Dr. iur. Stephanie Herzog, Matthias Pruns
Rz. 15
Erklärt ein Nutzer gegenüber einem Anbieter – in der Regel über ein diesem vorgesehenes Onlineformular – bestimmte Personen für zuständig, über seine bei diesem Anbieter gespeicherten digitalen Inhalte zu verfügen, so ist dies rechtlich als Außenvollmacht nach § 167 Abs. 1 Alt. 2 BGB zu qualifizieren. Erklärt der Nutzer, dass der Account im Todesfall an eine bestimmte Person gehen soll, wird dies als Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zu werten sein und damit nicht am Formerfordernis für letztwillige Verfügungen scheitern, das im Falle des Online-Formulars offensichtlich nicht eingehalten wäre.
Rz. 16
Möglich ist es auch – faktisch wohl nur, wenn es die entsprechenden Formulare so vorsehen – dem Provider gegenüber Anweisungen für den Todes- oder einen anderen Fall zu erteilen. An diese ist der Anbieter sodann kraft vertraglicher Vereinbarung gebunden. Sieht der User die Löschung der Daten vor, so hindert das den Provider allerdings nicht nur daran, die Daten an Erben, Angehörige oder Vertreter herauszugeben, sondern verpflichtet ihn auch dazu, die Inhalte auf eigenen Speichermedien zu löschen. Hier stellt sich die Frage, wer das kontrollieren kann. Da die digitalen Rechtsbeziehungen nach oben Gesagtem (§ 4 Rdn 3 ff., 44 ff.) auf die Erben übergehen, sind das auch diejenigen, die die Löschung beim Provider durchsetzen können. Geht der Provider mit den Daten in einer Weise um, die das postmortale Persönlichkeitsrecht verletzt, so sind (auch) die nächsten Angehörigen berufen, Unterlassung zu verlangen (§ 2 siehe Rdn 54 f.).
Rz. 17
Dort, wo die Anbieter solche Möglichkeiten bereits vorsehen, ist dem Rechtsverkehr dringend zu raten, diese Tools zu nutzen. Ähnlich wie heute schon in der Bankenpraxis üblich, sollten die Möglichkeiten, die die Vertragspartner zur Verfügung stellen, neben der Vorsorgevollmacht etc. genutzt werden, um die praktische Handhabbarkeit zu erleichtern.
Rz. 18
De lege ferenda könnte es ein gängiges Mittel zur Lösung der sich rund um den digitalen Nachlass ergebenden Probleme darstellen, wenn die Provider kraft einer Art freiwilligen Selbstkontrolle oder aufgrund gesetzlicher Auflage verpflichtet werden, dem Nutzer eine Regelungsmöglichkeit anzubieten – ähnlich wie beim Widerruf oder der Einbeziehung von AGB.Litzenburger spricht sich dafür aus, dass die Provider künftig bei Eröffnung eines Accounts per Klick eine Entscheidung verlangen, ob und wer und unter welchen Voraussetzungen im Todesfall berechtigt sein soll, über die Accountdaten zu verfügen. Ähnliches wird derzeit bei Google bereits praktiziert.