Rz. 23

Eine Nachfolgeplanung wird künftig darauf bedacht sein, auch in Verfügungen von Todes wegen letztwillige Verfügungen zum digitalen Nachlass zu treffen.[43] Begriffe "digitales Testament" oder "digitaler Testamentsvollstrecker", wie sie in Internetforen oder journalistischen Beiträgen[44] vorkommen, sind dabei allerdings tunlichst zu vermeiden.[45] Sie suggerieren Sonderformen der Nachlassgestaltung für den digitalen Nachlass, die es nicht gibt. Es gelten vielmehr die allgemeinen Regeln. So muss eine letztwillige Verfügung, die digitale Inhalte (mit-)regeln will, die gesetzlich vorgeschriebenen Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen beachten.

 

Rz. 24

Wer als Testamentsvollstrecker für den gesamten Nachlass eingesetzt ist, muss sich künftig darüber im Klaren sein, dass er digitale Inhalte mitverwalten und -abwickeln muss. Einen PC oder sonstiges Speichermedium des Erblassers wird er – selbst bei Zustimmung der Erben – mit Blick auf seine Pflicht, die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen und hierzu eine Haftungsmasse zu erhalten, wegen der damit verbundenen Gläubigerinteressen nicht einfach entsorgen dürfen.

[43] Litzenburger, FD-ErbR 2016, 375286.
[44] Siehe etwa http://www.daserste.de/information/ratgeber-service/wer-hat-recht/digitales-erbe-100.html.
[45] Gloser, MittBayNot 2016, 101, 108 und Lange/Holtwiesche, ErbR 2016, 487.

I. Vererbung

 

Rz. 25

Der digitale Nachlass geht nach hier dargestellten Grundsätzen (vgl. insbesondere §§ 2 bis 4) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den oder die Erben über. Dies folgt aus § 1922 BGB und bedarf keiner Anordnung im Testament außer der Benennung der Erben.

 

Rz. 26

Gleichwohl wird zum Teil vorgeschlagen, einige klarstellende Worte in das Testament aufzunehmen.[46]Steiner/Holzer[47] schlagen z.B. folgende Formulierung vor:

Zitat

"Ich stelle klar, dass meine Erben in alle meine Online-Rechtsbeziehungen, insbesondere mit E-Mail-Anbietern und Anbietern sozialer Netzwerke, eintreten und damit auch Anspruch auf alle meine lokalen und im Internet gespeicherten geschäftlichen wie privaten Daten haben."

 

Rz. 27

Dies mag mit Blick auf die derzeit bestehende Rechtsunsicherheit dann angeraten sein, wenn es dem Erblasser vor allem auch auf die Regelung digitaler Inhalte ankommt. Es sollte aber in jedem Fall zum Ausdruck kommen, dass es sich um eine rein deklaratorische Regelung zur besseren Durchsetzbarkeit der Rechte der Erben handelt, um nicht Umkehrschlüsse zu provozieren. Flankierend können Anweisungen an die Anbieter gegeben werden und vom Fernmeldegeheimnis befreit werden:

 

Formulierungsbeispiel

Ich bin mir bewusst, dass meine hier genannten Erben gemäß § 1922 BGB auch bezüglich aller digitalen Inhalte in meine Rechtsstellung eintreten. Das entspricht meinem ausdrücklichen Willen. Ich weise sämtliche Anbieter an, meinen Erben Zugang zu meinen Accounts, zu den dort gespeicherten Inhalten und Kommunikationen sowie zu allen sonstigen digitalen Inhalten zu verschaffen. Meine Erben entscheiden darüber, ob der Account durch sie weitergeführt oder gelöscht wird. Sie entscheiden über die dortigen Inhalte an meiner Statt sowie über Fragen der Auseinandersetzung des Nachlasses in Bezug auf meinen digitalen Nachlass. Hierzu befreie ich die Anbieter gegenüber meinen Erben – soweit rechtlich zulässig – vollumfänglich von allen Bestimmungen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisse, von Datenschutzbestimmungen und von allen anderen vergleichbaren Schutzbestimmungen.

[46] So z.B. Gloser, MittBayNot 2016, 101, 102 und auch Litzenburger, FD-ErbR 2016, 375286, obwohl er die Vererblichkeit der Rechte im Hinblick auf die Nutzungsbedingungen für nicht gegeben hält.
[47] Steiner/Holzer, ZEV 2015, 262, 266.

II. Teilungsanordnung und Vermächtnis

 

Rz. 28

Will der Erblasser bestimmte digitale Inhalte bestimmten Erben zuweisen, so muss er das explizit anordnen, z.B. i.R.e. Teilungsanordnung. Alternativ kommen auch Vermächtnisse in Betracht:

 

Formulierungsbeispiel

Ich vermache meinen Blog (...) (Name des Vermächtnisnehmers). Er erhält zugleich die Ermächtigung, Zugriff zu nehmen auf und zu verfügen über den Blog, das zugrundeliegende Vertragsverhältnis und dessen Inhalte. Ich stelle klar, dass meine Erben sämtliche Handlungen zur Erfüllung dieses Vermächtnisses vorzunehmen und dem Vermächtnisnehmer sämtliche zugehörigen Daten und Vertragsunterlagen auszuhändigen haben. Ich weise die Anbieter der von mir genutzten digitalen Dienste an, die ihrerseits erforderlichen Handlungen hierzu vorzunehmen. Ich weise sie an, (…) (dem Vermächtnisnehmer) Zugang zu meinen Accounts zu den dort gespeicherten Inhalten und Kommunikationen sowie zu allen sonstigen digitalen Inhalten zu verschaffen, so dass (…) (Vermächtnisnehmer) darüber entscheiden kann, ob der Account weitergeführt oder gelöscht wird und wie mit alten und neuen Inhalten verfahren wird; er kann ihn wie einen eigenen Account führen. Hierzu befreie ich die Anbieter gegenüber meinem Vermächtnisnehmer und meinen Erben – soweit rechtlich zulässig – vollumfänglich von allen Bestimmungen zum Schutz des Fernmeldegeheimni...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge