Leitsatz (amtlich)

Bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens ist eine Schätzung ersparter berufsbedingter Aufwendungen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls möglich. Dabei kann die Verminderung des noch zu ersetzenden entgangenen Verdienstes nach einem bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens ermittelt werden. Dieser Prozentsatz lässt sich nicht generell festlegen, sondern ist wiederum vom jeweiligen Fall abhängig.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 252, 842

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 28.02.2005; Aktenzeichen 4 O 418/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Verden vom 28.2.2005 wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 42 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 58 %.

Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 69 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 31 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 26.620,31 EUR.

 

Gründe

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO):

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin beansprucht zu Recht den vom LG ausgeurteilten Schadensersatz aus Anlass des Verkehrsunfalls auf der Kreisstraße 36 kurz vor O.-O. am 9.1.2003 gegen 19:30 Uhr.

Der Senat nimmt zunächst auf die Darstellung im angefochtenen Urteil Bezug (Bl. 198 d.A.).

1. Zutreffend nimmt das LG eine Einstandspflicht der Beklagten zu 100 % ggü. der Klägerin für die aus dem genannten Verkehrsunfall entstandenen Schäden an gem. §§ 823 Abs. 1 BGB, 7, 17 StVG. Entgegen der Meinung der Beklagten muss sich die Klägerin im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile auch nicht die Betriebsgefahr ihres eigenen Fahrzeugs auf die von ihr geltend gemachten Ansprüche anrechnen lassen. Auch wenn grundsätzlich der Anschein dafür spricht, dass derjenige, der - wie hier der Zeuge K. als Fahrer des Pkw der Klägerin - bei Dunkelheit auf ein liegengebliebenes Fahrzeug auffährt, entweder zu schnell gefahren ist oder zu spät reagiert hat, gilt das nicht gleichermaßen bei ungewöhnlich schwer zu erkennenden Hindernissen. Um ein solches handelte es sich jedoch bei dem seitlich unbeleuchteten Anhänger des Fahrzeugs des Beklagten zu 1, mit dem dieser aus seiner Sicht die Fahrspur der Gegenrichtung, auf der sich der Zeuge K. mit der Klägerin befand, in ihrer ganzen Breite versperrte. Der Beklagte zu 1 hat damit - im Unterschied zum Ansatz des LG, das ihm einen Verstoß gegen die aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 StVO folgende Vorfahrtsregelung angelastet hat - gegen die ihn gem. § 15 StVO obliegenden Pflichten verstoßen, auf sein liegengebliebenes Fahrzeug, das nicht rechtzeitig als stehendes Hindernis erkannt werden konnte, sofort durch Warnblinklicht und darüber hinaus durch Aufstellen von gut sichtbaren und auffällig warnenden Zeichen in ausreichender Entfernung eindeutig aufmerksam zu machen. Stattdessen befand sich der Anhänger sogar noch im "Lichtschatten" des Zugfahrzeugs, das mit eingeschalteter Beleuchtung bereits auf der Straße stand und aufgrund der dadurch hervorgerufenen Blendwirkung die hinter dem Lichtkegel des Unimogs des Beklagten zu 1) befindlichen Gegenstände für den Zeugen K. und die Klägerin noch schwerer erkennbar machte. Der vom LG vernommene Zeuge PK B., der den Unfall vor Ort aufgenommen hat, hat dazu klar bekundet, dass die Lichter an der Zugmaschine noch eingeschaltet gewesen seien, als er vor Ort eingetroffen sei, demgegenüber bei den Anhängern keinerlei Beleuchtung in Betrieb gewesen sei. Der Beklagte zu 1) habe ihm auf seine Frage, ob er irgendwelche Maßnahmen getroffen habe, die Gefahrensituation zu verhindern, keine Antwort gegeben (vgl. Bl. 155, 156 d.A.). Auch der Zeuge K. hat nach seiner Aussage "keinerlei Warnzeichen wahrgenommen" (Bl. 158 d.A.). Er hat auch bekundet, den Anhänger erst gesehen zu haben, nachdem er bereits durch den Lichtkegel des Unimogs hindurchgefahren gewesen sei (Bl. 158 d.A.).

Die Würdigung des LG, dass unter diesen Umständen eine etwaige, von dem Fahrzeug der Klägerin ausgehende Betriebsgefahr vollständig zurücktritt, ist nicht zu beanstanden (vgl. LGU 7).

2. Der Senat sieht keine Veranlassung, die vom LG im angefochtenen Urteil vorgenommene Berechnung des Verdienstausfallschadens der Klägerin (LGU 7-9) zu korrigieren. Die Beklagten beanstanden insoweit, dass das LG für ersparte berufsbedingte Aufwendungen nur 5 % und nicht 10 % abgezogen hat (Bl. 257 sowie erstinstanzlich Bl. 104 d.A.). Die vom LG gewählte Berechnungsmethode ist aber - jedenfalls für den vorliegenden Fall - vertretbar.

Bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens ist eine Schätzung ersparter berufsbedingter Aufwendungen anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls möglich. Dabei kann die Verminderung des noch zu ersetzenden entgangenen Verdienstes nach einem bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens ermittelt werden. Dieser Prozentsatz lässt sich abe...

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