Rz. 36

§ 252 BGB ist auch beim Vorteilsausgleich mit heranzuziehen: Das "gewöhnliche Maß der Dinge" ist, dass für die Erzielung von Einnahmen berufsbedingte Aufwendungen notwendig sind, die weder vom Arbeitgeber erstattet noch über die steuerliche Schiene aufgefangen werden (z.B. Fahrtkosten, Zweitwohnung, Reinigungskosten, Kleidung pp.). Als "gewöhnliches Maß" kann dabei durchaus auf die familienrechtlichen Bemessungsgrundlagen zurückgegriffen werden, auch wenn deren Besonderheiten zu sehen sind. Vom gewöhnlichen Maß Abweichendes hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich eine Verbesserung seiner Rechtsstellung davon verspricht. Dabei kommt dem Schadenersatzberechtigten wegen seiner Sachnähe eine erhöhte Darlegungslast zu.

 

Rz. 37

Das OLG Naumburg[36] erleichtert dem Ersatzpflichtigen dessen grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast: Der Ersatzpflichtige kann im Wege der Schätzung einen bestimmten Betrag vom bisherigen Einkommen des Verletzten als Ersparnis berufsbedingter Aufwendungen einwenden; dem Geschädigten obliegt es dann aufgrund seiner Sachnähe darzutun, ob und welche (geringeren) Aufwendungen ihm tatsächlich entstanden sind.[37]

 

Rz. 38

Dem Geschädigten bleibt stets der Nachweis unbenommen, dass die tatsächlich ersparten berufsbedingten Aufwendungen geringer sind. Der Verletzte hat dazu substantiiert darzulegen,[38] warum in seinem Fall neben Fahrtkostenaufwand auch keine sonstigen ersparten Mehraufwendungen entstanden wären.

[36] OLG Naumburg v. 23.9.1998 – 12 U 31/98 – SP 1999, 90; ebenso LG Meiningen, Hinweisbeschluss v. 18.12.2003 – 1 O 248/03 – (Bezüglich der ersparten Aufwendungen neigt die Kammer der Pauschalierung von 10 % des Einkommens [Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. Aufl. 2004, Rn 79], es sei denn eine niedrigere tatsächliche Ersparnis wird vom Geschädigten dargelegt und bewiesen); siehe auch BGH v. 9.11.2010 – VI ZR 300/08 – jurisPR-BGHZivilR 3/2011, Anm. 2 (Anm. Ebert) = MDR 2011, 29 = NJW 2011, 1146 = NZV 2011, 241 = r+s 2011, 83 = SP 2011, 71 = VersR 2011, 229 = VRS 120, 265 = zfs 2011, 200 (Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten, die Klägerin müsse sich Werbungskosten oder sonstige ersparte berufsbedingte Aufwendungen i.H.v. 10 % ihres hypothetischen Einkommens anrechnen lassen, unberücksichtigt gelassen. Bei seiner Prüfung in der Sache wird das Berufungsgericht die in Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze in Betracht zu ziehen haben [vgl. dazu etwa Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, § 8 Rn 16 ff., 33 ff.; Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl. 2010, Rn 78 f., jeweils m.w.N.]).
[37] KG v. 20.10.2005 – 12 U 31/03 – DAR 2006, 149 = NZV 2006, 207 = VersR 2006, 794 = zfs 2006, 147 (Anm. Diehl) (Berücksichtigung von 5 % ersparten berufsbedingten Aufwendungen bei Ermittlung des Schadens wegen verspäteten Berufseintritts); OLG Celle v. 29.11.2005 – 14 U 58/05 – SP 2006, 96 (Pauschal 5 % des Nettoeinkommens für ersparte berufsbedingte Aufwendungen); OLG Frankfurt v. 26.7.2005 – 17 U 18/05 – SP 2005, 338 (Pauschaler Abzug entsprechend den unterhaltsrechtlichen Regelungen mit 5 % des Nettoeinkommens auch nach Berücksichtigung der Arbeitnehmer-Werbungskostenpauschale des § 9a EStG); OLG Schleswig-Holstein v. 7.5.2009 – 7 U 26/08 – ­jurisPR-VerkR 17/2009 Anm. 3 (Anm. Wenker) = OLGR 2009, 509 = SchlHA 2009, 329 (Auf den Verdienstausfall anzurechnende Vorteile können mangels entgegenstehender Angaben auf 5 % des Nettoverdienstes geschätzt werden).
[38] OLG Schleswig-Holstein v. 7.5.2009 – 7 U 26/08 – jurisPR-VerkR 17/2009 Anm. 3 (Anm. Wenker) = OLGR Schleswig-Holstein 2009, 509 = SchlHA 2009, 329.

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