Rz. 35

Die Möglichkeit einer Stiftungserrichtung von Todes wegen ist ausdrücklich im Gesetz geregelt, § 83 BGB. Demnach obliegt es dem Stifter, das Stiftungsgeschäft in Form einer Verfügung von Todes wegen festzuhalten. Es kann in einem Testament oder im Rahmen eines Erbvertrages[72] vorgenommen werden. Das Stiftungsgeschäft unterliegt grundsätzlich denselben inhaltlichen Anforderungen wie das Stiftungsgeschäft unter Lebenden. Für den Fall jedoch, dass das Stiftungsgeschäft nicht den Erfordernissen des § 81 Abs. 1 S. 3 BGB genügt, bestimmt § 83 S. 2 BGB, dass die zuständige Behörde vor ihrer Anerkennung der Stiftung eine Satzung geben oder eine unvollständige Satzung ergänzen kann. Dabei soll der Wille des Stifters berücksichtigt werden.

 

Rz. 36

Für die Stiftungserrichtung von Todes wegen gelten die persönlichen, sachlichen und formellen Voraussetzungen des Erbrechts.[73] Die Stiftung entsteht nach dem Tod des Stifters. Lediglich im Hinblick auf die Zuwendung des Stiftungsvermögens durch Verfügung von Todes wegen fingiert § 84 BGB, dass die Stiftung bereits vor dem Tod des Stifters als juristische Person bestand und – abweichend von der Bestimmung des § 1923 Abs. 1 BGB – das Vermögen durch Verfügung von Todes wegen erwerben konnte.[74]

 

Rz. 37

Bei der Stiftungserrichtung von Todes wegen kann man zwei Effekte beobachten.[75] Zum einen kann, in der vorbezeichneten Art und Weise, durch eine letztwillige Verfügung die Stiftungserrichtung vollzogen werden. Zum anderen fasst der Erblasser, bzw. zugleich Stifter, eine Regelung für seine Vermögensnachfolge, indem dieses Vermögen nun an die neu geborene juristische Person fließt. Dies führt zu der Besonderheit, dass die letztwillige Verfügung nicht nur einfach einen Erben benennt, sondern diesen zugleich erschafft. Somit besteht neben einem vermögensbezogenen Verfügungsteil auch ein "personenrechtlicher Kreationsteil".[76]

 

Rz. 38

Aus der Sicht eines angehenden Stifters stellt sich so die unabwendbare Frage, ob bereits zu Lebzeiten aus seinem Vermögen ein mitunter nicht unerheblicher Betrag für die Stiftung ins Grundstockvermögen fließen soll. Was wiederum unausweichlich zur Folge hätte, dass bereits zu Lebzeiten das Vermögen des Stifters geschmälert würde. Es dürfte sich letztendlich um eine rein philanthropische Abwägung handeln zwischen der Option, noch zu Lebzeiten bis zum Lebensende über das eigene Vermögen in Gänze verfügen zu können oder aber durch Errichtung einer Stiftung zu Lebzeiten ihren Bemühungen um Zweckverfolgung beiwohnen und mitunter genugtuend ihre Zweckerfüllung miterleben zu wollen.[77]

[72] BGH NJW 1978, 943, 944; eingehend dazu Muscheler, Stiftungsrecht, S. 95 ff.; sowie Schewe, Diss., S. 161–167 zur Kombination von letztwilligen Verfügungen mit Rechtsgeschäften unter Lebenden.
[73] Staudinger/Hüttemann/Rawert, § 83 Rn 2; vgl. Richter/Stumpf, § 4 Rn 33, insbesondere hat dies zur Folge, dass eine Stellvertretung unzulässig ist, §§ 2064, 2065 BGB, zudem ist die Formbedürftigkeit des Stiftungsgeschäfts nach Maßgabe der §§ 2231 ff. BGB zu beachten.
[74] Vgl. Palandt/Ellenberger, § 84 Rn 1.
[75] Vgl. in diesem Zusammenhang den Meinungsstand zu der Theorie der Zweiaktigkeit der Stiftung Staudinger/Hüttemann/Rawert, § 81 Rn 18, die auch für das Stiftungsgeschäft von Todes wegen Anwendung finden soll Staudinger/Hüttemann/Rawert, § 83 Rn 3.
[76] Schewe, Diss., S. 83, der zudem daraufhin weist, dass im Weiteren als Besonderheit nicht sofort der Erbfall eintreten kann, sondern letztendlich noch von dem staatlichen Anerkennungsakt der Stiftungsbehörde abhängt. Auf dieses Verfahren kann der Erblasser kraft Natur der Sache keinen Einfluss mehr nehmen und hat daher im Vorhinein eine Vorsorge zu treffen. Dem ist zuzustimmen. Gegebenenfalls sollte sich der potentielle Stifter – für den Fall der Verweigerung der staatlichen Anerkennung – ein alternatives Vorgehen überlegen und festhalten. Auf diese Situation hat die anwaltliche Beratung letztendlich hinzuweisen.
[77] So auch in seinen Überlegungen Werner/Saenger/Werner, Die Stiftung, 1. Auflage 2008, Rn 332, der anführt, dass der Stifter oftmals gar nicht absehen kann, ob sein Vermögen nicht doch zur eigenen Altersversorge oder bei unvorhersehbaren Schicksalsschlägen wie Krankheit, Invalidität etc. benötigt wird.

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