesen Termin nennt man auch Kammertermin, da dort der Spruchkörper aus dem Vorsitzenden und den beiden ehrenamtlichen Richtern besteht. Im Kammertermin findet sodann die streitige Verhandlung mit Beweisaufnahme statt. Die Kammer entscheidet am Ende des Verfahrens durch Urteil.

 

Rz. 188

Erscheint eine Partei nicht in der streitigen Verhandlung, kann gegen sie ein Versäumnisurteil ergehen, sofern die andere Partei dies beantragt hat.

 

Rz. 189

Gegen die erstinstanzlichen Urteile der Arbeitsgerichte können die Parteien Berufung einlegen, wenn

sie mit dem Urteil um mindestens 600,00 EUR beschwert sind (sogenannter Wert der Beschwer für die Berufung) oder
es sich um eine Berufung über ein Bestehen, Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses handelt oder
das Arbeitsgericht die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 64 Abs. 2 ArbGG unabhängig vom Wert der Beschwer zugelassen hat.
 

Rz. 190

Gegen die zweitinstanzlichen Urteile der Landesarbeitsgerichte ist das Rechtsmittel der Revision gegeben, wenn

die Revision bereits im Urteil des Landesarbeitsgerichts zugelassen worden ist oder
die Revision später durch einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts auf Antrag zugelassen wird.
 

Rz. 191

Die Revision wird dabei nur zugelassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsfortbildung hat oder wenn die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes abweicht.

Bei Nichtzulassung der Revision kann Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 72a ArbGG eingelegt werden.

 

Rz. 192

Die Notfristen für die Berufung und Revision im Arbeitsrecht betragen – wie in der ZPO – jeweils einen Monat ab Zustellung des vollständig abgefassten Urteils. Die Berufungs- und Revisionsfrist beginnt jedoch spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Urteilsverkündung (§§ 66 bzw. 74 ArbGG). Die Begründungsfristen betragen wie in der ZPO zwei Monate ab Zustellung des vollständig abgefassten Urteils.

 

Rz. 193

Die Nichtzulassungsbeschwerde muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils beim BAG schriftlich eingelegt werden und innerhalb einer weiteren Notfrist von zwei Monaten ab Urteilszustellung begründet werden.

 

Rz. 194

Nach § 76 ArbGG ist auch die Sprungrevision vom Arbeitsgericht zum Bundesarbeitsgericht zulässig, wenn beide Prozessparteien diesem Vorgehen schriftlich zugestimmt haben und das Arbeitsgericht die Sprungrevision z...

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