Rz. 41

Ein Wahlrecht[33] innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ist schon deshalb abzulehnen, weil nicht klar ist, welchem Ehegatten dieses Wahlrecht zusteht. Ein sachlicher Grund für die Bevorzugung des anspruchstellenden Ehegatten ist nicht ersichtlich.

 

Rz. 42

Zutreffender und dem jeweiligen Einzelfall angemessener erscheint der Lösungsansatz, aus der jeweiligen konkreten Zweckbestimmung der Einmalzahlung eine materiell-rechtliche Bindung abzuleiten.

 

Rz. 43

Auch bei einer Abfindung ist diese Zweckbestimmung aber nicht immer gleich. Bei der Behandlung einer Abfindung sind Besonderheiten zu beachten, da es sich um Einkommen im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses handelt.[34] Die Abfindung kann je nach ihrem arbeitsrechtlichen Hintergrund unterschiedlichen Zwecken dienen, so der zukunftsbezogenen Entschädigung für Lohneinbußen (etwa bei Sozialplanabfindungen), als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage oder als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und des mit diesem verbundenen sog. sozialen Besitzstandes.[35]

Aus der arbeitsrechtlichen Qualifikation der Abfindung lässt sich aber noch keine zwingende Vorgabe für deren unterhaltsrechtliche Behandlung entnehmen. Die Heranziehung der Abfindung ist vielmehr vorwiegend nach unterhaltsrechtlichen Regeln zu beurteilen. Ist die Abfindung Ersatz für Arbeitsverdienst und hat daher Einkommens- bzw. Lohnersatzfunktion; handelt sich also um ein vorweggenommenes kapitalisiertes Einkommen.[36] Daraus kann im Einzelfall ein Vorrang der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung abgeleitet werden.[37]

 

Rz. 44

Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn die Abfindung eben nicht (mehr) zur Sicherung des Lebensbedarfs dient.[38] Findet der Unterhaltspflichtige im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis sogleich eine neue Arbeitsstelle, die ihm ein der früheren Tätigkeit vergleichbares Einkommen einbringt, wird die Abfindung nicht zur Erhöhung des Einkommens herangezogen.[39] Entsprechendes gilt auch für eine Abfindung, die lediglich als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage gezahlt worden ist.

[33] Ein solches Wahlrecht befürworten Kogel, FamRZ 2004, 1614; Soyka, FuR 2005, 757; Bergschneider, FamRZ 2004, 1532.
[34] Vgl. Büte, Zugewinnausgleich bei Scheidung, 2012, Rn 77.
[36] Schulz, FamRZ 2006, 1238; Hoppenz, FamRZ 2006, 1243.
[37] OLG Saarbrücken FuR 2004, 260; OLG Köln OLGR 2004, 285.
[38] Schulz, FamRZ 2006, 1238.

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