aa) Mangelhaftes Werk

 

Rz. 43

Ist ein Gutachten als geschuldetes Werk i.S.d. §§ 631 ff. BGB mangelhaft (§ 633 BGB), weil der Gutachter gegen seine Vertragspflichten verstoßen hat, können dem Auftraggeber ("Besteller") die Rechte gem. § 634 BGB – darunter ein Schadensersatzanspruch nach § 634 Nr. 4 BGB – zustehen.[175]

Ist ein Dritter bei einem Gutachtenvertrag mit Schutzwirkung zu seinen Gunsten geschädigt worden, kann dieser Dritte einen solchen Schadensersatzanspruch gegen den Gutachter haben.[176]

[175] D. Fischer, WM 2014, Sonderbeilage Nr. 1, S. 37.
[176] D. Fischer, WM 2014, Sonderbeilage Nr. 1, S. 37; vgl. ferner BGH, 14.6.2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 = WM 2012, 1359, Tz. 18 sowie Schaub, Jura 2001, 8, 10 ff.

bb) Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des geschützten Dritten

 

Rz. 44

Leitet ein Dritter aus einem Gutachtenvertrag mit Schutzwirkung zu seinen Gunsten einen Schadensersatzanspruch gegen den Gutachter ab (§ 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280, 281, 283, 636 BGB), setzt ein solcher Anspruch voraus, dass der Gutachter die Verletzung seiner Vertragspflicht zur Herstellung eines mangelfreien Gutachtens (§§ 631, 633 BGB) zu vertreten (§§ 276 bis 278 BGB) und dadurch den geltend gemachten Schaden in adäquater Weise verursacht hat (§ 280 Abs. 1 BGB; vgl. § 5 Rdn 3 ff.).[177]

 

Rz. 45

Die haftungsrechtliche Zurechnung eines Schadens (vgl. § 5 Rdn 40 ff.) infolge eines mangelhaften Gutachtens entfällt, wenn der durch den Gutachtenvertrag geschützte Dritte die Unrichtigkeit des Gutachtens erkennt oder ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens hat und seine Dispositionen unabhängig vom Inhalt und Ergebnis des Gutachtens trifft.[178]

 

Rz. 46

Für die Ermittlung des Schadens des geschützten Dritten gem. §§ 249 ff. BGB ist es unerheblich, ob bei diesem ein Vertrauenstatbestand vorgelegen hat und Vertrauen enttäuscht wurde.[179] Sind mehrere geschützte Dritte – etwa eine hinter dem Auftraggeber stehende "Käufergruppe" – gemeinsam durch ein mangelhaftes Gutachten geschädigt worden, kann sich der ersatzfähige Schaden auf den Vermögensverlust beschränken, der einer Einzelperson in der gleichen Lage erwachsen wäre.[180] Eine gesetzliche Begrenzung der Haftungssumme, die ggü. dem Auftraggeber gilt, wirkt auch ggü. dem Dritten (vgl. Rdn 32 f., 64).[181]

[177] Zur Kausalität eines fehlerhaften Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers für eine Steuernachforderung: BGH, NJW 1983, 1053; zur Verursachung eines Kreditschadens durch einen mangelhaften Jahresabschluss: BGH, WM 1997, 359, 360 f., m. Anm. Laule, WuB 1997, 671 ff. (WuB IV A. § 328 BGB 1.97).
[178] BGH, NJW 2001, 512, 513 = WM 2001, 527; BGH, NJW 2002, 3625, 3626 = WM 2003, 546.
[179] BGH, NJW 2001, 514, 515 = WM 2001, 529.
[180] BGH, NJW 1984, 355, 356.
[181] BGHZ 138, 257, 266 = WM 1998, 1032 = NJW 1998, 1948, zu § 323 Abs. 2 HGB.

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