Rz. 15

Diese Voraussetzungen eines vertraglichen Drittschutzes sollen das von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmeinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, das den als unzureichend angesehenen deliktischen Vermögensschutz ergänzen soll, in den gebotenen engen Grenzen halten.[54]

Von dieser Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der – für Baurecht zuständige – VII. Zivilsenat des BGH mit seinem Urt. vom 25.9.2008 abgewichen, indem er vertraglichen Drittschutz gewährt hat, ohne dass er die beiden letztgenannten Voraussetzungen als erfüllt angesehen hat.[55] Die Kläger, die eine Eigentumswohnung erworben hatten, ließen den Erwerbspreis durch eine Bank finanzieren, die den Preis in Raten nach Bautenstandsberichten des vom Veräußerer beauftragten Architekten zu zahlen hatte; dies geschah aufgrund falscher Berichte des Architekten. Die Kläger hatten gegen den Veräußerer ein rechtskräftiges Urteil auf Schadensersatz erwirkt. Ihre Klage, auch den Architekten als Gesamtschuldner zum Schadensersatz zu verurteilen, war vom Berufungsgericht abgewiesen worden mit der Begründung, der Architektenvertrag zwischen dem Beklagten und dem Veräußerer habe keine Schutzwirkung für die Kläger, weil der Veräußerer kein besonderes Interesse gehabt habe, die Kläger in den Schutzbereich des Architektenvertrages einzubeziehen, und außerdem ein Schutzbedürfnis der Kläger fehle, weil sie einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch gegen den Veräußerer haben. Der VII. Zivilsenat des BGH hat das klageabweisende Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und einen vertraglichen Drittschutz zugunsten der Kläger bejaht. Die beiden ersten Voraussetzungen eines solchen Schutzes hat der Senat als erfüllt angesehen. Sodann hat er jedoch – abweichend von der übrigen höchstrichterlichen Rechtsprechung – entschieden, eines "besonderen" Interesses des Veräußerers, die Kläger in den Schutzbereich des Architektenvertrages einzubeziehen, habe es nicht bedurft, und außerdem entfalle die "Schutzwürdigkeit" der Kläger nicht, obwohl diesen ein gleichgerichteter Schadensersatzanspruch gegen den Veräußerer zustehe.[56] Dieser Entscheidung kommt für die Rechtsberaterhaftung keine Bedeutung zu.

[54] Dazu u.a. BGH, 2.7.1996 – X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 174 = WM 1996, 1739, 1742; BGH, 22.7.2004 – IX ZR 132/03, WM 2004, 1825, 1827 = NJW 2004, 3630, 3632 (Anwaltsvertrag).
[55] BGH, 25.9.2008 – VII ZR 35/07, WM 2009, 315, 316, Tz. 17, 18 = NJW 2009, 217.
[56] BGH, 25.9.2008 – VII ZR 35/07, WM 2009, 315, 316, Tz. 15 ff. = NJW 2009, 217.

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