Rz. 41

Sofern der Schädiger die Vermeidung des Schadens nicht garantiert hat, haftet er für den Nachteil, der durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der – tatsächlich fehlerhaften – Auskunft entstanden ist (negatives Interesse); insoweit hat der Schädiger den Geschädigten so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten stünde (§ 249 BGB).[140] Ein solcher Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens infolge Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten wird durch das Interesse an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft begrenzt.[141] Eine solche Haftung des Auskunftgebers setzt voraus, dass dessen Vertragspartner im Endergebnis überhaupt einen Schaden erlitten hat.[142]

 

Rz. 42

Hat der Schädiger seine fehlerhafte Auskunft im Rahmen eines umfassenden Beratungsvertrages erteilt, haftet er grds. für alle Schäden, die sein Vertragspartner aus einer Vermögensentscheidung aufgrund der Auskunft erlitten hat, und zwar auch dann, wenn diese nur einen Einzelpunkt betroffen hat.[143]

Hat ein Anlageberater seine Pflichten schuldhaft verletzt, kann der geschädigte Anleger von ihm Schadensersatz in der Weise verlangen, dass er entweder an dem Geschäft festhält und Erstattung zusätzlicher Vermögenseinbußen fordert oder den "großen" Schadensersatz – Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Kapitalanlage – geltend macht.[144]

 

Rz. 43

Hat sich jemand infolge Verletzung der Auskunftspflicht eines Anlagevermittlers an einem Anlagemodell beteiligt, ist er so zu stellen, als wäre es nicht zu einer solchen Kapitalanlage gekommen.[145]

Im Wege der Vorteilsausgleichung sind grds. auch Steuerersparnisse anzurechnen, die der Geschädigte infolge der Schädigung erlitten hat, es sei denn, dass dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung – gegenzurechnende – steuerliche Nachteile entstehen (vgl. § 13 Rdn 35).[146]

 

Rz. 44

Derjenige, der als verdeckter Stellvertreter eine Auskunft für einen Dritten eingeholt hat, kann grds. nicht den Schaden geltend machen, den der Dritte im Vertrauen auf die fehlerhafte Auskunft erlitten hat (keine Drittschadensliquidation).[147]

[140] BGH, WM 1995, 941, 942 = NJW-RR 1995, 619, 620 (Steuerberater); BGH, WM 1996, 1101, 1105 = NJW-RR 1996, 826 (Steuerberater); BGH, WM 2003, 669, 672, insoweit nicht in BGHZ 153, 293; BGH, 9.2.2006 – III ZR 20/05, WM 2006, 668, Tz. 17 = NJW-RR 2006, 685 (Anlagevermittler); BGH, 15.1.2009 – III ZR 28/08, WM 2009, 540, Tz. 9 (Anlageberater) = NJW-RR 2009, 603.
[141] BGH, WM 1998, 142, 143 (Steuerberater).
[142] BGHZ 116, 209, 214 = WM 1992, 133 = NJW 1992, 555; BGH, WM 1998, 142, 143.
[143] BGHZ 116, 209, 212 = WM 1992, 133 = NJW 1992, 555; vgl. BGHZ 140, 235, 250 = WM 2001, 297 = NJW 2001, 962, für den Partner eines Anlagegeschäfts.
[145] BGH, WM 2000, 426, 429 = NJW-RR 2000, 998, 999; BGH, 9.2.2006 – III ZR 20/05, WM 2006, 668, 670 = NJW-RR 2006, 685, 670 f.; vgl. BGHZ 140, 111, 117, für einen besonderen Beratungsvertrag von Kaufvertragspartnern.
[146] BGH, 17.11.2005 – III ZR 350/04, WM 2006, 174, Tz. 7 ff. = NJW 2006, 499 (Anlagevermittler); BGH, 15.7.2010 – III ZR 336/08, DB 2010, 1874, Tz. 35 ff. (Treuhandkommanditist) = BGHZ 186, 205; vgl. OLG Karlsruhe, WM 2008, 691, 696.
[147] BGHZ 133, 36, 41 = NJW 1996, 2734 = WM 1996, 1618.

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