Rz. 4

Ausgehend von der oben genannten Definition des Stiftungsbegriffes, wonach die Stiftung eine rechtsfähige, nicht verbandsmäßig organisierte juristische Person ist, die bestimmte per Stiftungsgeschäft festgelegte Zwecke mit Hilfe eines Vermögens verfolgt, das diesen Zwecken dauerhaft gewidmet ist,[9] beinhaltet diese Definition, dass die wesentlichen Merkmale einer Stiftung der Stiftungszweck, das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorganisation sind.[10] Diese für die Stiftung wesentlichen Merkmale sollen zunächst kurz inhaltlich dargestellt werden.

[9] BayObLG NJW 1973, 249; BVerwG NJW 1998, 2545, 2546; Staudinger/Hüttemann/Rawert, vor § 80 Rn 1.
[10] Vgl. Ebersbach, Handbuch des Stiftungsrechts, S. 16; Richter/v. Campenhausen/Stumpf, § 1 Rn 6; Staudinger/Hüttemann/Rawert, vor § 80 Rn 4; Hopt/Reuter, Stiftungsrecht in Europa S. 112; Palandt/Ellenberger, vor § 80 Rn 5 ff.; Erman/Wiese, vor § 80 Rn 1.

a) Stiftungszweck

 

Rz. 5

Der Stiftungszweck ist das bestimmende und zentrale Element der Stiftung. Er konkretisiert den Stifterwillen, was unmittelbar dazu führt, dass der Stiftungszweck die "Marschroute" der Stiftung vorgibt. Der Stiftungszweck bildet insoweit die Leitlinie für die gesamte künftige Stiftungstätigkeit.[11] Mitunter wird deshalb auch zutreffend vom Stiftungszweck als die "Seele" der Stiftung gesprochen.[12]

 

Rz. 6

Festgelegt wird der Stiftungszweck im Rahmen des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung. Nach dem Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts[13] hat der Stiftungszweck auch gesetzlich als Strukturmerkmal Einzug gehalten, soweit § 81 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmt, dass das Stiftungsgeschäft die verbindliche Erklärung des Stifters enthalten muss, ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zweckes zu widmen.[14] Hinzu tritt die in § 80 Abs. 1 S. 3 BGB ausdrücklich festgelegte Verpflichtung, dass die Stiftung durch das Stiftungsgeschäft eine Satzung erhalten muss, die sich auch zum Stiftungszweck verhält.

 

Rz. 7

Der Stiftungszweck wird zudem von dem Element der Dauerhaftigkeit geprägt. Die Dauerhaftigkeit ist ein Kennzeichen des Stiftungszwecks.[15] An das Merkmal der Dauerhaftigkeit ist allerdings nicht das Erfordernis der Ewigkeit bzw. die inhaltliche Aussage geknüpft, dass die Stiftung nicht nur für eine bestimmte Zeit bestehen dürfe.[16] Die Errichtung einer zeitlich begrenzten Stiftung ist grundsätzlich möglich.[17] Die Dauer ist allerdings so bemessen, dass "die rechtliche Verselbstständigung der Zweckverfolgung in einer von ihren Promotoren getrennten Organisation erforderlich erscheint".[18] Das Merkmal der "Dauerhaftigkeit" der Zweckverfolgung verdeutlicht, dass sich die Stiftung – im Gegensatz zum Verein – gerade dadurch auszeichnet, dass eine autonome Zweckänderung durch ein Stiftungsorgan grundsätzlich nicht möglich ist.[19]

 

Rz. 8

Bezüglich der Auswahl des Stiftungszwecks als solchen ist der Stifter autonom. In Rechtsprechung und Literatur ist das Prinzip der "gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung",[20] das nach dem Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts auch im Wortlaut des § 80 Abs. 2 BGB seinen Ausdruck gefunden hat, anerkannt. Demnach darf jeder Zweck verfolgt werden, solange und soweit er nicht gesetzeswidrig ist oder das Gemeinwohl gefährdet. Das Charakteristikum der Gemeinwohlkonformität beinhaltet allerdings nicht, dass der vom Stifter festgelegte Zweck auch gemeinnützig ist oder sein muss.[21] Vielmehr kann der Stifter der Stiftung jeden Zweck geben, den das Gesetz nicht verbietet. Der Stiftungszweck darf im Ergebnis lediglich das Gemeinwohl nicht gefährden.[22] Dem Stifter bleibt es also unbenommen, einen Stiftungszweck zu wählen, der in rechtmäßiger Weise nicht ausschließlich der Allgemeinheit, sondern privatnützigen Interessen des Stifters dient (z.B. die Förderung und Unterstützung von Familienangehörigen des Stifters).

 

Rz. 9

Trotz der Normierung der Allzweckstiftung und dem damit verbundenen breiten Spektrum möglicher Stiftungszwecke muss der Stifter bei der Wahl des Stiftungszweckes Grenzen beachten, auch um eine uferlose Zweckneutralität zu vermeiden. Eben diese Grenze überschreitet die sog. Selbstzweckstiftung, die einhellig als unzulässig angesehen wird.[23] Unter einer "Selbstzweckstiftung" wird eine Stiftung verstanden, die nur dem Zwecke dient, ihr eigenes Grundstockvermögen zu erhalten und zu mehren, also keinen darüber hinaus gehenden Zeck verfolgt.[24] Da das Stiftungsvermögen "nicht nur sich selbst und damit seiner eigenen Perpetuierung, sondern einem außerhalb seiner selbst liegenden Zweck gewidmet" sein sollte, ist das Konstrukt der "Selbstzweckstiftung" nicht mit dem geltenden Stiftungsbegriff vereinbar.[25]

 

Rz. 10

Ebenfalls unzulässig ist die "Stiftung für den Stifter". Hierunter versteht man eine Stiftung, die ausschließlich dem Stifter selbst zugutekommen soll. Ein solcher Stiftungszweck ist nicht zulässig, da der Stiftungszweck zumindest aus der Sicht des Stifters uneigennützigen oder fremdnützigen Charakter haben muss.[26] Das Konstrukt der "Stiftun...

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